Grant County 03 - Dreh dich nicht um
verkauft hat.«
Jeffrey lehnte sich über den Tisch. »Andy ist nicht gesprungen, Ron. Er wurde gestoßen.«
»Ohne Scheiß?« Fletcher blickte wieder von Jeffrey zu Frank. »Mann, das ist böse. Das ist wirklich böse. Andy war ein guter Junge. Er hatte Probleme, aber … Scheiße. Er war ein guter Junge.«
»Was für Probleme hatte er denn?«
»Er kam vom Dope nicht runter«, sagte Fletcher und warf die Hände in die Luft. »Manche Leute, die wollen, aber sie können einfach nicht.«
»Er wollte wirklich?«
»Ich glaube schon«, sagte Fletcher. »Ich meine, Sie wissen schon. Ich dachte, er wollte davon weg.«
»Wie lange ging das so?«
Fletcher verzog das Gesicht. »Keine Ahnung.«
»Wie lange, Ron? Hat er versucht Ihnen was abzukaufen?«
»Er hatte kein Geld«, sagte Fletcher. »Er hat gemeint …« – er zog die Schultern hoch und rieb sich die Hände – »… ›Dienstag zahl ich dir den dreifachen Preis, wenn du mir heute ’ne Platte rüberschiebst‹.«
Jeffrey fragte: »Und?«
»Teufel, nein. Andy hat schon mal versucht, bei mir zu schnorren. Er hat sich überall durchgeschnorrt.«
»Hatte er deswegen Feinde?«
Fletcher schüttelte den Kopf. »Wenn man ein bisschen Druck gemacht hat, hat er immer irgendwann gezahlt. Der kleine Kerl hat mir leid getan. Er hat auf harten Macker gemacht, aber man musste ihn nur mal mit dem kleinen Finger anstupsen, und dann hat er gebettelt: ›Alles klar. Hier hast du dein Geld. Tu mir nur nicht weh.‹« Fletcher unterbrach sich, als er merkte, was er da gerade gesagt hatte. »Nicht, dass ich ihm je wehgetan hätte. So bin ich nicht drauf, Mann. Ich bin total soft. Ich interessier mich für Bewusstheitseinwei …?«
Fletcher überlegte. »Nein, nein. Bewussterwei … Bewusstseinserweiterung, genau. Darum geht es mir.«
»Aber ja doch«, sagte Jeffrey. Er fürchtete, Fletcher würde vor lauter Bewusstseinserweiterung bald das Sabbern anfangen.
»Er hat mir Leid getan. Er hatte gerade gute Neuigkeiten, und die wollte er wohl feiern.«
Jeffrey warf Frank einen Blick zu. »Was wollte er feiern?«
»Hat er nicht gesagt«, antwortete Fletcher. »Hat er nicht gesagt, und ich hab nicht gefragt. Er hatte gerne Geheimnisse, wissen Sie? Sogar wenn er aufs Klo ist, hat er ein Geheimnis draus gemacht. Alles war geheim, als wäre er James Bond persönlich.« Fletcher lachte künstlich. »Ha, ha. Alter Wichtigtuer.«
»Und Chuck?«, fragte Jeffrey. »Was hatte Chuck damit zu tun?«
Fletcher zuckte die Schultern. »Ich will nicht schlecht reden über … tja – «
»Ron!«
Stöhnend rieb er sich über den Bauch. »Er hat ’n bisschen was abgekriegt. Wissen Sie, für Miete und so weiter.«
Jeffrey lehnte sich zurück. Er überlegte, ob Chuck mit den Morden zu tun gehabt haben könnte. Drogendealer brachten nur jemanden um, wenn er ihnen ins Revier pfuschte. Und dann auf möglichst spektakuläre Art, um Möchtegernrivalen abzuschrecken. Morde wie Selbstmorde zu inszenieren war in diesem Fall kontraproduktiv.
Jeffreys Schweigen machte Fletcher nervös. »Brauch ich einen Anwalt?«, fragte er.
»Nicht, wenn Sie kooperieren.« Jeffrey nahm einen Block und einen Stift und schob sie Fletcher hin. »Ich weiß, dass dies Ihre erste Straftat ist, Ron. Wir versuchen, Sie vor dem Knast zu bewahren, aber Sie müssen uns sagen, was Sie noch in Ihrer Wohnung haben. Wenn ich dort bin und etwas finde, das Sie mir verschwiegen haben, dann muss ich das dem Richter sagen, und er wird die Höchststrafe verhängen.«
»Okay, Mann«, lenkte Fletcher ein. »Okay. Speed. Ich hab ’n bisschen Speed unter der Matratze.«
Jeffrey zeigte auf Stift und Papier.
Fletcher begann zu schreiben. Es war eine Art schriftliche Hausbesichtigung. »’n bisschen Pot im Kühlschrank, da wo die Butter hinkommt. Wie heißt das Ding?«
»Butterfach?«
»Ja, genau«, Fletcher nickte und konzentrierte sich wieder auf die Liste.
Jeffrey stand auf. Er hatte Besseres zu tun. Die Tür ließ er offen, damit er Fletcher vom Flur aus beobachten konnte.
Frank fragte: »Was hast du vor?«
Leise sagte Jeffrey: »Ich fahre bei Jill Rosen vorbei, vielleicht hat Sie doch noch was für mich.«
»Wie geht’s der Kleinen?«
Jeffreys Miene verfinsterte sich, als er an Lena dachte. »Ich habe heute Morgen mit Nan gesprochen. Ich weiß nicht. Vielleicht fahre ich später bei ihr vorbei und frage sie, ob sie nicht doch Anzeige erstatten will.«
»Das macht sie nicht«, erwiderte Frank, und Jeffrey wusste, dass er
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