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Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Titel: Grant County 03 - Dreh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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er vorhatte. Jeffrey spielte den guten Cop. Lenas Bedürfnis nach jemand, der nett zu ihr war, war so groß, dass sie wahrscheinlich sogar darauf eingehen würde. Sie brauchte jemanden zum Reden, doch ihr fielen die Worte nicht ein, die ihr Mund formen müsste.
    Jeffrey hielt ihr den Becher hin. »Trink erst mal Wasser, okay?«
    Lena trank, dankbar, dass das Wasser kalt war. Offenbar hatte Jeffrey es aus dem Kühler in der Lobby geholt und nicht am Wasserhahn auf dem Gang.
    Lena gab ihm den Becher zurück und lehnte sich an die Wand. Ihr Rücken schmerzte, aber die Betonwand fühlte sich massiv und tröstlich an. Sie betrachtete den Gips, der ihre Hand und den halben Arm bedeckte. Wenn sie die Finger bewegte, spürte sie ein Kribbeln im Arm.
    »Wahrscheinlich lässt die Wirkung der Schmerzmittel bald nach«, erklärte Jeffrey. »Willst du noch eine Tablette nehmen? Sara kann dir was verschreiben.«
    Lena schüttelte den Kopf, obwohl sie am liebsten einfach alles vergessen hätte.
    »Chuck hat Blutgruppe B-negativ«, sagte er. »Du hast A.«
    Sie nickte. Die DNA-Tests würden ungefähr eine Woche brauchen, aber die Blutgruppe konnten sie auch hier im Krankenhaus bestimmen.
    Jeffrey sagte: »Auf deinem Messer und auf dem Tisch haben wir Blutgruppe A gefunden, auf deinem Hemd auch.«
    Lena wartete darauf, dass er weitersprach.
    »B-negativ war nicht dabei.« Er fügte hinzu: »Außer im Dienstzimmer.«
    Sie hatte die Luft angehalten und fragte sich, wie lange sie noch durchhielt.
    »Lena …«, begann er. Zu ihrer Überraschung zitterte seine Stimme. Bevor er auf seine Hände blickte, sah sie in seinem Gesicht, wie verzweifelt er war. »Ich hätte dir keine Handschellen anlegen sollen.«
    Lena wusste nicht, was er meinte. Nach dem, was mit Ethan passiert war, konnte sie sich an nichts erinnern.
    »Ich hätte es nicht getan, wenn ich …« Er sah sie an. Seine Augen glänzten im Licht, das vom Flur hereinfiel. »Ich habe es nicht gewusst.«
    Lena unterdrückte ein Husten. Sie hätte liebend gern noch mehr Wasser getrunken.
    »Lena, erzähl mir, was passiert ist. Sag mir, wer dir das angetan hat, damit ich ihn bestrafen kann.«
    Lena starrte mit leerem Blick vor sich hin. Sie hatte sich das selbst angetan. Was konnte sie mehr bestrafen?
    »Ich hätte dir keine Handschellen anlegen sollen. Es tut mir leid.«
    Lena atmete tief aus, ihre Rippen schmerzten.
    Sie fragte: »Wo ist Ethan?«
    Jeffreys Muskeln spannten sich. »Er ist in Untersuchungshaft.«
    »Was werft ihr ihm vor?«
    »Verstoß gegen die Bewährungsauflagen.« Mehr sagte er nicht.
    »Ist er wirklich tot?«, fragte sie und dachte an das letzte Mal, als sie Chuck gesehen hatte.
    »Ja«, sagte Jeffrey. »Er ist tot.« Er sah wieder auf seine Hände. »Hat er dir das angetan, Lena? Hat Chuck dir etwas getan?«
    Sie räusperte sich wieder, ihr Hals schmerzte. »Kann ich heimgehen?«
    Er schien darüber nachzudenken, aber sie wusste, er hatte nichts gegen sie in der Hand.
    »Ich will einfach nur nach Hause.« Doch das Zuhause, an das Lena dachte, war nicht das Loch, in dem sie auf dem Campus hauste. Sie dachte an das Haus, das ihr einmal gehört hatte, das Leben, das sie einmal geführt hatte. Sie dachte an die Lena, die sie einmal gewesen war, damals, bevor Sibyl starb.
    Jeffrey sagte: »Nan Thomas ist hier. Ich habe sie angerufen, damit sie dich abholt.«
    »Ich will sie nicht sehen.«
    »Tut mir leid, Lena. Sie wartet draußen – und ich lasse dich nicht allein nach Hause gehen.«

    Auf dem Heimweg schwieg Nan. Lena hatte keine Ahnung, wie viel oder wie wenig sie wusste. Und es war Lena egal. Alles war ihr egal, seit gestern Abend der Sturm über sie hinweggefegt war.
    Lena starrte aus dem Fenster. Sie war lange nicht mehr nachts Auto gefahren. Normalerweise war sie um diese Zeit längst im Bett, manchmal schlaflos, manchmal starrte sie aus dem Fenster, bis der Morgen dämmerte, doch draußen auf der Straße war sie um diese Uhrzeit sehr lange nicht mehr gewesen. Nirgends, wo sie nicht in Sicherheit wäre.
    Nan fuhr in die Einfahrt und stellte den Motor ab. Als sie den Autoschlüssel über der Sonnenblende deponierte, grinste sie Lena albern an. Nan hatte zu viel Vertrauen. Sibyl war genauso gewesen, bis sie eines Tages von einem Verrückten ermordet worden war.
    Das Haus, das Sibyl und Nan vor ein paar Jahren gekauft hatten, war ein kleiner Bungalow, wie sie überall in Heartsdale herumstanden, mit zwei Schlafzimmern auf einer Seite, dem Bad am Ende des Flurs und

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