Grant County 03 - Dreh dich nicht um
noch mit Ethan im Café war. Jeffrey schämte sich so dafür, dass er nicht einmal Sara davon erzählt hatte, doch er hatte angenommen, dass es nie herauskommen würde. Er hatte Lena nur helfen wollen, wenn sie sich schon nicht selbst half. Der Vertrauensbruch schmeckte schal in Jeffreys Mund.
Lenas Stimme war heiser. »Das ist illegales Beweismaterial.«
»Du wolltest nicht mit mir reden«, sagte er, auch wenn es falsch war, im Nachhinein Lena die Schuld für seinen Fehler zu geben. Er versuchte, es zu erklären. »Ich dachte, damit würde ich dich aus der Sache raushalten können, Lena.«
Er schob ihr den Laborbericht hin, sodass sie ihn lesen konnte. Wieder kratzte sie an ihrer Narbe. Sie sah den Spiegel an, wahrscheinlich fragte sie sich, wer alles zusah. Doch Jeffrey hatte Frank aufgetragen, niemand hineinzulassen, nicht einmal Frank.
Er fragte: »Und?«
Sie lehnte sich auf dem Stuhl zurück und umfasste den Sitz mit beiden Händen. Jeffrey war froh zu sehen, dass sie wütend war, denn so war sie ihm vertrauter. Sie sagte: »Ich weiß nicht, was du sonst noch da hast« – sie deutete auf die Akte –, »aber es ist völlig unmöglich, dass ihr irgendetwas von mir in Andy Rosens Zimmer findet.« Sie richtete sich auf. »Außerdem ist Haar gar nicht zulässig. Allerhöchstens gibt es mikroskopische Ähnlichkeiten, und weißt du was? Das ist einen Dreck wert. Wahrscheinlich hat die Hälfte aller Mädchen auf dem Campus ähnliches Schamhaar. Vergiss es also.«
»Und der Fingerabdruck?«
»Wo willst du den gefunden haben?«
»Wo glaubst du?«
»Ach, Scheiße.« Lena stand auf, doch sie ging nicht zur Tür. Wahrscheinlich wusste sie, dass Jeffrey sie aufgehalten hätte.
Er wartete eine Weile, dann sagte er: »Willst du jetzt über deinen Freund reden?«
»Er ist nicht mein Freund.«
»Ich wusste nicht, dass du auf Rassisten stehst.«
Sie öffnete den Mund, und er wusste nicht, ob sie überrascht war oder nur nach Worten suchte, die Ethan nicht kompromittieren würden. »Das zeigt nur, dass du eben nicht besonders viel über mich weißt, kapiert?«
»Sind die Sprüche auf dem Campus von ihm?«
Sie lachte verächtlich. »Warum fragst du nicht Chuck?«
»Ich habe heute Morgen mit ihm geredet. Er hat gesagt, du solltest dich um die Sache kümmern, aber anscheinend bist du nicht sehr scharf darauf.«
»So ein Quatsch«, sagte sie. Jeffrey wusste nicht, ob er ihr oder Chuck glauben sollte. Vor zwei Tagen wäre es einfach gewesen. Doch jetzt war er nicht mehr so sicher.
»Setz dich, Lena.« Er wartete ab, doch sie ließ sich Zeit.
»Weißt du, dass Ethan auf Bewährung ist?«
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Na und?«
Jeffrey starrte sie schweigend an.
Lena fragte: »Ist das alles?«
»Dein Freund hat in Connecticut ein Mädchen fast totgeschlagen«, sagte Jeffrey. »Übrigens, wie geht’s deinem Veilchen?«
Sie berührte das geschwollene Auge.
»Lena?«
Falls die Information sie überrascht hatte, ließ sie sich das jedenfalls nicht anmerken. »Ich werde keine Anzeige gegen euch erstatten, wenn du das meinst. Unfälle passieren eben.«
»Vielleicht war Tessas Überfall auch ein Unfall«, sagte Jeffrey.
Sie zuckte die Schultern. »Vielleicht.«
»Oder vielleicht gefiel es irgendjemandem nicht, dass eine weiße Frau ein Kind von einem Schwarzen bekam.« Sie reagierte nicht. »Vielleicht mochte jemand zwei jüdische Studenten nicht.«
»Zwei?«
»Lüg mich nicht an, Lena. Ich weiß, dass du von Ellen Schaffer weißt.« Er klopfte auf die Akte. »Erzähl mir was von deinem Freund.«
Lena setzte sich aufrecht hin. »Ethan hat mit all dem nichts zu tun, und das weißt du.«
»Tu ich das?«, fragte er. »Ich sag dir, was ich weiß, Lena.«
Er zählte mit den Fingern mit. »Ich weiß, dass du irgendwann in Andy Rosens Wohnung warst und dass du mich anlügst. Ich weiß, dass Andy Rosen und Ellen Schaffer tot sind, und ich weiß, dass beide Morde wie Selbstmorde inszeniert wurden.«
Jeffrey wartete. Er hoffte, sie würde etwas sagen. Als sie schwieg, fuhr er fort.
»Ich weiß, dass Tessa Linton von einem schlanken Mann mit kurz geschnittenen Haaren angegriffen wurde, der kein Alibi für Sonntagnachmittag hat – «
»Ich habe den Kerl gesehen«, unterbrach Lena. »Es war nicht Ethan. Der Typ war größer und kräftiger gebaut.«
»Ach ja? Matts Beschreibung hört sich aber ein bisschen anders an, ist das nicht komisch?«
»Das ist doch Quatsch. Ethan hat nichts damit zu
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