Grant County 05 - Gottlos
habe.»
«Natürlich», stellte sie, weniger sauer als fassungslos, fest.«Aber warum hast du es mir nicht gesagt? Warum hast du mich nicht mitgenommen und mich die richtigen Fragen stellen lassen?»
«Genau deswegen», sagte er mit Blick auf ihr unruhiges Auf-und-ab-Gehen. «Du hast schon genug Sorgen. Ich wollte nicht, dass du dich aufregst.»
«Das ist Bockmist, und das weißt du.» Jeffrey hasste es, der Überbringer schlechter Nachrichten zu sein. So direkt er in seinem Beruf sein musste – zu Hause vermied er jede Konfrontation. «Wolltest du deshalb nicht mit mir schlafen?»
«Ich wollte vorsichtig sein.»
«Vorsichtig», wiederholte sie.
«Hare meint, ich könnte den Virus übertragen.»
«Aber du hast dich nicht getraut, mit mir zu reden.»
«Ich wollte nicht, dass du dich aufregst.»
«Du wolltest nicht, dass ich mich über
dich
aufrege», berichtigte sie ihn. «Das hat nichts damit zu tun, dass du mich schonen wolltest. Du wolltest bloß nicht, dass ich sauer auf dich bin.»
«Bitte, hör auf damit.» Er streckte die Hand nach ihr aus, doch sie wich zurück. «Es ist nicht meine Schuld, okay?» Er versuchte es noch einmal von vorne. «Sara, es ist Jahre her. Sie musste mich darüber informieren, ihr Arzt hat darauf bestanden.» Als würde das irgendwas besser machen, fügte er hinzu: «Sie geht auch zu Hare. Ruf ihn an. Er war es, der meinte, sie müsste es mir sagen. Es ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Du bist Ärztin. Du weißt das.»
«Halt», unterbrach sie ihn und hob die Hände. Sie war kurz davor, Dinge zu sagen, die sie später bereuen würde. «Ich kann jetzt nicht mehr darüber sprechen.»
«Wo gehst du hin?»
«Ich weiß es nicht.» Sie lief in Richtung See. «Nach Hause», sagte sie dann. «Du kannst heute bei dir übernachten.»
«Siehst du», rief er. «Genau deswegen habe ich es dir nicht gesagt.»
«Gib ja nicht mir die Schuld daran», schoss sie mit erstickter Stimme zurück. Sie wollte schreien, aber sie war so wütend, dass ihr die Stimme versagte. «Ich bin nicht sauer auf dich, weil du herumgevögelt hast, Jeffrey. Ich bin sauer, weil du mir nichts gesagt hast. Ich habe ein Recht, das zu wissen. Selbst wenn es weder mich noch meine Gesundheit, noch meine Patienten betrifft – dich betrifft es auf jeden Fall.»
Er lief hinter ihr her. «Aber es geht mir doch gut.»
Sie blieb stehen und drehte sich zu ihm um. «Weißt du überhaupt, was Hepatitis ist?»
Er zuckte die Achseln. «Ich dachte, damit beschäftige ich mich, wenn es nötig ist. Falls es nötig ist.»
«Mein Gott», flüsterte Sara und wollte nur noch weg vonihm. Sie lief in Richtung Straße, sie wollte einen Umweg zu ihren Eltern nehmen, um sich ein wenig zu beruhigen. Das Ganze wäre ein gefundenes Fressen für ihre Mutter, und sie hätte auch noch recht damit.
Jeffrey folgte ihr. «Wo willst du hin?»
«Ich ruf dich in ein paar Tagen an.» Sie wartete nicht auf eine Antwort. «Ich brauche Zeit zum Nachdenken.»
Doch Jeffrey holte sie ein und berührte ihren Arm. «Wir müssen reden.»
Sie lachte bitter.
« Jetzt
willst du reden.»
«Sara …»
«Da gibt es nichts mehr zu sagen», erklärte sie und ging schneller. Jeffrey hielt mit. Sie hörte seine schweren Schritte. Sie war beinahe in Laufschritt verfallen, als Jeffrey plötzlich von hinten auf sie fiel. Sie stürzte zu Boden, der unter ihr hohl klang. Der dumpfe Schlag hallte in ihren Ohren nach wie ein Echo.
Sie schob ihn von sich und keuchte: «Was machst du …»
«O Gott, Sara, es tut mir leid. Hast du dir wehgetan?» Er kniete vor ihr und zupfte ihr einen Zweig aus dem Haar. «Das war keine Absicht …»
«Du Vollidiot», fauchte sie. Er hatte sie zu Tode erschreckt, und jetzt war sie noch wütender als vorher. «Was zum Teufel ist bloß mit dir los?»
«Ich bin gestolpert», erklärte er und versuchte, ihr auf die Beine zu helfen.
«Fass mich nicht an.» Sie stieß ihn weg und stand allein auf.
Er klopfte ihr den Dreck von der Hose. «Hast du dir wehgetan?», fragte er noch einmal.
Sara wich vor ihm zurück. «Alles bestens.»
«Sicher?»
«Ich bin ja kein Porzellan.» Als sie die Flecken auf ihrem Sweatshirt sah, knurrte sie. Der Ärmel hatte einen Riss. «Was ist bloß los mit dir?»
«Ich bin gestolpert. Oder denkst du etwa, ich hätte das absichtlich getan?»
«Nein», gab sie zu, war aber keineswegs besänftigt. «Gott, Jeffrey.» Vorsichtig belastete sie ihr Knie. «Das hat wirklich wehgetan.»
«Tut mir leid»,
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