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Grappa 02 - Grappas Treibjagd

Grappa 02 - Grappas Treibjagd

Titel: Grappa 02 - Grappas Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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auch suchen. Wie wollen Sie vorgehen?«
    »Zuerst brauche ich das Motiv. Sicher ist, dass es mit Lauras Arbeit zu tun hat. Laura muss auf eine heiße Spur zu diesem Kinderschänder gestoßen sein. Aber mal eine andere Frage! Frau Engler kennt Ellenbogen, ich habe die beiden beim Essen beobachtet. Wussten Sie das?«
    »Ja, ich weiß das. Frau Engler ist sehr aktiv in dem Trägerverein. Rennt zu jedem Vortrag hin, den Ellenbogen in Bierstadt und Umgebung hält.«
    »Interessant. Die Frau, die versucht, Sie in Mordverdacht zu bringen! Vielleicht um Ellenbogen zu schützen. Ich muss den Kerl mal eine Weile beschatten. Wer weiß, was da noch alles raus kommt. Es wird ihn nervös machen, wenn er mich in seiner Nähe weiß. Wenn sich Verdächtige verfolgt fühlen, machen sie meist Fehler.«
    »Das ist ja regelrechter Psychoterror«, begriff Lämmchen, »und ganz schön gemein!«
    »Das ist nicht nur gemein, das ist schweinisch«, bestätigte ich, »aber es haut meistens hin. Ich lehne jede Art der körperlichen Gewalt ab – ich bin ja schließlich ein zivilisierter Kulturmensch, der eine Erziehung im Sinne der christlichen Soziallehre genossen hat. Ich setze mehr auf psychische Gewalt. Sie ist außerdem eine größere intellektuelle Herausforderung für mich!«
    »Wenn Sie Ellenbogen beobachten wollen, dann können wir heute Abend damit anfangen«, meinte Lämmchen lächelnd mit heiteren Augen. Ihm gefiel das Spiel, das ich spielen wollte.
    »Wieso heute Abend, und wieso sprechen Sie im Plural?«
    »Heute Abend hält der Professor einen Vortrag im Kongresssaal vor Kindergartenpersonal. ›Das Märchen von der Prinzessin Mausehaut oder die eindimensionale rationalisierende Erziehungshaltung‹, so der genaue Titel. Und ›wir‹ habe ich gesagt, weil ich sowieso dahin gegangen wäre. Und nun gehen wir zu zweit hin!«
    »Wie heißt das Märchen? Eine Prinzessin, die eine Maus haut?«
    »Die Prinzessin schlüpft in eine Mausehaut – psychologisch ein sehr interessantes Thema. Eine junge Frau, ein Kind noch, die sich nur im Schutz einer grauen Mausehaut mit der realen Umwelt auseinandersetzen kann. So ähnlich lautet die moderne Interpretation dieses Märchens der Gebrüder Grimm.«
    »Wahnsinnig spannend. Und ich dachte immer, dass Märchen pure Unterhaltung seien.«
    »Sind sie auch. Aber sie sind auch Abbilder menschlichen Fühlens, menschlicher Sehnsüchte und menschlicher Konflikte. Sie glauben gar nicht, wie viel unterdrückte sexuelle Wünsche sich in den harmlosen Märchen widerspiegeln!«
    »Davon hab ich auch schon gehört. Hänsel soll der Hexe aus seinem Käfig nicht ein abgenagtes Hühnerknöchelchen herausgestreckt haben, sondern was Anderes. Und der Wolf hat Rotkäppchen nicht wegen Kuchen und Wein verfolgt … Sind doch alles alte Hüte! Wen interessiert denn so was noch?«
    »Die Kindergartentanten. Fortbildung heißt das, und es gibt öffentliche Gelder dafür. Gehen wir heute Abend zur Mausehaut?«
    Ich nickte. Immerhin ein Anfang. Auch wenn er dabei sein würde, dieses unausstehliche Lämmchen, das sich inzwischen auf meinem Sofa lümmelte, als sei es hier zu Hause! Er hatte sich vom Schock seiner plötzlichen Gefangennahme ausgesprochen schnell erholt.

Auftritt in Ollis Imbiss – alles ölig
    Bevor wir uns Ellenbogens »Mausehaut« näherten, gingen wir essen. Mein Magen hatte stundenlang vor sich hingeknurrt, die fünf hartgekochten Eier, Bestandteil meiner gerade begonnenen Mayo-Diät, hatten meine Magensäfte zu ungeahnten Aktivitäten veranlasst. Mir war nach was Deftigem.
    Naider schleppte mich in einen nahegelegenen Schnellimbiss, den er kannte und dessen kulinarische Sensationen er über alles lobte. Dort sollte es für wenig Geld Unmengen auf die Gabel geben.
    Ich ließ mich überreden. Jedoch packte mich sofort die Reue, als ich das pappige Brötchen sah, auf dem meine Finger unauslöschliche Dellen hinterließen. Zwischen den Papphälften befand sich totes Rind, kleingehackt, eingewickelt in ein schlappes Blatt Kopfsalat. Der Klecks Ketchup ersetzte den Kleber. Naider hatte Ähnliches auf dem Pappteller. Ich legte meine Mahlzeit hin und schaute ihm beim Essen zu. Ungerührt und mit gutem Appetit schaufelte er sich eine Unmenge gerösteter Zwiebeln rein, denen Lebensmittelfarbe das passende Outfit verpasst hatte. Er grunzte zufrieden und strahlte. Der Mensch hat doch noch gewisse Gemeinsamkeiten mit dem Tier. Naider biss mit Wollust in die kleingehackte Kuh und zerrte an einer langen

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