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Grappa 02 - Grappas Treibjagd

Grappa 02 - Grappas Treibjagd

Titel: Grappa 02 - Grappas Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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niemand hatte sich unter dem Kennwort »Angelika« bei der Bierstädter Hauptpost gemeldet. Entweder war »Onkel Herbert« vorsichtig geworden, oder mein Brief hatte seinen Geschmack nicht getroffen. Agnus Naider war weniger zurückhaltend. Eines Nachmittags saß er nämlich vor meiner Haustür. Ich hasse unangemeldete Besucher.
    »Entschuldigen Sie«, versuchte er mir den Wind aus den Segeln zu nehmen, »ich hätte Sie gern vorher angerufen, aber ich wusste nicht, wie ich Sie erreichen konnte …«
    »Was wollen Sie?«, fuhr ich ihn barsch an. Meine Laune ging gegen Null.
    »Ich muss mit jemandem reden!«, bekannte er, vergaß aber zu sagen, warum er sich ausgerechnet mich ausgesucht hatte.
    »Hören Sie, ich habe meine Eltern vor Jahren enttäuscht, weil ich keine Kindergartentante werden wollte. Können Sie sich vorstellen, warum?«
    Er guckte begriffsstutzig, der intellektuelle Anspruch war zu gewaltig. Ich musterte ihn. Etwas schmuddelig sah er aus. Der Zwei-Tage-Bart gab seinem Gesicht eine männlichere Kontur. Sein Hemd war so schreiend bunt, dass es jeden Straßenräuber in die Flucht geschlagen hätte.
    »Ich eigne mich nicht als Schuttabladeplatz für Ihre Probleme«, sagte ich grob, »ich habe selbst genug von der Sorte!«
    Er wirkte betroffen. Plötzlich tat er mir leid, und ich kam mir vor, als hätte ich einen Rollstuhlfahrer die Treppe hinuntergestoßen. Er konnte schließlich nichts dafür, dass ich ungeduldig, überarbeitet, gereizt und launisch war.
    »Also kommen Sie mit hoch«, brummte ich, und er trottete hinter mir die Treppen hoch. Beflissen riss er die Tür zum Aufzug auf. Wir gingen hinein, und ich drückte auf die Nummer fünf. Während der Fahrt nach oben hatte ich plötzlich ein flaues Gefühl im Magen. Hoffentlich bleibt der Lift nicht stecken, dachte ich, ich bin nicht gern mit Fremden eingesperrt in einer kleinen Zelle. Doch die Technik funktionierte. Wir schwebten in die fünfte Etage.
    Drinnen wies ich ihm mein schwarzes Ledersofa zu. »Kaffee oder lieber einen Grappa?«
    Er flezte sich in die Kissen. Seine Laune schien sich zu bessern, denn er hatte sein Ziel erreicht: Er hatte Gesellschaft. Ich öffnete die Balkontür und prüfte die Nässe in den Blumentöpfen. Heute Abend würde ich sie gießen müssen.
    »Und? Kaffee oder Schnaps?« Ich bemerkte, dass er mich anstarrte. Sein Blick glitt von meinem Hals bis zu meinen nackten Beinen. Ich hatte einen kurzen Rock an, denn der Tag war sonnig und heiß. Mich schauderte.
    »Einen Kaffee bitte!«, antwortete er. Die Situation war wieder entspannt.
    »Über was wollten Sie mit mir reden, Agnus?«
    Tränen traten in seine Augen. Nur nicht weinen, bat ich innerlich. Ich kann keinen Mann weinen sehen, dann denke ich immer an Rotz, Ohnmacht und Notarzt.
    Er schniefte und schaute mit feuchten Augen zu mir hoch. Sein Kassengestell rutschte dabei auf die Nasenspitze. »Ich habe Laura geliebt und sie nie angefasst. Dafür war sie mir zu schade.«
    Aha, das war es. Er wollte über Laura reden. Auch gut, ich hatte nichts gegen das Thema.
    »Frau Engler lügt, wenn sie sagt, dass ich Laura bedroht hätte.«
    »Sie lügt also. Aber warum tut sie das?«
    »Neid, Eifersucht. Was weiß ich? Die krankhafte Fantasie einer frustrierten Frau.«
    »Wussten Sie eigentlich, wer Lauras letzter Liebhaber war?«
    Er blickte mich starr an. »Ich weiß es und Sie wissen es auch«, er sprach plötzlich, als sei seine Zunge zu groß für seinen Mund, »der Mann hatte sie nicht verdient.«
    »Sie hat ihn sich ausgesucht. Waren Sie eifersüchtig auf ihn?«
    »Natürlich.« Trotz kam in seine Stimme. Vielleicht sogar Hass. Gehörte er zu denen, die anderen Männern die Frau nicht gönnten, die sie niemals bekommen würden?
    »Aber mit ihm gesprochen haben Sie nicht darüber, oder?«
    Er schüttelte den Kopf und schlürfte den Kaffee. Nein, er war zu feige, um sich mit Ellenbogen anzulegen, dachte ich. Und dabei war der Name »Ellenbogen« noch nicht einmal gefallen. »Reden wir eigentlich von demselben Mann?«, fragte ich. Er schob seine Brille auf den Nasenrücken und blinzelte mich an. »Ich rede von Ellenbogen, Sie auch?«
    Ich nickte.
    »Halten Sie ihn für Lauras Mörder?« Er war plötzlich ganz Ohr, hatte seine unerträgliche Weinerlichkeit abgelegt und guckte wachsam.
    »Vielleicht ist er's, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht ist es einer der Gäste gewesen oder ein Fremder. Woher soll ich das wissen? Bin ich die Polizei?«
    »Ich weiß, dass Sie den Mörder

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