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Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Titel: Grappa 05 - Grappa faengt Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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solange genießen, bis man genug von ihm hat.
    Ameisen krochen über meine nackten Beine, Bienen summten an mir vorbei und nahmen Kurs auf Thymianblüten. Ich grapschte nach dem Augenblick, um ihn zu halten, doch umsonst.
    So schön dieser Moment auch war, ich musste einen klaren Kopf behalten. Affären mit Reiseleitern waren für mich genauso undenkbar wie mit Skilehrern, Tankwarten und Kollegen.
    »Ihre Nase ist ganz rot«, sagte er leise, »das sieht nach einem ausgewachsenen Sonnenbrand aus. Außerdem sind Ihre Arme voller Sommersprossen.«
    »Ich finde Sommersprossen sexy!«, blaffte ich ihn an. Eigentlich wusste ich nicht, warum ich wütend auf ihn war. Ich sprang auf, schnappte die Würzkräuter und lief zum Jeep zurück. Er folgte mir.
    Stumm ließ ich mich in den Sitz fallen.
    »Habe ich etwas falsch gemacht?«, fragte er.
    »Nein. Entschuldigen Sie. Ich bin nervös. Diese Reise macht mich krank. Irgendetwas Unheilvolles geht in dieser Gruppe vor.«
    »Hat es mit Unbill zu tun?«
    »Auch, aber nicht nur.« Ich war kurz davor, ihm von der Vergewaltigung von Daphne Laurenz zu erzählen, aber eine innere Stimme und mein Versprechen hielten mich davon ab.
    Kondis startete den Wagen. Der Weg wurde immer schlechter und steiler. Endlich waren wir am Fuß des Berges angekommen. Tausende von Olivenbäumen, manche von ihnen Hunderte von Jahren alt, säumten den Schotterweg.
    »Hier können wir den Vogel fliegen lassen«, meinte Kondis und stoppte. Neben uns wuchsen Feigenbäume, die bereits kleine Früchte angesetzt hatten. Vögel zwitscherten, und der Wind ließ die Olivenzweige silbern schimmern.
    Ich packte den Käfig und trug ihn in einen Olivenhain. Dann öffnete ich das Türchen. Der Distelfink drückte sich ängstlich an den Boden.
    Kondis griff mit seiner Hand ins Innere des Gefängnisses. Ich bemerkte, dass er schöne, gepflegte Hände hatte. Unwillkürlich schloss ich die Augen für eine Sekunde. Er nahm den Vogel behutsam auf und sprach zärtlich auf ihn ein.
    Dann öffnete er die Hand. Der Distelfink verharrte eine Sekunde, als traue er der Freiheit nicht. Doch gleich darauf erhob er sich und flog davon. Mein Blick konnte ihm nicht mehr folgen.
    »Er ist frei«, stellte Kondis fest. Er stellte das Drahtgefängnis auf eine niedrige Steinmauer, die den Olivenhain umsäumte. Er trat zu mir und hob meinen Kopf zu sich hoch. Ich spürte seinen festen Willen und sah seinen prüfenden Blick. Dann entspannte ich mich.
    Seine Lippen legten sich auf meine und verharrten. Er war unsicher. Zögernd versuchte er mit seiner Zungenspitze meine Lippen zu öffnen. Seine Zähne setzten sich durch. Er presste sich an mich und küsste mich tief und lange. Ich dachte an den Distelfink. Würde er genug Futter finden? Ein Weibchen, mit dem er sich paaren konnte?
    Er bemerkte, dass ich nicht bei der Sache war und ließ mich plötzlich los.
    »Entschuldigen Sie!«, stieß er hervor. »Es wird nicht wieder vorkommen.« Er war zutiefst gekränkt. In diesem Augenblick fing eine Nachtigall zu schlagen an.
    Als ob die Lage nicht schon romantisch genug ist, dachte ich. Ihr Schluchzen fing sachte an, um sich zu einem Crescendo furioso zu entwickeln. Jetzt war es um meine Contenance geschehen. Ich stürzte zu ihm, griff in seine schwarzen Haare und vergrub meine Zunge in seinem Mund.
    Die Nachtigall sang unbeeindruckt weiter. Seine Hände schoben sich unter meine Bluse. An meinem Hals murmelte er wirres Zeug.
    »Tüt! Tüt!« Ein zorniges Hupen verscheuchte die Nachtigall und schreckte uns auf. Kondis fluchte leise und stürzte zum Weg, auf dem unser Jeep verkehrsbehindernd parkte. Ein Lieferwagen wollte vorbei. Kondis fuhr den Jeep an den Rand.
    Ich zog meine Bluse zurecht und ging auf den Weg zurück. Er fuhr an, gab zu viel Gas und würgte den Motor ab.
    »Verdammt!«, fluchte er. »Alles, was ich in den letzten Monaten anfasse, geht schief. Ich kann nicht mehr!«
    Er stützte seine Ellenbogen auf das Lenkrad auf und legte den Kopf in die Hände.
    »Sei nicht traurig«, bat ich leise, »deine Krise wird bald vorbei sein. Das Reisebüro …«
    »Das Reisebüro war die dümmste Idee, die ich jemals hatte! Glaubst du etwa, es macht mir Spaß, mit begriffsstutzigen Bildungsbürgern oder penetranten Besserwissern durch Griechenland zu reisen? Mir am Ende der Reise noch ein paar Mark Trinkgeld in die Hand drücken zu lassen, die sich eine Frau wie Martha Maus von der Rente abgespart hat? Dies ist die erste und letzte Reise dieser Art, die

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