Grappa 05 - Grappa faengt Feuer
ganz besonders herausgestellt zu werden. Und nun erzählen Sie!«
»Sie, verehrte Frau Grappa, sind hier, um etwas herauszufinden. Ich habe genau dasselbe vor.«
»Ach ja?«
»Es geht um den Reiseleiter Dr. Jason Kondis!« Er sprach Kondis' Namen langsam und genüsslich aus, zerhackte die vier Silben, als hätte er ein Beil auf der Zunge.
»Kondis? Was ist mit ihm?«
Er senkte den Ton seiner Stimme in den Flüsterbereich. »Dr. Jason Kondis hat mehrere Jahre lang den internationalen Antikenmarkt mit gestohlenen Kunstgegenständen beliefert. Der Schaden, der dabei entstanden ist, geht in die Millionen. Der Mann ist ein Dieb!«
»Kondis? Das glaube ich nicht. Er macht doch einen seriösen Eindruck!« Ich spielte die Naive, die überzeugt werden will.
»Das täuscht. Der Mann ist skrupellos und kriminell.«
»Wenn das stimmt, warum hat ihn die Polizei nicht festgenommen?«
»Der Besitzer der Kunstgegenstände wollte kein Aufsehen. Ich aber habe es mir zur Aufgabe gemacht, diesen Mann zur Strecke zu bringen!« Es klang entschlossen.
»Und wie wollen Sie das machen?«
»Das werden Sie noch früh genug merken«, meinte Unbill geheimnisvoll. Er war durch die eigene Wichtigkeit anderthalb Zentimeter größer geworden. »Und wenn es soweit ist, dann werde ich Sie wieder ansprechen. Dann bekommen Sie von mir eine tolle Geschichte für Ihre Zeitung.«
»Und wenn Kondis die Sachen nicht geklaut hat?«, wagte ich einzuwenden.
»Ich weiß, dass er es getan hat. Schauen Sie ihn nur an!«
Ich tat es und sah einen attraktiven Mann, der sich gerade mit Gerlinde von Vischering unterhielt. Er lachte sie dabei an, und sein Lachen gefiel mir. Sein schwarzes Haar glänzte, er hatte Hemd und Hose gewechselt. Im Gegensatz zu Unbill, der nach altem Schweiß duftete und dessen Hemdkragen angeschmutzt war.
»Er sieht gut aus und scheint besonders bei Frauen beliebt zu sein«, konstatierte ich, um Unbill zu ärgern. »Ich käme nie auf die Idee, dass er ein Dieb sein könnte!«
»Dann haben Sie kein Auge für Verbrecher! Ich erkenne Diebe auf den ersten Blick!« Seine Stimme war schrill und laut geworden. Kondis zuckte zusammen. Er hatte bemerkt, dass wir über ihn sprachen. Das Unterhaltungsbrummen am Tisch erstarb.
Ich lächelte Kondis an und versuchte meinem Gesicht einen beschwichtigenden Eindruck zu geben. Doch ich strengte mich vergebens an. Der Dummkopf würde in das Messer laufen, das Unbill für ihn aufgeklappt hatte.
»Darf ich für einen Moment um Ruhe bitten!« Kondis gehörte zu den Männern, die für einen Augenblick aufflackernden Stolzes mit Lust in Abgründe springen. Er hatte die Aufmerksamkeit aller am Tisch.
Ich schaute ihn an und schüttelte langsam den Kopf. Er stutzte und schien zu verstehen. Kondis, noch eben wild entschlossen, sein Innerstes nach außen zu kehren, verwandelte sich wieder in einen aufmerksamen Reiseleiter.
Er wünschte den Gruppenmitgliedern einen schönen Nachmittag beim Shopping. Warnte vor überhöhten Preisen beim Kauf von Silberschmuck und Goldimitaten. Ich atmete durch.
»Ihre Provokation ist ins Leere gegangen«, raunte ich Unbill zu.
»Es werden weitere Gelegenheiten kommen!«, sagte er fast heiter. Das Spiel machte ihm Spaß. Er war ein Kater, der die Maus bereits gefangen hat, sie aber immer wieder laufen ließ, um sie am Ende doch zu töten.
»Übertreiben Sie Ihre Aktivitäten nicht«, warnte ich Unbill mit leiser Stimme, »wenn ein Tier in die Enge getrieben wird, beißt es zu. Bisse können manchmal tödlich sein. Und dann sind Sie der Dumme.«
»Das klingt ja so, als würden Sie sich um mich Sorgen machen!« Jetzt reaktivierte er sogar die mageren Reste seines Altherren-Charmes. Die hochgebürsteten Augenbrauen hoben sich, der Blick darunter war eisblau.
»Überinterpretieren Sie meine Äußerung nicht«, widersprach ich. »Kondis ist intelligent und wird nicht so einfach zu überführen sein.«
»Das weiß ich. Deshalb gebe ich mir ja so viel Mühe und mache sogar diese alberne Reise mit.«
»Weiß Ihr Sohn, was Sie vorhaben?«
»Ajax ist ein Schaf.«
»Sie halten nicht viel von der Würde Ihres Sohnes, nicht wahr?«
»Ich verstehe nicht, was Sie andeuten wollen. Ich will Ajax nicht mit Dingen belasten, die er ohnehin nicht überschauen kann.«
Der Kellner räumte den Tisch ab. Eine andere Bedienung schleppte Kaffee an. Die Tässchen waren klein, der Kaffee stark, heiß und sandig. Seine Bitternis legte sich wie ein Schleier über meinen Gaumen.
Als wir die
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