Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Titel: Grappa 05 - Grappa faengt Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
Vom Netzwerk:
einem Block machte ich Notizen, damit ich die einzelnen Tonstücke später schneller wiederfinden konnte.
    Das Motorengeräusch machte mich müde. Ich schloss die Augen und erwachte erst wieder, als mich Daphne Laurenz sachte schüttelte.
    »Mittagessen!«
    Die anderen saßen schon im Garten eines Straßenrestaurants. Etwas benommen stieg ich aus dem Bus. Plastikstühle, Holztische, Freiluft-Grill, schwarzhaarige Kellner und der übliche Touristenteller: Griechischer Salat, Tsatsiki, Souvlaki, Pommes, Retsina.
    Frustriert setzte ich mich an einen kleinen Tisch und bestellte nur Wasser. Stattdessen wurde ebenfalls mir der übliche Teller serviert. Ich fütterte eine streunende Katze mit den Souvlaki-Brocken, was den Kellner ärgerte. Doch mein Blick warnte ihn davor, dem mageren Tierchen einen Tritt zu versetzen.
    Nach der kollektiven Abfütterung scheuchte uns Kondis in den Bus zurück. Immerhin hatten wir noch fast 275 Kilometer zurückzulegen und waren ziemlich spät dran.

Weiße Pappeln und rote Kirschen
    Die Apollo-Schale war weißgrundig, hatte zwei Henkel und einen niedrigen Fuß. Der Gott saß auf einem niedrigen Schemel, trug ein weißes langes Gewand und einen Purpurmantel. In der linken Hand hielt er eine Leier, mit der rechten goss er eine rötliche Flüssigkeit aus einer Schale. Der Kopf des Gottes war mit einem Lorbeer- oder Myrtenkranz gekrönt. Das fein gezeichnete Gesicht war von Locken umrahmt, und auf den Lippen lag ein leichtes Lächeln. Ein schwarzer Vogel, vermutlich ein Rabe, schaute ihm dabei zu.
    Ich studierte meinen Reiseführer, der der berühmten Schale einige Zeilen gewidmet hatte. Doch die wirklich schöne Geschichte zu dem Teller erzählte mir Kondis, als wir am Abend in Dodona angekommen waren.
    Der schwarze Rabe symbolisiert die Liebesgeschichte zwischen dem Gott und Koronis, der Tochter des Königs Phlegyas. Sie war von Apollon schwanger, als sie ihm untreu wurde und einen Arkadier namens Ischys heiratete. Eine Krähe verpetzte Koronis. Apollon wurde so wütend, dass er den bis dahin weißen Vogel in einen schwarzen verwandelte.
    »Seit dieser Zeit sind die Raben in der ganzen Welt schwarz«, behauptete Kondis, »doch die Geschichte geht noch weiter. Apollon bat seine Schwester Artemis, die untreue Koronis zu erschlagen und auf einem Scheiterhaufen zu verbrennen. Bevor jedoch die Flammen die tote Frau verschlingen konnten, rettete Apollon sein ungeborenes Kind. Es war Asklepios, der große Mediziner, dem das Heiligtum in Epidaurus geweiht ist.«
    »Ganz schön blutig«, meinte ich, »ist dir aufgefallen, dass die Verfehlungen der Frauen viel schärfer bestraft werden als die der Männer?«
    »Das siehst du falsch«, lächelte er. »Denke nur an Prometheus, der sich mit Zeus angelegt hat. Ein Adler hackte ihm bei lebendigem Leibe die Leber aus dem Leib. Euer Goethe hat dazu ein wunderschönes Gedicht gemacht. Oder den armen Sisyphos, der einen Felsbrocken auf einen Berg schieben musste, von dem er immer wieder herunterrollte. Ich glaube, dass wir Griechen in unserer Mythologie Männer und Frauen gleichberechtigt behandeln.«
    Wir saßen allein bei einem Glas Wein in einem winzigen Hotel in unmittelbarer Nähe des Zeus-Heiligtums, das wir morgen besichtigen würden. Zum Glück gab es nicht nur Retsina im Restaurant, sondern auch einen leichten kühlen Weißwein namens Zitsa aus Ioannina.
    »Lass uns ein bisschen Spazierengehen«, schlug Kondis vor, als wir die Flasche geleert hatten. »Die Abenddämmerung ist eine Stimmung, die ich sehr gern mag.«
    Ich packte meine Handtasche, und wir starteten. Durch die Luft wirbelten weiße Flöckchen, sie sahen aus wie Schnee. Ich fing eine mit der Hand.
    »Populus alba«, erklärte er, »die Weißpappel. Der heilige Baum des Herakles. Er fand ihn am Fluss Acheron und verpflanzte ihn nach Olympia. Das Opferfeuer für den Zeus von Olympia durfte nur aus dem Holz der Weißpappel bestehen.«
    »Die Geschichten, die du kennst, sind wunderbar«, schwärmte ich. Der Alkohol hatte meine Seele leichter gemacht. Dann fing auch noch ein Kuckuck an zu rufen. Ich begann, in eine romantische Stimmung abzudriften. Auch wenn die Welt schlecht war, war das Leben schön.
    Wir schlenderten an einigen großen Bäumen vorbei. »Schau mal«, ich war begeistert, »das sind Kirschen!«
    Vollrot und prall hingen die Früchte kiloweise an den Zweigen, die sich unter ihrem Gewicht bogen.
    »Moment!«, rief er, lief auf einen Baum zu und fing an zu pflücken.
    »Die

Weitere Kostenlose Bücher