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Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Titel: Grappa 05 - Grappa faengt Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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gehören doch bestimmt jemandem!«, wandte ich ein.
    Er reagierte nicht, zog das Shirt aus seiner Hose und benutzte es als Behältnis. Mit prall gefülltem Hemd kam er zurück.
    »Mund auf!«, verlangte er gut gelaunt. Dann stopfte er mir ein paar rote Kirschen in den Mund. Sie waren kühl und saftig. Ich vertilgte sie lustvoll.
    Sein Gesicht näherte sich, er schnappte mir eine Kirsche vom Mund weg. Ich sah seinen flachen Bauch und war ziemlich angetan. Seine Haut duftete nach Sonne. Meine Schultern spürten kräftige Hände.
    »Kuck – kuck«, brüllte der Vogel. Es klang wie eine Parodie. Ich musste lachen.
    »Was ist?«, murmelte er irritiert.
    »Immer, wenn wir uns näher kommen wollen, schicken uns deine Götter eine Botschaft. Im Pleistostal war's die Nachtigall und dann die Autohupe, und jetzt mischt sich dieser Kuckuck ein. Ich bin sicher, dass es sich um ein Zeichen handelt!«
    »Es gab immer Sterbliche, die die Hinweise der Götter missachtet haben«, lächelte er. »Ein bisschen Mut haben unsere Götter gern, sie verlangen keine bedingungslose Unterwerfung, wie es in der christlichen Religion üblich ist.«
    Der Moment der Schwäche war vorbei. Ich atmete durch und spuckte die Kirschkerne in hohem Bogen in die Büsche.
    »Eine Dame spuckt nicht«, frotzelte er.
    »Und ein Herr stiehlt nicht«, antwortete ich.
    »Vielen Dank!« Seine Stimme war plötzlich eisig.
    »Ich meinte doch die Kirschen!«, rief ich verdattert aus.
    Er drehte sich auf dem Absatz um und ließ mich stehen. Sein weißes Hemd wehte und seine Schritte waren wütend. Dann verschwand er in der Dämmerung.
    »Kuck – kuck!«, feierte der Vogel seinen Erfolg.
    »Klappe, du Flattermann!«, zischte ich.
    Langsam spazierte ich zum Hotel zurück, dessen Leuchtstoffbuchstaben mir den Weg wiesen. Näher kommend hörte ich das Plärren der TV-Reklame.
    Im Foyer des Hotels saß Martha Maus und guckte griechisches Fernsehen. Frustriert setzte ich mich auf einen durchgesessenen Fauteuil. Ich wollte sie gerade ansprechen, als ich die gestohlene Apollon-Schale auf der Mattscheibe sah. Es folgten Aufnahmen vom Delphi-Museum und ein Archivbild von der Vitrine im Saal des Wagenlenkers. Ich verstand zwar kein Wort, aber das war auch nicht nötig. Das griechische Fernsehen berichtete über den dreisten Kunstdiebstahl.
    »Das war ein Bericht über den gestohlenen Teller!«, erkannte Martha Maus. »Wer, glauben Sie, hat es getan?«
    »Woher soll ich das wissen?«, fragte ich. »Irgendjemand, der die Sache lange ausbaldowert hat. Verkaufen kann der Dieb die Beute sowieso nicht, denn sie ist international bekannt.«
    »Hat sich Herr Kondis geärgert?«, wechselte sie das Thema.
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Er stürzte eben durch dieses Zimmer, sah nicht nach rechts und nicht nach links. Ich habe ihm einen ›guten Abend‹ gewünscht, doch er hat mich überhaupt nicht gesehen.«
    »Er ist vielleicht in Gedanken!«, versuchte ich abzuwiegeln. Doch so leicht konnte ich die alte Dame nicht abschütteln.
    »Sie waren doch mit ihm draußen. Haben Sie beide sich vielleicht gestritten?«
    »Sie sind ganz schön neugierig, Martha. Wären Sie mir böse, wenn ich Ihnen sagen würde, dass Sie das überhaupt nichts angeht?«
    »Nein«, strahlte sie, »das wäre ich nicht. Ich mag Herrn Kondis. Deshalb beobachte ich ihn. Er ist ein schöner Mann und trägt ein finsteres Geheimnis mit sich herum. Hat er Ihnen dieses Geheimnis schon anvertraut?« Ihre Stimme war zu einem Flüstern herabgesunken.
    »Sie lesen zu viele von diesen Romantik-Thrillern«, stellte ich fest und deutete auf den Schmöker, der neben ihr lag. Auf dem Titelbild war ein dunkles Schloss abgebildet, vor dem ein stattlicher Mann gerade eine zarte Blondine auf einen Rappen hievte. Graf Gregors dunkles Geheimnis stand in Goldbuchstaben auf dem Buchdeckel.
    »Gute Nacht, Martha. Ich muss dringend in die Waagerechte. Gehen Sie doch auch ins Bett! Sie müssen morgen früh wieder fit sein. Schließlich müssen wir wieder stundenlang durch altes Gerumpel stapfen.«
    Müde nahm ich meinen Zimmerschlüssel vom Brett, ging durch den kleinen Innenhof zu meinem Zimmer. Es war fast dunkel. Der volle Mond ließ die Farben der Blumen im Hotelgarten ahnen.
    Eigentlich war unsere Unterkunft ziemlich verwohnt und ungepflegt, dafür befand sie sich in direkter Nachbarschaft zum Heiligtum. Das einzige Hotel in Dodona mit zwölf Zimmern. Es lag in einer Talsenke, von der kleine Straßen direkt ins Pindosgebirge führten. Alle

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