Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Titel: Grappa 05 - Grappa faengt Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
Vom Netzwerk:
gegriffen, sei rückwärts gestolpert und tschüss.
    Ich hatte keine Ahnung, ob sie mich überhaupt hörte. Es war mir egal, ich war wild entschlossen, die Wahrheit auf die einzig menschliche Weise zu interpretieren. Schließlich befand ich mich in Griechenland, und die Götter in diesem Land hatten eine Menge übrig für Menschen, die ihr Schicksal mutig selbst in die Hand nahmen. Und genau das hatte Almuth getan.
    Im Hotel angekommen informierte ich Kondis über den Vorfall. Eine Stunde später hatten wir die gesamte Polizei von Ioannina auf dem Hals. Kondis übersetzte meine Zeugenaussage, die die Polizisten zu überzeugen schien. Pater Benedikt kümmerte sich derweil um die frischgebackene Witwe. Sie kauerte im Innenhof des Hotels und starrte vor sich hin. Die Polizisten hatten Verständnis dafür, dass eine Frau, die gerade ihren Mann durch einen Unfall verloren hatte, nicht vernehmungsfähig war.
    Ich atmete erleichtert auf, als der Polizeiwagen wegfuhr. »Wir müssen zwei Tage länger in diesem Dorf bleiben«, erklärte Kondis der Gruppe, »morgen kommt das Militär und sucht die Leiche. Dann wird der Staatsanwalt die Aussagen überprüfen und ein Protokoll anfertigen. Es tut mir leid. Unsere Fahrt nach Metsovon muss ausfallen, sonst bekommen wir den Anschluss auf den Peloponnes nicht mehr. Also, fassen Sie sich bitte in Geduld.«
    Das Murren hielt sich in Grenzen. Almuth Traunich erwachte aus ihrer Erstarrung. Langsam ging sie zu dem Vogelkäfig, in dem das rotbrüstige Dompfaffmännchen einsam auf der Stange saß. Sie hob den Kasten von dem Haken, öffnete das Türchen, griff mit der Hand hinein, packte sanft zu, zog die Hand zurück und öffnete sie. Der Dompfaff stürmte davon. Almuth lächelte.
    Der Hotelier wagte nichts zu sagen. Pater Benedikt ging zu ihr hin und führte sie ins Haus.
    »Komm!«, sagte Kondis. »Ich brauche einen Ouzo.«
    Er rief dem Wirt etwas zu. Wir setzten uns an einen kleinen runden Tisch. Die anderen verschwanden nach und nach in ihren Zimmern.
    »Das war ein Tag«, stöhnte Kondis, »solche Vorfälle sind die Albträume von Reiseleitern. Ob sie die Reise wohl abbricht und mit ihrem Garten im Gepäck die Heimreise antritt?«
    »Hoffentlich nicht. Ohne ihn hat sie die Chance, den Trip zu genießen. Prost!«
    Der Ouzo stand auf unserem Tisch, eine Kerze flackerte.
    »Jamas!« Kondis kippte den Ouzo weg. »War es wirklich ein Unfall?«
    »Aber natürlich. Glaubst du etwa, er ist freiwillig gesprungen?«
    »Nein, das nicht. Aber vielleicht hat sie ihn nach unten befördert? Oder ihr beide habt es getan. Ein solidarischer Akt unter Frauen.«
    »Verdient hätte er's. Aber Spaß beiseite. Meine Zeugenaussage war doch wohl nicht misszuverstehen, oder?«
    »Nein. Deine Zeugenaussage war völlig eindeutig und überzeugend. Du bist eine gute Zeugin.«
    »Das finde ich auch. Besonders wenn ich die Wahrheit sage.«
    Er schaute skeptisch. Ich schwieg. Jedes weitere Wort wäre ein Wort zu viel gewesen. Er küsste mich brüderlich auf die Wange, bevor ich ins Bett ging.

Eine Leiche vor dem Frühstück
    »Siga! Siga!« Die Schlucht hallte wieder von den Stimmen der Soldaten. Die Polizei hatte Militär angefordert, das in aller Herrgottsfrühe in Monodendrion eingefallen war. Kondis holte mich aus dem Bett, denn ich sollte die Stelle identifizieren, an der Alfred Traunich seinen letzten Weg nach unten angetreten hatte.
    »Muss das sein?«, maulte ich, als ich verschlafen in der Tür stand. Es musste sein. Außer mir, Almuth und Alfred kannte niemand die Stelle. Alfred hatte andere Sorgen, und Almuth hätte sich womöglich verplappert und ein Geständnis abgelegt.
    Ich stand neben Kondis auf dem Pfad und fror. Leichter Nebel stieg aus dem Tal zu uns herauf. Der Greifvogel kreiste über der Szene und schrie »kri – kri«.
    Etwa zehn junge Männer in Uniformen ließen sich an Seilen in die Schlucht hinab. Sie trugen Springerstiefel und entschlossene Gesichter. Ihr Kommandeur stand hart am Abgrund und rief »Siga!«
    »Was brüllt der da?«, fragte ich. Das Geschrei ging mir auf die Nerven.
    »Das heißt: Langsam! Langsam!«, erklärte Kondis. »Er hat Angst um seine Leute. Was ist mit dir? Du hast ja ganz blaue Lippen!«
    »Mir ist kalt. Im Bett war es so gemütlich. Kann ich nicht wieder gehen?«
    »Du bleibst!«, befahl er. »Aber ich hole dir eine Tasse Kaffee.«
    Er hatte entdeckt, dass die Soldaten Lunchpakete dabei hatten. Der Kommandeur nickte freundlich in meine Richtung und reichte Kondis

Weitere Kostenlose Bücher