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Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Titel: Grappa 05 - Grappa faengt Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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als Frauen!«
    Ich lachte. »Schön, dass ihr euch diese Sage habt einfallen lassen! Das entbindet euch von Verzicht und Disziplin. Freier Verkehr in einem freien Land. Frauen, die so handeln, sind für euch Männer Huren oder kranke Nymphomaninnen. Benehmt euch nicht immer wie brünstige Alphamännchen! Setzt endlich eure Entwicklung zum Menschen fort!«
    Die letzten Sätze hatte ich mit erhobener Stimme gesprochen. Der Dialog nervte mich.
    Auf seiner Stirn zeigte sich eine klassische Unmutsfalte. »Und was mich an dir stört, ist deine Begabung, schöne, gefühlsbetonte Augenblicke durch übertriebene Analyse kaputt zu machen. Deine Hingabe an mich ist immer kühl gewesen. Liebe bedeutet, sich auszuliefern und die Folgen zu riskieren. Warum ist dein Herz voll brodelnder Leidenschaft, wenn es um Landschaften und Geschichten geht? Wo bist du, wenn du bei mir bist?«
    Er schlug sich nicht übel. Griff an, um sich nicht verteidigen zu müssen. Lenkte ab, um mich aus dem Konzept zu bringen.
    »Die Landschaften, die ich sehe, gehören mir allein, und die Geschichten, die ich lese, gehören meiner Fantasie. Sie werden mich niemals enttäuschen.«
    Ich war an die Balkonbrüstung getreten und schaute in die Landschaft. Plötzlich spürte ich zwei Arme, die mich von hinten umfingen.
    »Du musst liegenbleiben«, murmelte ich.
    »Was nach dieser Reise kommt, liegt nur an dir«, sagte er, »doch du musst sagen, ob du mich willst. Du bekommst für mich keinen Garantieschein und noch nicht einmal eine Bedienungsanleitung.«
    »Und was soll der Spaß kosten?«, meinte ich forsch.
    »Liebe, Verständnis, Vertrauen und Toleranz.«
    »Und Unterwerfung, nicht wahr?«
    »Nein. Völlige Hingabe. Auf beiden Seiten.« Er küsste mich hungrig.
    »Vielleicht ist der Preis zu hoch für ein oftmals gebrauchtes Modell wie dich«, versuchte ich zu scherzen, als ich wieder reden konnte.
    Er bekam es in den falschen Hals. »Schon wieder ein verpasster Moment«, sagte er. Es klang tatsächlich ein bisschen traurig. »Ich glaube nicht, dass er noch einmal wiederkommt.«
    »Wir kennen uns gerade mal zwei Wochen«, wandte ich ein. »Ein bisschen früh, um Zukunftspläne zu schmieden, oder?«
    »Sicher ist es das. Aber es ist immer zu früh und immer zu spät.«
    Kondis ging ins Zimmer zurück und legte sich aufs Bett. Wenig später waren ihm die Augen zugefallen. Ich hätte so gern noch eine versöhnliche Bemerkung gemacht, ihm etwas Liebevolles ins Ohr geflüstert, ihm gesagt, dass ich vielleicht doch …
    Nein, dachte ich, sich auf ihn einzulassen, bedeutete die Aufgabe vieler Dinge, die mir immer wichtig gewesen sind. Eine völlige Umstellung meiner Wünsche, Ziele und Erwartungen.
    Er seufzte im Schlaf. Mein Herz bekam einen wehen Krampf. Ich legte die Hand auf meine linke Seite, um den Schmerz zu verscheuchen. Kondis' Atem ging flach, zwischendurch ein kleines Gemurmel, irgendein griechisches Wort. Sein Oberkörper lag verwundbar bloß, die Haut war glatt und gebräunt, die Schultern gerade und mit einigen Muskeln bepackt.
    Die Angst, die ich hatte, als ich ihn blutüberströmt im Olivenhain hatte liegen sehen, würde ich niemals vergessen, denn sie war grauenhaft und süß zugleich gewesen. Ich hatte gespürt, dass ich großer Gefühle fähig war. Gefühle, die ich sonst nur als Bestandteil griechischer Tragödien anerkannt hätte.
    Mein Blick löste sich von Kondis, der tief schlief wie ein Baby. Ich trat auf den Balkon zurück, um mich an den mythologischen Geschichten zu berauschen.
    Aus dem Garten des Hotels drang Gemecker zu mir herauf. Unten hatte sich eine Ziege mit ihrem Strick in einem Busch verfangen. Sie zerrte daran, um sich zu befreien. Das Tier war zart, schwarzbraun, hatte ein glänzendes Fell und kleine Hufe.
    Hinter ihr öffnete sich plötzlich der Busch, und ein großer, schwarz-weißer Bock mit gedrehten Hörnern und einem langen Bart kam hervor. Er hatte das Maul halb geöffnet und keuchte. Speichelflocken fielen zu Boden. Ein leichter Bocksgestank erfüllte die Luft. Die Glocke um seinen Hals bimmelte. Es klang nach unverhohlener Vorfreude.
    Die kleine Ziege bemerkte den Bock, drehte ihr Hinterteil von ihm weg und stieß ein angstvolles Meckern aus. Als er sie gegen ihren Willen bestieg, keuchte er wie ein chronischer Asthmatiker. Dann war der Bock fertig und trottete davon, ohne ihr noch einen Blick zu gönnen. Wenigstens die Glocke sagte tschüss.
    Die geschändete Ziege schüttelte sich ein paarmal, peilte die nächste

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