Grappa 05 - Grappa faengt Feuer
Futterstelle an und zupfte weiter Gras. Der Strick hatte sich gelöst, sie war frei.
Ich lachte los. Wer, verdammt noch mal, hatte diese bedeutungsschwere Szene für mich bestellt? Kondis war unschuldig, denn er lag noch immer auf dem Bett und schlief. Ich blickte nach oben und sah eine einzelne Wolke. Sie war groß, üppig, ausladend, hatte große Brüste und glich der Liebesgöttin Aphrodite aufs Haar.
»Ihr Griechen steckt doch alle unter einer Decke!«, kicherte ich leise.
Abschied von den anderen
Aus dem Hotelrestaurant drang fröhliches Stammtischgebrumm. Als ich den Raum betrat, hieß der magere Rest der Reisegruppe mich willkommen. Katastrophen schweißen Menschen zusammen, dachte ich. Da waren sie wie Tiere, die sich bei einem Sturm eng aneinander drücken, um die Illusion von Geborgenheit und Schutz zu haben.
»Wie geht es Herrn Kondis?«, fragte Martha Maus. Ich gab ein knappes Bulletin zum Besten. Dann erzählte ich von unserem Plan.
»Warum wollen Sie beide Ajax Unbill suchen?«, wollte Pater Benedikt wissen. Seine Zunge war schwer, was ich dem Wein zuschrieb, der vor ihm stand. »Sollte man solche Dinge nicht lieber der Polizei überlassen?«
Daphne Laurenz hatte die Frage mitbekommen und trompetete quer über den Tisch: »Das dürfte wohl nicht der einzige Grund sein!«
Auch sie hatte mächtig gebechert und Schwierigkeiten mit der Artikulation. Ich hatte viel Verständnis für sie, manche Dinge lassen sich mit Alkohol leichter verkraften – wenigstens anfangs.
Ich überhörte die Anspielung und wandte mich wieder dem Pater zu. Bevor er morgen Richtung Heimat fliegen würde, musste ich noch eine Antwort von ihm bekommen. Ich hasste unerledigte Posten auf meinem Einkaufszettel.
»Lieber Pater«, begann ich und zog ihn vom Stuhl hoch, »meine Seele befindet sich in schönster Unordnung, weil ich die Antwort auf eine wichtige Frage nicht weiß.«
Seine Neugier war geweckt. Ich henkelte ihn unter, und wir schritten auf die Terrasse. Er war solche freundschaftlichen Berührungen nicht gewohnt, denn er verspannte sich etwas. Ich ließ seinen Arm los und baute mich direkt vor ihm auf. Im Garten begannen die Fledermäuse mit ihrer nächtlichen Beutetour.
»Was haben Sie damals in der kleinen Kirche im Pleistostal gemacht? Jetzt will ich die Antwort haben! Und belügen Sie mich nicht, denn der liebe Gott hört alles.«
Pater Benedikt lachte auf. »Ich wusste, dass Sie keine Ruhe geben würden. Ja, ich war da. Ich habe mich mit zwei Männern getroffen, die mir etwas übergeben wollten.«
»Und warum haben Sie daraus ein Geheimnis gemacht?«
Er zögerte. »Weil ich mich dumm angestellt habe«, meinte er nach einer Weile. »Die beiden Männer hatten bereits in Deutschland Kontakt zu mir aufgenommen. Sie boten mir eine verschollene Aristoteles-Handschrift zum Kauf an. Ein wertvolles Dokument, die mittelalterliche Abschrift eines Traktates des großen Politikers und Philosophen. Ich witterte eine Sensation und habe mich mit den beiden getroffen.«
»Und? Haben Sie die Handschrift gesehen?«
»Ja. Aber es handelte sich um eine plumpe Fälschung. Wertloses Zeug. Die beiden wollten mir trotzdem das Geld abnehmen, doch dann betraten Sie und wenig später Herr Kondis plötzlich die Kirche. Zum Glück haben die beiden die Beine in die Hand genommen, sonst wäre ich um 20.000 Mark ärmer.«
»Das ist ein Ding!«, staunte ich. »Warum haben Sie das nicht früher erzählt?«
»Es war mir peinlich. Ich kann heute nicht mehr verstehen, warum ich mich auf eine solche Räuberpistole habe einlassen können. Ich möchte Sie bitten, über die Sache Stillschweigen zu bewahren.«
Ich versprach es und atmete erleichtert auf. »Lassen Sie uns zu den anderen gehen. Es ist immerhin der letzte Abend einer Reise mit vielen merkwürdigen Ereignissen«, schlug ich vor.
Almuth Traunich und Martha Maus winkten uns heran. Die beiden Frauen hatten eine Ouzo-Flasche vor sich stehen. Aris und Costas unterhielten sich mit dem Hotelier. Sie sprachen vermutlich über das, was sie sahen: Angeheiterte Touristen – eine Plage, mit der Griechenland regelmäßig im Sommer zu kämpfen hatte.
Der Pater setzte sich zu den beiden Damen. Ich hatte eigentlich vor, mich in mein Zimmer zu verdrücken, doch Daphne Laurenz ließ mich nicht aus den Augen. Sie wollte Ärger machen und brauchte Publikum. Ihr blondes Haar war ungewaschen und fiel strähnig auf die Schultern.
Wie du willst, dachte ich und setzte mich zu ihr.
»Wo drückt der
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