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Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Titel: Grappa 06 - Grappa und der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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heranzukommen«, begann er. »Der Gesuchte hält Kontakt zu Ihnen, schickt Ihnen sogar Blumen ans Krankenbett.«
    »Gute Arbeit«, lobte ich. »Haben Sie rausgekriegt, wo er die Rosen bestellt hat?«
    »Natürlich. In dem Blumenladen unten im Krankenhaus. Er war höchstpersönlich da. Hat bar bezahlt und den Service gebeten, Ihnen die Blumen zukommen zu lassen. Und das alles unter den Augen der Polizei.« Liliencron seufzte und kippte den Underberg hinunter.
    »Wie sah er aus?«
    »Groß, kräftig gebaut, zwischen 30 und 50, dunkle oder blonde Haare, den Hut tief in die Stirn gezogen, Sonnenbrille. Die beiden Frauen im Blumenladen hatten unterschiedliche Erinnerungen an ihn. Solche Beschreibungen von El Lobo häufen sich in der Akte. Übereinstimmend ist nur, dass er groß und kräftig ist. Das reicht noch nicht einmal für ein Fahndungsbild.«
    »Und wie könnte ich Ihnen helfen?«
    Liliencron unterdrückte ein Rülpsen. »Sie müssen ihn überreden, sich mit Ihnen zu treffen.«
    Ich lachte. »Sie glauben doch wohl selbst nicht, dass er das tun wird.«
    »Oder finden Sie heraus, wo er sich aufhält. Was er als Nächstes tun wird … irgendetwas, das mir hilft, diesen gefährlichen Verbrecher aus dem Verkehr zu ziehen. Ich jage ihn seit fünf Jahren, ohne den geringsten Erfolg.«
    »Ich kann Ihnen nicht helfen«, stellte ich fest, »der Mann treibt ein Spiel mit mir, in dem er allein die Regeln bestimmt. Sie glauben doch sogar, dass er auf mich geschossen hat. Was, denken Sie, wird er tun, wenn ich versuche, ihn reinzulegen?«
    »Wir geben Ihnen Polizeischutz«, versprach Liliencron. Er schien selbst nicht von der Schlagkraft seiner Offerte überzeugt zu sein.
    »Das habe ich schon mal abgelehnt«, sagte ich. »Und dabei bleibt es auch.«
    Ich stocherte lustlos in der Torte herum. Sie schmeckte mir plötzlich nicht mehr.
    »Was war in Toledo?«, fragte der BKA-Mann unvermittelt.
    »Ich habe dort Urlaub gemacht, aber das wissen Sie ja schon. Toledo ist eine weltberühmte Stadt. Jedes Jahr fahren Hunderttausende von Touristen dorthin.«
    »Sie waren aber zum selben Zeitpunkt da wie El Lobo!«
    »Na und? Vergessen Sie's! Das war reiner Zufall. Nein, ich kann Ihnen wirklich nicht helfen.«
    Ich muss wieder an den Beginn der Story zurück, schoss es mir durch den Kopf, dort finde ich den Anfang des Fadens.
    Ich winkte der Kellnerin, um zu bezahlen. Mein Entschluss stand fest.
    Als die Bedienung kam, beglich Liliencron die gesamte Rechnung. Er gab sogar Trinkgeld. Ein echter Kavalier.

Hermanns letztes Großprojekt
    Die Gegend um Luise Lasottas Bungalow war sicher, sauber und solide. Hier gab es keine Graffiti, keinen Hundekot auf dem Trottoir oder bettelnde Drogenabhängige. Das Haus selbst war unschuldig weiß getüncht, der Garten mit dem Zirkel eingerichtet, der Rasen mit der Nagelschere geschnitten und mit der Zahnbürste gekämmt. Alles war arbeitsam, proper und gottesfürchtig.
    Amadeus Viep hatte mir den Termin bei seiner Schwägerin besorgt. Ich drückte den Klingelknopf, die Witwe öffnete und bat mich ins Wohnzimmer. Die Einrichtung war zugleich großbürgerlich als auch kleinfamilientauglich.
    »Ich freue mich, dass Sie Zeit für mich haben«, begann ich den Smalltalk, »und ich weiß auch, dass es Ihnen nicht leicht gefallen ist.«
    Die Witwe steuerte einen niedrigen Kirschholztisch an und deutete auf einen Biedermeiersessel. »Nehmen Sie bitte Platz«, bat sie, »ich hoffe, Sie mögen Earl-Grey-Tee.«
    Mit fingerlackierten Händen goss sie ein. Luise Lasotta wirkte heute nicht so grell wie bei der Ausstellungseröffnung. Sie trug kaum Schmuck, flache Schuhe und ein schlichtes Kostüm. Die blonden Haare wellten sich bis zu den Schultern.
    »Wo ist Poldi?«
    »Ein Nachbarskind geht mit ihm Gassi«, antwortete sie, »so sind wir ungestört. Was wollen Sie wissen?« Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück und fixierte mich.
    »Sie sind gemeinsam mit Ihrem Mann Gesellschafterin bei Hilfe ohne Grenzen«, begann ich, »wissen Sie über die Firma Bescheid?«
    »Nein. Mein Mann hatte das übernommen. Erst jetzt habe ich Gelegenheit, mich darum zu kümmern.«
    »Und? Wie ist die finanzielle Situation des Unternehmens?«
    »Bestens. Hermann hat es verstanden, die mildtätige Seite in den Menschen anzusprechen. Schade, dass er sein ehrgeizigstes Projekt nicht mehr vollenden kann.«
    Ich war ganz Ohr. »Welches Projekt?«
    »Den größten Hilfstransport, der jemals über die Straßen Europas gerollt ist«, sagte sie

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