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Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Titel: Grappa 06 - Grappa und der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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standen, »vielleicht ist er ja zu Hause und unsere Sorgen waren unnötig.«
    Doch nichts rührte sich. Brinkhoff gab der Hausmeisterin ein stummes Zeichen, indem er mit seinem kräftigen Kinn auf das Schloss deutete.
    Die Tür öffnete sich, eine verstörte, halbverhungerte Katze miaute kläglich und lief vor uns her. Ich blieb hinter Brinkhoff, in meinem Hals saß ein Knoten, der mir die Luft abdrückte.
    »Hier ist er«, sagte Brinkhoff lapidar. Willi Wurbs lag zusammengekrümmt auf einem Sofa. Die Katze miaute wieder und strich um meine Beine. Ich hob sie hoch und sprach leise auf sie ein. Sie begann zu schnurren.
    Der Kommissar sah sich den Körper auf dem Sofa näher an. »Er ist mindestens seit drei oder vier Tagen tot«, stellte Brinkhoff fest. »Nichts mehr zu machen. Ich werde die Kollegen rufen.«
    Mit einem Taschentuch nahm er den Telefonhörer auf und wählte. Ich hörte nicht zu. Reue überkam mich. Ich war schuld an Willis Tod, denn ich hatte ihn in die Sache hineingezogen. Ein trockenes Schluchzen entrann meiner Kehle. »Ich bin schuld«, schniefte ich. »Hätte ich ihn nicht überredet, mit mir in den Wald zu gehen …«
    Brinkhoff öffnete das Fenster. »Die Kollegen werden gleich hier sein. Merkwürdig, die Leiche hat sich gut gehalten. Na ja, in diesen modernen Wohnungen ist die Raumluft ziemlich trocken. Das konserviert.«
    »Was könnte passiert sein?« Meine Frage hörte sich kläglich an.
    »Ich tippe auf Vergiftung«, meinte Brinkhoff und blies den Rauch seiner Zigarette aus. »Die verkrampfte Haltung, die entstellten Gesichtszüge – alles spricht dafür. Die Gerichtsmediziner werden es schon herauskriegen. Wollen Sie vielleicht gehen? Immerhin war er Ihr Freund.«
    »Eher ein Kollege«, murmelte ich, »aber ich mochte ihn. Er war verdorben durch diesen Journalistenjob, doch er hatte einen guten Kern. Verdammt noch mal!«
    »Ich schau mich mal um«, sagte Brinkhoff, dem meine Gemütsaufwallung peinlich schien, »da drüben ist die Küche. Kommen Sie mit? Aber nichts berühren, bitte!«
    Brinkhoff ging voran. In der Küche gab es einen billigen Campingtisch und zwei Stühle, einen Küchenblock mit Arbeitsplatte, einen kleinen Kühlschrank, einen Zwei-Platten-Kocher und eine Kaffeemaschine. Eine Anzahl leerer Bierflaschen stand aufgereiht nebeneinander auf der Fensterbank, gleich neben vier Katzenfutterkonserven. Zwischen Futter und Bier war eine immergrüne Topfpflanze an Wassermangel dahingestorben.
    »Das darf doch nicht wahr sein!« Ich hatte etwas auf dem Küchentisch entdeckt, das mich fast umhaute: Eine Sachertorte, aus deren Rund zwei oder drei Stücke herausgeschnitten waren, thronte auf der Tischplatte. Schwarze Krümel und ein Brotmesser lagen daneben.
    Brinkhoff schaute mich überrascht an. Bevor er Fragen stellen konnte, schellte es. Das mussten die Spurensicherer sein. Der Hauptkommissar ging zur Tür und drückte auf. Wenig später hörte ich die Fahrstuhltür schlagen. Ich stand noch immer vor der Torte und konnte meinen Blick nicht von ihr lösen. Der Mörder wollte Willis Tod mit der mysteriösen Sachertorte in Verbindung bringen. Eine zynische Volte in einem tödlichen Spiel.
    Ich muss raus aus der Sache, dachte ich in aufflammender Panik, sonst liege ich demnächst auch noch so da. Noch einmal wird der Mörder nicht vorbeizielen. Ich rechnete durch. Willi war der vierte Tote – nach Carmen, Lasotta und vermutlich Carlotta Roja.
    Die Beamten polterten in die Küche. Natürlich war Liliencron auch dabei. Seit unserem gemeinsamen Kaffeetrinken schien er wieder Oberwasser bekommen zu haben. Der Pferdeschwanz lag locker auf einem blütenweißen Seidenhemd, das Jackett aus feiner Wolle hatte er lässig über eine Schulter gelegt. Und er schien ausgesprochen heiterer Stimmung zu sein, denn er lächelte süffisant.
    »Verehrte Frau Grappa«, säuselte er. Sein Adamsapfel begann mit seinem Tanz. »Sie sehen, was mit Leuten geschieht, die nicht mit uns zusammenarbeiten wollen. Vielleicht überlegen Sie es sich doch noch einmal …« Liliencron stockte. Er hatte die Sachertorte entdeckt.
    »Ihr Kollege und Sie haben wohl dieselbe Vorliebe für Schokoladentorten.« Seine Stimme war hart, das Lächeln kam nicht bis zu den Augen.
    Auch er ist ein Wolf, dachte ich, der darauf lauert, dass seine potenzielle Beute ihre Schwachstelle preisgibt. Und dann beißt er zu.
    Der BKA-Mann klaubte mit den Fingerspitzen ein paar Krümel vom Tisch, knetete sie und hielt sie an die Nase.
    »Eine Torte

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