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Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Titel: Grappa 06 - Grappa und der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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stolz, »fast 500 Lkw mit Hilfsgütern.«
    »Und wo sollen die hingehen?«
    »Das steht noch nicht fest.«
    »Wie bitte? Sie haben noch kein Ziel vor Augen?«
    »Nein.« Sie hob ihre Teetasse und ließ den Blick durchs Zimmer schweifen. »Es gibt so viel Elend auf dieser Welt. Und so viele Menschen, die dringend unsere Hilfe brauchen. Hermann hat sein Leben für die Linderung der Not anderer Menschen gegeben. Ich werde sein letztes Projekt fortführen.«
    »Allein – oder hilft Ihnen jemand dabei?«
    Luise Lasotta lachte. »Mein Schwager Amadeus hat mir seine Hand gereicht. Außerdem – die HoG hat rund 50 Mitarbeiter. Hoch qualifiziertes Personal.«
    Ich schlürfte den Tee. Amadeus saß also neuerdings mit im Boot. »Wer könnte Ihren Mann umgebracht haben?«, fragte ich.
    »Das wissen Sie doch genau, Frau Grappa!« Empörung bestimmte ihre Tonlage. »Der Killer, der Sie immer anruft. Das hat ja groß genug in der Zeitung gestanden.«
    »Das meine ich nicht. In wessen Auftrag könnte der Mann gehandelt haben?«
    »Neider gibt es überall. Mir ist nur aufgefallen, dass Hermann in den letzten Wochen vor seinem Tod völlig überarbeitet war. Er sagte mir, dass das nächste Projekt sein größtes und letztes werden sollte. Danach wollte er sich zur Ruhe setzen. Im Ausland.«
    »Wo im Ausland?«
    »Spanien. Irgendein Ort, an dem die Sonne scheint.«
    »Sagt Ihnen der Name Puerta del Sol etwas?«
    »Nein. Sollte er?«
    »Eigentlich schon«, antwortete ich, »das ist der Name einer Firma, die an der HoG beteiligt ist.«
    »Dann müsste ich sie eigentlich kennen«, gab sie zu, »aber ich habe ja erst angefangen, mich in die Geschäftsunterlagen einzuarbeiten.« Frau Lasotta stand auf. Ich nahm das als Zeichen für meinen Rückzug.
    »Darf ich Ihre Informationen für einen Zeitungsartikel verwenden?«, fragte ich.
    »Aber selbstverständlich, Frau Grappa«, lächelte sie, »ich habe nichts zu verbergen. Auf Wiedersehen!«
    Als ich durch den Garten schlenderte, peilte Leopold von Hohenschwanstein das Haus an. Wenigstens der Hund war mir erspart geblieben.
    Lasotta-Witwe: Hermann wollte weg, lautete die Schlagzeile am nächsten Tag im Bierstädter Tageblatt. Ich hatte meinen Krankenschein unterbrochen und in die Tasten gehauen. Zugegeben, ich hatte die Infos der Witwe ein bisschen aufgebauscht, doch der Text des Artikels hielt sich eng an die Wahrheit: Der vom Killer El Lobo getötete Hermann Lasotta, Direktor der Wohlfahrtsorganisation ›Hilfe ohne Grenzen‹, konnte sein ehrgeizigstes Projekt nicht mehr verwirklichen: Den größten Hilfskonvoi, den Europa jemals gesehen hat. 500 Lkw vollgepackt mit Spenden sollten noch vor dem Herbst auf die Reise gehen. Wohin? Darüber hüllt sich Luise Lasotta, die die Geschäfte ihres verstorbenen Mannes übernommen hat, in Schweigen: »Es gibt so viele arme Menschen, die unsere Hilfe brauchen.«
    Auf Anfrage des ›Bierstädter Tageblattes‹ räumt die Witwe ein, dass ihr Mann durch das Superprojekt sehr belastet war. »Er war völlig überarbeitet und am Ende seiner Kraft. Noch dieses Projekt, so sagte er, dann setzen wir uns in Spanien zur Ruhe.« Nach Informationen unserer Zeitung hatte sich Lasotta die Gegend um die spanische Stadt Toledo als Altersdomizil ausgesucht. Es ist tragisch, dass sich der letzte Wunsch dieses großen Mannes nicht mehr erfüllen wird.

Ein Mann für alle Fälle
    »Ich möchte eine Anzeige aufgeben«, teilte ich der Frau in der Geschäftsstelle des Bierstädter Tageblattes mit. Sie feilte sich zwar gerade die Nägel, hatte aber doch noch Zeit, ihren Kopf zu heben. »Welche Sparte?«, fragte sie.
    »Ich suche einen Mann«, erklärte ich.
    »Also Heirat oder nur Bekanntschaft?« Sie legte die Nagelfeile aus der Hand und näherte sich dem Tresen, der uns beide trennte.
    Der Mann, der hinter mir stand, begann zu kichern. Ich funkelte ihn wütend an.
    »Heirat oder Bekanntschaft?«, wiederholte die Angestellte.
    »Eher Dienstleistung.«
    »Berufe? Stellengesuche?«
    »Vielleicht. Hier habe ich den Text aufgeschrieben!« Ich reichte ihr einen Zettel. Der Mann, der noch immer hinter mir stand, versuchte über meine Schulter hinweg einen Blick auf das Papier zu werfen.
    Gemächlich studierte die Frau den Zettel. Ich sah ihr an, dass sie ins Grübeln kam. »Verschiedenes!«, stellte sie dann fest.
    »Wie bitte?« Ich war irritiert.
    »Das läuft unter ›Verschiedenes‹. Einspaltig? Fett? Kursiv? Im Kasten?«
    Sie war eine Meisterin der kurzen Ansprache. Als ich

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