Grappa 09 - Grappa-Baby
die Dinger einfach so essen kannst«, wunderte sich Jansen und verzog das Gesicht.
»Kein Problem für mich«, keuchte ich.
Die Schärfe begann, meinen Mundinnenraum zu verätzen. Die Augen tränten, eine Hitzewelle ergriff mich. Ich schloss die Augen und lehnte mich zurück. Das Bild von Nik und Liesel pochte in meinem Gehirn. Ob er denselben Weißwein bestellt hatte, den wir immer tranken? Ob er sie mit Weißbrot fütterte, wie er es bei mir immer tat? Verdammter Schmerz, verfluchter Hass, würdelose Eifersucht.
»War wohl doch ein bisschen scharf?«, hörte ich Jansen sagen.
»Was nicht umbringt, macht härter«, krächzte ich. Meine Augen tränten noch immer. Wenn er mich betrügt, dachte ich, schmeiß ich ihn raus. Aber hochkant.
Schaumbällchen
Wenn ich an Nik dachte, war es so, als würde ein scharfer Stein an meinem Herzen kratzen. Diesen Schmerz würde ich nicht lange aushalten können, denn ich hasste es zu leiden. Menschen, die mich quälten, hatte ich bisher aus meinem Leben entfernt, und noch nie hatte es ein Zurück für sie und für mich gegeben.
Frustriert beendete ich meinen Artikel. Nur der jahrelangen Routine hatte ich es zu verdanken, dass ich überhaupt fertig geworden war.
Verzweifelter Ehemann wollte sein Leben beenden – Gerettet!, titelte ich.
Er hatte vor, mit seiner Frau Geburtstag zu feiern, doch die Bewacher vor der Tür ließen ihn nicht zu ihr. Da drehte Frank Faber durch. Er schlug die Wachen nieder und drang gewaltsam ins Krankenzimmer seiner Frau Kristin ein, die heute 36 Jahre alt wurde. Seit einem Autounfall vor fünf Monaten liegt Kristin Faber im Koma, seit drei Monaten ist sie schwanger – sie wurde von einem Unbekannten vergewaltigt.
Doch Frank Faber hat seine Frau gestern Nacht nicht allein besucht. Ein Unbekannter hatte im Zimmer und auf dem Bett der Frau dunkelrote Rosen verteilt. Das war zu viel für den verzweifelten Mann. Er kletterte aufs Dach der Klinik und wollte sich in die Tiefe stürzen. Fabers Schwester – von der Polizei alarmiert – konnte ihren Bruder vom Selbstmord abhalten. Frank Faber befindet sich nun in stationärer Behandlung in einer Bierstädter Nervenklinik. Der Kriminalpolizei ist es bisher nicht gelungen, den Verbrecher, der die hilflose Frau missbraucht hat, zur Verantwortung zu ziehen.
Ich speicherte den Artikel, wartete, bis Peter Jansen sein Okay gegeben hatte, goss meine Pflanzen auf dem Fensterbrett hinter meinem Schreibtisch und räumte ein bisschen auf. Ich hatte Angst, nach Hause zu gehen. Was würde mich erwarten? Ein gut gelaunter Nik, der besonders nett zu mir war, weil er ein schlechtes Gewissen hatte?
Egal, dachte ich, nimm's, wie es kommt. Mit Würde und Stolz, kein Gezeter und Gezerre.
Die zehn Minuten Autofahrt zu meiner Wohnung schienen länger als sonst. Ich steckte den Schlüssel ins Schloss der Wohnungstür und trat ein.
Musik schallte mir entgegen. Nik hatte Beethovens Violinkonzert in D-Dur, Opus 61, aufgelegt, gerade begann das Larghetto . Das war ein gutes Zeichen.
Ich ging in die Küche, da war er nicht. Auch nicht im Wohnzimmer. Beklommen pirschte ich zum Schlafzimmer, legte mein Ohr an die Tür. Nichts. Leise drückte ich die Klinke hinunter. Das Zimmer war dunkel, die Betten leer. Ich atmete tief.
»Hallo«, erlöste mich eine erfreute Stimme, »ich bin im Bad.«
Nik lag in der Badewanne inmitten riesiger Schaumwolken und grinste. Im Raum lag der Duft meines Luxusschaumgels.
»Du badest?«, fragte ich entgeistert. Sonst duschte er lieber.
»Mir war eben danach«, behauptete er und setzte sich ein schaumiges Krönchen auf. »Komm rein, es gibt was zu trinken.«
Er hatte eine Flasche Prosecco im Sektkühler neben der Wanne deponiert.
Ich starrte ihn noch immer an. Nik war bester Laune, sein Blick war offen, die Stimme wie immer.
»Gibt's was zu feiern?«, fragte ich misstrauisch.
»Den Abend zu zweit«, strahlte er. »Frank ist in der Klapse, und Libussa hab ich heute Mittag schon in die Wüste geschickt.«
»Libussa?«
»Die große Blonde mit den – Zitat Grappa – ›großen Ohren‹. Du erinnerst dich dunkel an sie?«, witzelte Nik und begann, mich mit Schaumbällchen zu bewerfen.
»Und was war mit ihr?«
Nik tauchte mit dem Kopf unter Wasser. Nach einer Weile kam er prustend wieder an die Oberfläche. »Libussa stolzierte heute Mittag ins Präsidium und machte ein Riesenaufsehen«, erzählte er. »Jeden, den sie auf dem Flur traf, fragte sie nach mir. Schließlich erboten sich gleich
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