Grappa 10 - Zu bunt für Grappa
dagegen, Ihnen ein paar Informationen zu geben – so von Kollege zu Kollegin.«
Ich schluckte. Am liebsten hätte ich ihn vors Schienbein getreten, doch er schien einiges mehr zu wissen als ich.
»Wie heißt der Mann?«
»Dr. Eugen Stenzel.«
»Und weiter?«
»65 Jahre, pensionierter Beamter aus Bonn. Stammgast beim großen Spiel – also Roulette.«
»Woher wissen Sie das?«
»Der Tote hatte Papiere im Jackett. Nachdem er mir entgegengefallen ist, hab ich seine Brieftasche gefilzt.«
»Ganz schön clever«, erkannte ich an. »Und woher wissen Sie, dass er Beamter war?«
»Ich hab eine Maus aus der Verwaltung des Casinos gebeten, mal den Computer zu bemühen.«
»Welchen Computer?«
»Beim Roulette werden die Spieler mit ihren Personalien registriert – das ist gesetzlich vorgeschrieben. Stenzel war bei der Europäischen Union für die Vergabe von Fördermitteln zuständig – ich hab mich bereits erkundigt. Er lebt von seiner Ehefrau getrennt, hat sich aber aus dem Ausland eine neue Schnalle mitgebracht. Er wollte sein Leben endlich mal richtig genießen. Und jetzt ist der arme Tölpel tot.«
»Ist er erschossen worden?«
»Sah nicht so aus. Ich glaube, ihm wurde der Schädel eingeschlagen.«
»Und jetzt sagen Sie mir noch, was Sie überhaupt hier gemacht haben – morgens, wenn überhaupt noch keine Zocker an Bord sind.«
»Ich wollte mich mit einem Informanten hier treffen.«
»Die Autoschieberbande?«
»Ich sagte Ihnen schon mal, Frau Grappa, dass es nicht nur um Autoschiebereien geht«, korrigierte mich Thaler. »Es geht um ein international agierendes Verbrecherkonsortium.«
»Glauben Sie, dass der Mord an Dr. Stenzel mit Ihrer Recherche zusammenhängt?«
Thaler kam nicht dazu zu antworten, denn mein Handy klingelte. Ich kramte in meiner großen Tasche danach und fand es rechtzeitig, bevor der Anruf an die Mailbox weitergeleitet wurde.
»Hallo?«
»Tut mir Leid, dass ich mich einfach so davon gemacht habe«, sagte Antonio Cortez.
»Wo bist du?«, rief ich entgeistert aus.
»Das ist nicht wichtig. Ich weiß auf jeden Fall, wo du dich gerade aufhältst.«
»Ach ja?«
»Schau dir an, was Stenzel früher gemacht hat – als er noch aktiv war. Und kümmere dich auch um sein Privatleben.«
»Sonst noch Wünsche?«, blaffte ich. Verstohlen sah ich mich um, konnte Cortez aber nirgends entdecken. »Hast du was mit dem Tod von Stenzel zu tun?«, legte ich nach.
»Wir werden uns wieder begegnen«, ignorierte er meine Frage.
»Darauf kann ich verzichten«, sagte ich wütend. »So wie du hat mich noch kein Mann verarscht.«
»Ich werde es dir erklären.«
»Du kannst mich mal.« Ich beendete das Gespräch.
»Wer war das?«, fragte Boris Thaler mit unverhohlener Neugierde.
Ich antwortete nicht, sondern warf ihm nur einen bösen Blick zu.
»Ist ja gut!«, lächelte er. »Jedem seinen eigenen Beziehungsstress. Nur ein Mörder sollte es nicht gerade sein. Aber jeder hat seinen eigenen Geschmack. Ich für meinen Teil muss jetzt los. Die Maus aus der Spielbank wartet auf mich. Ich habe ihr eine Probefahrt in meinem Sportwagen in Aussicht gestellt. Und versprochen ist versprochen.«
»Ach ja? Ist ja ein genialer Trick! Haben Sie den erfunden?«
Er verstand die Ironie nicht, was ihn mit einigen Schmalspur-Machos in meinem Bekanntenkreis verband.
»So sind die Frauen nun mal«, seufzte Thaler. »Es ist immer dasselbe. Ich hab nur irgendwas von Sportwagen, Sonnenuntergang und Horizont gefaselt und schon hat sie mir alles gesagt, was ich wissen wollte. Und jetzt hab ich die Kleine am Hals.«
»Tragen Sie's mit Fassung«, riet ich. »Journalismus bedeutet halt Aufopferung und körperlichen Einsatz.«
Thaler nickte, seufzte erneut und trollte sich.
Grübelnd ging ich zu meinem Auto. Der Fotovolontär rückte an und meinte, dass er genug Bilder im Kasten habe. Ich schaute mich um. Die Polizisten waren abgezogen, sogar der Wagen des Opfers war abgeschleppt worden. Langsam füllte sich der Parkplatz wieder mit neuen Fahrzeugen, denen die nächsten Kunden entstiegen, die ein bisschen Geld aus dem Glückstempel holen wollten.
The show must go on ... Der Automatensaal für die Hausfrauen und Rentner, Roulette und Bakkarat für die pensionierten Beamten.
Ich dachte an Antonio Cortez. Der blonde Argentinier hatte mit dem Tod von Kolatschke und Neumann zu tun und er hatte vielleicht auch Dr. Eugen Stenzel auf dem Gewissen. Es wurde Zeit, dass ich mich nach Südfrankreich absetzte.
Da fiel mir die
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