Grappa 10 - Zu bunt für Grappa
Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft wieder ein. Die wollte ich auf jeden Fall noch mitnehmen, auch wenn ich nicht damit rechnete, noch etwas Neues zu erfahren.
Es ist nicht meine Absicht, mich zu schonen, auf Gemütserregungen und Schwierigkeiten viel Rücksicht zu nehmen – es ist mir ziemlich gleichgültig, ob ich länger oder kürzer lebe ...
Tote Indianer
Ich sollte Recht behalten. Der Oberstaatsanwalt hielt sogar mit dem Namen des Toten hinter dem Berg. Er bezeichnete ihn als »Pensionär«, was ja auch nicht direkt gelogen war. Zum Glück hatte ich bessere Informationen als die meisten Kollegen – auch wenn sie nicht auf meinem Mist gewachsen waren. Auf jeden Fall wollten die Behörden die Sache herunterspielen, sie als ganz »normalen« Raubmord ohne irgendwelche Hintergründe darstellen. All das sprach dafür, dass es sich tatsächlich für mich lohnen könnte, mich um Stenzels Privatleben zu kümmern.
Es war ziemlich spät, als ich in der Redaktion eintraf. Jansen wartete auf meine hundert Zeilen. Ich gab mir keine besondere Mühe mit den Formulierungen, schilderte alles möglichst sachlich, folgte der Vermutung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des brutalen Raubmords. Dann suchte ich die Fotos für den Artikel aus.
»So, Grappa, das war's«, rieb sich Jansen zufrieden die Hände, als das Blatt fertig war. »Gehen wir noch einen heben?«
Ich schaute auf die Uhr. Es war fast zehn.
»Nö, lass mal«, sagte ich. »Ich will mich noch um eine andere Sache kümmern.«
»Kolatschke?«
»Sicher. Du weißt doch, dass ich's nicht lassen kann, wenn ich mich mal in eine Sache verbissen habe. Außerdem ...« Ich zögerte.
»Was – außerdem?«
»Es kann sein, dass es eine Verbindung zwischen Kolatschke und Stenzel gibt. Und zwischen dem Vorfall in der Provence und der Autoschieberbande, an der Thaler dran ist.«
»Oh, Grappa«, stöhnte Peter Jansen und zog sich den Mantel an. »Jetzt siehst du Gespenster. Oder – hast du irgendwelche Hinweise, von denen ich nichts weiß?«
»Setz dich noch mal«, bat ich. »Dann erzähl ich's dir.«
»Dann lass uns ins Swabedoo gehen«, schlug er vor. »Da krieg ich mein Mineralwasser, du deinen Wein und ein paar Tapas können wir uns auch noch reinziehen.«
Die Aussicht auf einen spontanen Abend in meinem Lieblingsrestaurant, das eigentlich eine Mischung aus Esstempel, Bistro und Bar war, ließ meine Laune steigen. Ich hatte noch immer Cortez im Kopf und – ich musste es zugeben – die Erinnerungen an diese eine tolle Nacht.
Im Swabedoo war es wie immer brechend voll, es wurde wie immer zu viel geraucht – aber die Leute, die sich hier trafen, waren nett und das Ambiente unkompliziert. Wir ergatterten einen Tisch in der Nähe des Tresens und ich orderte per Handzeichen einen Prosecco zum Einstieg, Jansen nahm ein alkoholfreies Bier.
»Also, dann schieß los«, sagte er und griff nach einem Stück Fladenbrot.
Ich gab ihm eine Kurzfassung der Ereignisse, ›vergaß‹ aber zu erwähnen, dass ich Antonio Cortez näher gekommen war, als es sich für eine sauber recherchierende Journalistin gehörte.
»Das ist ein bisschen dünn«, bewertete Jansen meinen Bericht. »Die einzige Verbindung zwischen Kolatschkes Tod und dem Mord an Stenzel ist also der Anruf eines Mannes, der sich dir unter falschem Namen vorgestellt hat?«
»Ich stehe ja erst am Anfang«, gab ich zu. »Ich muss diesen Cortez finden und ich muss mehr über Stenzel wissen. Und dann gibt es da noch das Foto.«
»Foto?«
Ich schnappte eine Peperoni und ließ sie in meinen Mund gleiten.
»Die alte Frau, die Katze und le petit chou-chou «, erklärte ich. »Cortez hatte das Bild in seinem Atelier, er lebt in Südfrankreich und ich hatte dort eine Begegnung mit dem braunen Hund, die du ja schon kennst.«
»Dieser komische Hund?« Jansen schaute mich an, als hätte ich sie nicht alle.
»Ich kann's dir nicht so richtig erklären – aber mein Gefühl sagt mir, dass ich die Spur in der Provence aufnehmen muss.«
»Grappa, jetzt hör mir mal gut zu.« Jansen wurde ernst und dienstlich. »Ich lasse dich nur nach Frankreich fahren, wenn du mir mehr präsentieren kannst als einen braunen Hund, mit dem du dich angelegt hast. Ist das klar?«
»Ich fliege übermorgen«, sagte ich bestimmt. »Du hast meinen Urlaubsantrag unterschrieben.«
»Keine Spesen – ich werfe das Geld unseres Verlages nicht für Hirngespinste heraus.«
»Gut. Dann arbeite ich auf Erfolgsbasis.«
»Was soll das nun wieder
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