Grappa 10 - Zu bunt für Grappa
sein.«
Sterner stellte den Ölschinken wieder ab, kicherte plötzlich. »Hat denen aber nichts genutzt ...«
»Wie meinen Sie das?«
»Die Firma ist inzwischen bankrott. Alle Leute arbeitslos. Und der Chef ist ihnen noch drei Monatsgehälter schuldig. Deshalb bin ich auch auf dem Bild sitzen geblieben.«
Da fiel mir das Foto von der alten Frau mit der Katze auf dem Schoß und dem großen braunen Hund mit der weißen Pfote wieder ein. Ich fragte Sterner, ob ihm die Frau bekannt sei, doch er erinnerte sich an kein Foto.
»Ich würde Sie gern mal malen«, behauptete er. »Etwa im Stil der jungen Wilden oder ... im Stil von van Gogh. Ja, das würde gut zu Ihnen passen.«
Ich dachte an die wilden Pinselstriche des genialen Malers, der seine Spuren im südlichen Frankreich, ausgerechnet in der Provence, hinterlassen hatte.
»Würden Sie mir mal Modell stehen?«, unterbrach Sterner meine Gedanken. »Ich würde Sie furchtbar gern malen.«
»Keine Zeit«, sagte ich. »Ich plane gerade eine Reise.«
»Ihr rotes Haar und der weiße Teint.« Der Mann geriet ins Schwärmen. »Die Linie Ihres Halses und die makellose Haut Ihrer Schultern...«
Ich hatte genug von der Sülzerei. Sterner begann zu ner-ven. »Wo lebt dieser Cortez?«, versuchte ich abzulenken.
»Normalerweise in Frankreich – glaube ich. Südfrankreich. Provence.«
Immer wieder Provence, dachte ich, das kann kein Zufall sein. »Cortez ist aber ein spanischer Name.«
»Seine Familie stammt aus Argentinien. Das hat er mir mal erzählt.«
»Kennen Sie die genaue Adresse?«
Sterner verneinte. »Die Miete hat er bar bezahlt. Ich hab nicht weiter danach gefragt – die Steuer – Sie verstehen?«
Ich verstand. Müde und frustriert ging ich zur Tür. »Wissen Sie wenigstens seinen Vornamen?«, fiel mir noch ein.
»Nein ... oder vielleicht doch. Ich hab ihn mal telefonieren gehört. Er hat ein Handy. Er heißt mit Vornamen ... Antonio.«
Antonio Cortez also.
»Was ist mit einem Termin für ein Porträt?«, rief mir Sterner nach. »Es kostet Sie keinen Pfennig ...«
Die Kunst verlangt hartnäckiges Arbeiten, ein Arbeiten allem zum Trotz, und eine fortwährende, stete Beobachtung.
Nicht nur Kaviar
Auf dem Weg zur Redaktion dachte ich nach. Was wusste ich nun über Antonio Cortez? Er war Künstler, vermutlich Bildhauer, sein Körperbau und seine Hände sahen nach schwerer Arbeit aus. Er war kultiviert und ziemlich belesen, sprach perfekt deutsch, vermutlich spanisch und sicher französisch. Er stammte aus Argentinien, lebte aber in der Provence.
Ich bog auf den Parkplatz des Verlagshauses ein. Als ich aussteigen wollte, bemerkte ich Boris Thaler. Er stand vor seinem silbernen Roadster BMW Z 3, den Autoschlüssel schon in der Hand, und schien auf mich zu warten.
»Herzlichen Dank, Frau Grappa«, zischte mich der Schnösel an, »das habe ich wohl Ihnen zu verdanken.«
»Was denn?« Ich setzte eine unschuldige Miene auf.
»Das wissen Sie genau!« Sein hübsches Gesicht war nicht mehr so hübsch.
»Sie sprechen in Rätseln«, meinte ich grob. »Sagen Sie, was Sie wollen, und dann setzen Sie sich in Ihren Machoschlitten und machen sich vom Acker.«
»Die Politikerserie!« Seine Nasenflügel bebten. »Meine Autoschieber sind von Jansen vorläufig auf Eis gelegt worden. Soviel ich weiß, sollten Sie die Serie schreiben und nicht ich ...«
»Man kann im Leben nicht immer gewinnen«, grinste ich schadenfroh. »Ich habe im Moment wichtigere Dinge zu tun und ...«
»Ich auch«, blaffte er. »Deshalb habe ich gekündigt.«
Ich hörte wohl nicht recht. »Was haben Sie?«
»Gekündigt«, wiederholte Thaler. »Meine Recherchen über die Autoschieberbande nehme ich allerdings mit.«
»Wegen der paar Nobelkarossen geben Sie Ihre feste Stellung auf? Sie müssen nicht ganz bei Trost sein!«
»Das lassen Sie mal meine Sorge sein, Frau Kollegin.« Thaler hatte die Arroganz-Maske wieder angelegt. »Die Autoschieberei ist nur die Spitze vom Eisberg. In Wahrheit geht es um einen international agierenden Konzern, der Drogen schmuggelt, Autos verschiebt, Auftragsmorde ausführt, Geld wäscht und den Kunsthandel beherrscht.«
»Kunsthandel?« Ich wurde aufmerksam.
»So ist es. Wenn Sie einen Van-Gogh aus einem Museum haben wollen und bereit sind, ein paar Millionen hinzulegen, kriegen Sie das Bild.«
»Das hört sich gut an«, murmelte ich.
»Sie denken an Kolatschke, nicht wahr?«
»Ach wo.« Thaler wurde zu neugierig.
»Ich weiß, dass Sie an Kolatschke
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