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Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Titel: Grappa 10 - Zu bunt für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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machen.«
    »Fehler? Was ist das?«
    Thaler lachte. »Okay. Sie sollten jetzt einen Flug buchen. Am besten nach Marseille, dann nehmen Sie sich einen Mietwagen und fahren nach Arles. Ich wohne hier im Hotel Nord Pinus , direkt am Place du Forum .«
    Das war gegenüber dem Café, das van Gogh bei Nacht gemalt hat, fiel mir ein.
    »Also? Wann können Sie hier sein?«
    »Kommen Sie zu mir«, schlug ich vor. »Ich wohne in Saignon – im Lubéron. Unsere Spur beginnt in diesem Ort, auf einem Felsen, auf dem ein großer brauner Hund wohnt.«
    »Was? Sie sind bereits hier?«
    »So ist es. Also – starten Sie morgen früh. Ich wohne in einem Ferienhaus. Haben Sie ein Auto?«
    »Glauben Sie, dass ich meinen Roadster einsam und ohne Betreuung in der Heimat zurück lasse?«
    »Oh, pardon . Wie konnte ich nur darauf kommen, dass Sie so roh zu Ihrem Schatz sein könnten?«
    Ich beschrieb ihm den Weg, erfreute mich an den süßen Leckereien, nahm einen weiteren mittelgroßen Pastis mit Eis und warf zwei Aspirin ein. Dann verriegelte ich das Haus, ging ins Bad, bezog mein Bett und fiel hinein.

Es ist erstaunlich, wie gut es mir körperlich geht, aber deshalb darf man noch nicht glauben, dass es geistig ebenso wäre.
    Der Duft des Lavendels
    Mein Schlaf war tief und ohne Störungen. Ich träumte von einem Maler, der van Gogh ähnelte, dessen Gesicht sich aber im Verlauf des Traumes in das von Cortez verwandelte. Van Gogh erschien mir halb verrückt, Cortez dagegen sehr vernünftig und durchsetzungswillig. Und ein großer brauner Hund tobte vergnügt durchs Gelände und wollte mich in die Waden beißen. Ich nannte ihn wieder mon petit chou-chou und er kniff mir ein Auge zu.
    Heiterer Laune duschte ich, lief mit nassen Haaren und nur mit einem Badetuch bekleidet nach unten in die Küche. Als ich die Flügeltür zum Garten öffnete, blendete mich ein gleißendes Licht.
    Das muss die Sonne sein, schloss ich messerscharf und trat ins Freie. Endlich konnte ich erkennen, wo ich gelandet war.
    Vor mir der Steintisch, an dem ich gestern Abend so göttlich gespeist hatte. Erst jetzt sah ich, dass er unter einem alten Maulbeerbaum stand, dessen tieflila Früchte abgefallen waren und ihre Spuren auf Tisch und Terrasse hinterlassen hatten. Die Farbtupfer waren karminrot und wirkten wie mit virtuosen Pinselstrichen aufgetragen, an manchen Stellen waren sie – durch Sonne und Wind ausgebleicht – nur noch schwach zu erkennen, andere sahen aus wie von van Gogh aufgetragen – schwer, pastos und mit heftigem Strich.
    Einige Meter von der Terrasse entfernt schimmerte ein voll erblühtes Lavendelfeld. Der Wind wehte einen Hauch des Duftes zu mir. Ich knipste eine Blütenrispe ab, zerrieb sie zwischen den Fingern und sog den unvergleichlichen Duft ein. Ich stieg mitten in das Feld, die rauen Blüten reichten fast bis an meine Knie, ihre Rauheit kitzelte meine nackten Beine.
    Und dann dieser Blick aufs Dorf! Der Fels erhob sich mächtig über den Häusern, der Himmel war tiefblau, davor die rotbraunen Steine und die ziegelroten Dächer der natursteinernen Bauten. Schon bei meinem ersten Besuch hatte ich mich immer wieder an diesem Blick ergötzt – der Zauber war noch da.
    Ich schlenderte weiter durch den Garten. Ein in den Boden gemauertes Wasserreservoir war halb gefüllt mit einer abgestandenen Brühe, auf der Algen schwammen. Er war eingezäunt von mannshohem Kirschlorbeer. Vermutlich diente die Wasserstelle der Pflege des Lavendelfeldes bei Trockenheit.
    Der Rest des Terrains war ziemlich verwahrlost. Die Natursteinmauer, die das Anwesen notdürftig umschloss, wies große Lücken auf, war zum Teil verfallen, in den Ritzen wuchsen Thymian und Mauerpfeffer, aber auch winzige Schwertlilien, die bereits abgeblüht waren.
    Auch Bauschutt war hier achtlos hingeworfen worden. Ich ging zu einem großen Stein, der in Schieflage an einem kleinen Hang lehnte. Es war ein alter Grabstein aus dem hier üblichen Kalkstein. Ici repose – war zu lesen – und ein Frauenname: Mme Arlette Ginoux . Ich rechnete nach: Sie war 1890 gestorben und 49 Jahre alt geworden.
    Sie könnte van Gogh gekannt haben, schoss es mir durch den Kopf. Wie mochte diese Frau gelebt haben? Der Grabstein war einfach, ohne Verzierungen und schwülstige Endzeitverse. Ich stellte mir vor, dass sie eine Bäuerin gewesen war, die auf dem Feld oder im Obstgarten hart gearbeitet hatte. Dann könnte van Gogh sie tatsächlich gemalt haben, denn er hatte wenig Geld für Modelle, er malte die

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