Grappa 10 - Zu bunt für Grappa
stutzte und begriff endlich. Er stand auf, schlenderte betont langsam in die Küche, kam mit einem leeren Weinglas zurück und goss ein.
»Sehen Sie! Es geht doch.« Ich nahm einen Schluck. »Und da sage noch einer, Typen wie Sie wären nicht lernfähig.«
Ich prostete ihm zu, er lächelte gequält.
»Zum Wohl! Und jetzt erzählen Sie, was Sie rausgekriegt haben. Und danach zeige ich Ihnen Ihr Zimmer.«
Ich kann nichts daran ändern, dass meine Bilder sich nicht verkaufen. Doch es wird der Tag kommen, wo man sehen wird, dass sie mehr wert sind als die Kosten für die Farben und für mein doch recht kümmerliches Leben.
Millionenschwer
Thaler hatte sich Joe Sterner noch einmal vorgenommen. Keine schlechte Idee, wie ich fand, zumal sie auch noch von Erfolg gekrönt war. Sterner – als Maler nicht nur auf Porträts, sondern auch auf Kopien alter Meister spezialisiert – hatte Thaler etwas von einem echten Van-Gogh erzählt, der in einer privaten Sammlung in Frankreich aufgetaucht war und den noch niemand zu Gesicht bekommen hatte.
»Es interessieren sich sowohl Museen als auch Händler für dieses mysteriöse Bild«, berichtete Thaler. »Und als Sterner ein internationales Verbrechersyndikat erwähnte, das bereits seine Fühler nach dem Bild ausgestreckt hatte, wurde mir klar, dass Ihr dubioser Freund etwas damit zu tun haben muss. Dieser Cortez.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Er war sehr interessiert an Kolatschke und seiner Freundin. Die beiden wiederum hatten Kontakt zu Stenzel – aber das wissen Sie ja selbst. Sie haben doch mit Stenzels Freundin gesprochen, oder?« Er lächelte arrogant und genoss seinen Informationsvorsprung.
»Und Cortez soll dem Syndikat angehören?«
»Ja. Der Van-Gogh ist in der Provence aufgetaucht. Vielleicht hat Kolatschke das Gemälde gesehen oder wusste, wo es sich befindet. Cortez hatte Kontakt zu Kolatschke, bevor der sich in Saignon erschoss.«
»Das weiß ich auch. Cortez hat behauptet, von Kolatschke bestohlen worden zu sein.«
Ich nahm noch einen Schluck Wein. Alles scheint logisch zu sein, dachte ich traurig, Cortez hatte mich nur benutzt, um herauszukriegen, wie viel ich wusste. Ich beschloss, die Nacht im Atelier in meiner Erinnerung auszumerzen.
»Ist noch Wein da?«, fragte Thaler.
»Im Kühlschrank.«
»Gut.«
Thaler überlegte ein paar Sekunden, ob er sich höchstselbst erheben sollte, sah dann aber wohl ein, dass er nicht mit mir rechnen konnte, denn er schob ab.
Ich sah ihm nach. Seine Recherche war logisch angelegt. Doch gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht.
»Gibt es einen ernsthaften Interessenten für das Bild?«, fragte ich, als Thaler mit der Flasche in der Hand zurückgekehrt war.
»Es ist die Rede davon.«
Er versuchte, den Korken aus der Flasche zu ziehen, doch er zerbröselte. Teile von ihm gelangten in die Flüssigkeit.
»Für einen Mann entkorken Sie Weinflaschen ziemlich dilettantisch. Ihre Motorik ist ziemlich grob.«
»Nicht immer, Frau Grappa«, gab Thaler an. »Wenn ich den Schalthebel meines Roadsters fühle, dann ...«
»Ja, ja – ich weiß«, gähnte ich. »Dann ist ein Mann ganz Mann – oder so ähnlich.«
»Exactement!«
»Also – wer ist hinter dem Van-Gogh her?«, wiederholte ich meine Frage von eben.
»Der Mann heißt Fournier. Albert Fournier. Er soll einer der Bosse des Syndikats sein.«
»Will er es stehlen, um es wieder zu verkaufen?«
»Nein, nein«, wehrte Thaler ab. »Fournier sammelt selbst. Er will es auf jeden Fall haben – so hörte ich. Aber ...«
»Was aber?«
»Es wäre möglich, dass man uns auf eine falsche Spur setzen will ... und Ihr Freund Cortez das Ganze eingefädelt hat, weil er den Preis in die Höhe treiben will. Wer weiß, ob das Bild wirklich echt ist.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Künstler sich an solchen Betrügereien beteiligt«, wandte ich ein. »Cortez ist Bildhauer und liebt die Kunst.«
»Das Geld wird er auch lieben«, widersprach Thaler. »Außerdem – es gibt genügend Beispiele dafür, dass besonders Künstler beim Kunstbetrug mitmischen. Vor etwa fünf Jahren zum Beispiel, da stand eine russische Kunstexpertin vor Gericht. Sie war Fachfrau für die so genannte Leningrader Schule beim Pariser Auktionshaus Drouot. Unter ihrer Anleitung hatten rund dreißig russische Maler wie am Fließband Landschaftsgemälde im Stil des Postimpressionismus und der russischen Avantgarde produziert. Die Frau hat die Fälschungen als echt deklariert und das Auktionshaus
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