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Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Titel: Grappa 10 - Zu bunt für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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hat die Bilder jahrelang versteigert – und dabei einen ganz schönen Schnitt gemacht.«
    »Und das ist niemandem aufgefallen?«
    »Ist es – aber die Kritiker wurden lächerlich und mundtot gemacht. Doch dann haben Kunsthistoriker in Veröffentlichungen das massive Auftauchen russischer Klassiker auf dem Kunstmarkt moniert. Drei Jahre lang haben sich die Maler die Finger wund gemalt – dann flog die Sache endgültig auf. Die Polizei konnte 4.000 Bilder beschlagnahmen. In Hongkong und Thailand gibt es ebenfalls Fälscherwerkstätten, die alles malen, was das kunstbeflissene Herz begehrt.«
    »Sie sind wirklich gut informiert«, staunte ich. »Wie reagieren die Betrogenen eigentlich auf die Wahrheit? Da glaubt man, einen Matisse oder Vermeer im Safe zu haben – und erfährt dann, dass das Bild von einem chinesischen Kunststudenten zusammen gepinselt worden ist.«
    »Viele Sammler wollen nicht wahr haben, dass sie reingelegt worden sind, und schweigen. Andere wenden sich an den Händler, bei dem sie das Gemälde gekauft haben. Wenn der seriös ist, wird der Kaufvertrag wegen eines – wie heißt es noch mal? – erheblichen Mangels aufgehoben. Ein redlicher Händler wird das Corpus Delicti aus dem Verkehr ziehen, andere warten etwa fünf bis zehn Jahre – und wenn Gras über die Sache gewachsen ist, wird die Fälschung erneut angeboten – in einem anderen Land vielleicht.«
    »Und wie läuft das bei Diebstählen von Bildern berühmter Meister? Jemand, der einen Van-Gogh oder Rembrandt stehlen lässt, hängt seine Beute bestimmt nicht in die Kellerbar – damit alle Welt die Sachen wieder erkennt. Was macht es also für einen Sinn, ein weltberühmtes Bild zu klauen?«
    »Es passiert trotzdem. Aus einem römischen Museum sind vor einem knappen Jahr zwei berühmte Van-Gogh-Bilder gestohlen worden, eins hieß Der Gärtner , das zweite ist in der ganzen Welt bekannt. Es handelt sich um ein Porträt der Madame Ginoux. Es stammt vom Anfang des Jahres 1890 – und ist wenige Monate vor van Goghs Selbstmord entstanden. Von drei fast identischen Ginoux-Porträts gilt das gestohlene als das großartigste – weil es das resignierte Lächeln der Frau am intensivsten widerspiegelt.«
    »Madame Ginoux?« Der Name kam mir bekannt vor, aber ich wusste nicht woher.
    »Madame und Monsieur Ginoux waren Besitzer des Café de la Gare in Arles. Beide waren Freunde des Malers. Einige der wenigen Freunde, die van Gogh in Arles hatte. Vincent fühlte sich besonders der Frau verbunden, weil auch sie unter Nervenkrisen litt. Sie hat ihn übrigens gepflegt, als er sich im Wahn ein Ohr abgeschnitten hat.«
    »Wo ist dieses Bild jetzt wohl?«
    »Wieder im Museum«, fuhr Thaler fort. »Der Raub wurde schon sieben Wochen nach dem Einbruch aufgeklärt. Die Hintermänner jedoch sind unbekannt.«
    »Wie wollen Diebe solche berühmten Gemälde verkaufen? Das dürfte doch wohl unmöglich sein.«
    »Es gibt Sammler, die eigens Bunker für ihre Bilder gebaut haben. Es gibt ihnen nichts, die Bilder anderen zu zeigen. Sie wollen mit sich und der Aura des Malers, den sie begehren, allein sein.«
    »Wunderbar!«, schwärmte ich. »Das hat Stil und ist pure Leidenschaft. Hoffentlich habe ich auch mal so viel Geld, um mir mein Lieblingsgemälde stehlen zu lassen – und mit ihm und seinem Schöpfer allein sein zu können.«
    »Und was wäre Ihr Lieblingsbild? Ein Van-Gogh?«
    »Oh nein.« Ich lehnte mich zurück. »Ich beginne van Gogh ja gerade erst zu entdecken. Das für mich schönste Gemälde ist ein paar Jahrhunderte vor seiner Zeit entstanden. Ich liebe Botticellis La primavera . Manchmal fliege ich nach Florenz, um es mir in den Uffizien anzuschauen. Dann sitze ich stundenlang davor und labe mich an der Geschichte, die hier erzählt wird. Jedes Detail entzückt mich – seien es die Madonnenlilien in der Frühlingswiese oder die Pausbacken des Winterwindes. Manchmal kommen mir sogar die Tränen.«
    »Hätte ich gar nicht gedacht, dass Sie so sentimental sind«, sagte Thaler.
    »Leider ist La primavera ziemlich groß«, bedauerte ich. »Es dürfte schwierig sein, das Bild unbemerkt aus den Uffizien herauszustehlen. Aber ich hätte es schon gern – nur für mich allein.«
    »Fragen Sie Cortez«, riet Boris Thaler. »Bei ihm dürften Sie an der richtigen Adresse für so etwas sein.«

Es entstand auch ein großes Bild der Dorfkirche, auf dem das Gebäude violett vor einem flächigen, tiefblauen Himmel aus reinem Kolorit erscheint; die farbigen

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