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Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Titel: Grappa 10 - Zu bunt für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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auf sein fachmännisches Urteil und seine Kochkunst verlassen würden. Als Wein wählte ich einen kühlen weißen Bordeaux.
    Die Apéritifs kamen. Champagner, in dem winzige, gelbe Melonenkügelchen trudelten. Eine umwerfend köstliche Kombination!
    Als amuse geule folgte Leberpastete an Melonenschaum mit fein geraspelten schwarzen Trüffeln. Mein Entzücken wuchs.
    Die Champagnergläser wurden abgeräumt, jetzt ein Glas Wasser, um die Zunge zu läutern.
    »Zeigen Sie ihm das Foto«, raunte mir Thaler zu, als sich Prébois wieder unserem Tisch näherte.
    Ich lächelte den Melonenmann an, lobte das Entrée in höchsten Tönen und kam dann auf die Melonenernte an sich zu sprechen.
    Prébois erzählte, dass er viele Melonenfelder besäße, die er mir gern sehr bald zeigen würde, ich solle nur sagen, wann.
    Ich lächelte angetan und hielt ihm dann das Foto des Gemäldes hin, mit der schlichten Frage verknüpft, ob ihm jenes Melonenfeld bekannt sei.
    »Connaissez-vous cette petite chapelle romaine?« Ich deutete auf die kleine Kirche, die sich vor dem Horizont und unter dem Sonnenball erhob.
    Prébois erbleichte. Er starrte auf das Foto, dann wieder auf mich – diesmal aber in mein Gesicht – seine Blicke wanderten dann zu Thaler und die Sehreise begann von vorn.
    »Qu'est-ce que vous avez, monsieur?« , fragte ich.
    Endlich fand der Melonenmann die Worte wieder. Woher wir dieses Foto hätten, wollte er wissen.
    Ich sagte, dass ich es von einer amerikanischen Kunstzeitschrift erhalten hätte, die demnächst über dieses Bild berichten würde. Es handele sich um ein bislang unbekanntes Werk des Malers van Gogh mit dem Titel Bauer im Melonenfeld .
    Es schien, als würde Prébois gar nicht richtig zuhören. Irgendetwas ging in ihm und mit ihm vor.
    »Où se trouve cette petite église?« , wiederholte ich die Frage nach der Kirche, dem einzigen Anhaltspunkt, nach dem der Ort zu identifizieren gewesen wäre.
    »Je ne sais pas« , krächzte Prébois. »Je n'ai jamais vu cette chapelle.«
    »Er weiß angeblich nichts«, raunte ich Thaler zu.
    »Ich hab's verstanden«, sagte er. »Glauben Sie ihm?«
    »Nein. Es hat ihn getroffen wie ein Schlag«, stellte ich fest. »Hier stimmt was nicht – aber wir scheinen auf der richtigen Spur zu sein.«
    »Wir müssen jemand anderen fragen. Wenn wir gegessen haben, fahren wir zu dem Bauernmarkt, der am Ortseingang stattfindet. Dort verkaufen die Einheimischen ihre Produkte. Es wäre doch gelacht, wenn niemand diese Kirche kennt!«
    »Gute Idee!«, lobte ich. »Manchmal können Sie richtig pfiffig sein. Und was gibt's jetzt zu essen?«
    Und schon stellte eine Kellnerin zwei Salatteller vor uns.
    »Prébois hat es wohl vorgezogen zu verschwinden«, bemerkte Thaler.
    Der Salat bestand aus Raukeblättern, fein geschnittenem Fenchel, grellroten Tomatenwürfeln, frischen Kräutern und würzig eingelegten Melonenschnitzen. In der Vinaigrette waren Schalotten, Knoblauch, Olivenöl, Weinessig und ein paar Spritzer Zitrone. Wir vertilgten das Grünzeug.
    »Jetzt bin ich gespannt, was als Hauptgericht kommt«, sagte ich zufrieden. Ich hatte selten so gut gegessen.
    Ich sah mich um. An den Wänden hingen Bilder – Ölgemälde, Grafiken, Collagen und Aquarelle, die alle eins gemeinsam hatten: Auf ihnen war wenigstens eine Melone abgebildet.
    Ein Bild gefiel mir besonders gut: Es zeigte einen Schimpansen, der wie ein Sarotti-Mohr angezogen war. Der Affe machte sich gerade über eine Melone her. Er puhlte mit Fingern das Fleisch aus der Frucht und war über und über mit Melonenkernen geschmückt. Das Bild war so kitschig, dass es schon wieder schön war.
    In den Vitrinen, von denen einige offen, andere verglast waren, standen Erzeugnisse des Porzellan- und Keramikhandwerks: Tassen in Form von oben gekappten Melonen, Suppenterrinen in Melonenform, bemalte Teller mit fein oder grob ausgemalten Melonen-Stillleben aller Art.
    Die Kellnerin – sie musste eine nahe Verwandte des Melonenmanns sein, denn sie hatte dessen untersetzte, muskulöse Gestalt und noch prallere Melonen als ich in der Bluse – rückte mit dem Hauptgericht an: gegrillte Riesengarnelen in einem Melonenbett, dazu Aioli und scharf gebackene gelbe Paprika mit gedünsteten Tomaten.
    Thaler und ich vergaßen unsere Mission und schlugen uns die Bäuche voll. Irgendwann störten die Melonen nicht mehr.
    Ich hatte gerade die letzten Garnele vertilgt, als mein Handy klingelte. Es war besser, mich vors Restaurant zu verdrücken, wer weiß,

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