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Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Grappa 10 - Zu bunt für Grappa

Titel: Grappa 10 - Zu bunt für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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fehlte und dieser bewegte Himmel, das Licht und die Seele des Malers, der diesen Augenblick festgehalten hatte.
    »Ich fühle, dass er hier war«, murmelte ich.
    »Wer?«, fragte Thaler verständnislos.
    »Na, wer wohl? Vincent natürlich!«
    »Merkwürdig ist das schon«, gab er zu. »Mich wundert nur, dass ...« Er brach ab.
    »Was?«
    »Dieser Olivenbaum.« Thaler trat zu dem knorrigen Stamm hin. »Eigentlich müsste er viel größer sein.«
    »Olivenbäume wachsen langsam«, widersprach ich. »Außerdem kann es doch sein, dass Vincent ihn größer gemalt hat. Er hat die Natur schließlich nicht fotografiert, sondern sie künstlerisch interpretiert. Oder glauben Sie, dass die schiefen Frauengesichter, die Picasso gemalt hat, den Köpfen seiner Modelle aufs Haar glichen?«
    »Nö. Picasso soll ja was von Frauen verstanden haben. Und was machen wir jetzt?«
    Ich überlegte. »Jetzt wissen wir wenigstens, dass es dieses Feld gibt und dass van Gogh es gemalt haben könnte.«
    Ein plötzliches Unwohlsein ergriff mich.
    »Was ist mit Ihnen?«, fragte Thaler. »Sie sind ganz blass.«
    »Mir ist schlecht«, klagte ich.
    »Der Schauer der Geschichte? Die Erhabenheit der Kunst?«
    »Nicht direkt. Mir ist übel. Diese verdammten Melonen!«

Ein Mensch, der fünfzig Jahre lang lebt und zweitausend im Jahr ausgibt, gibt hunderttausend Francs aus, und da muss er auch hunderttausend einbringen. Tausend Bilder zu hundert Francs in einem Künstlerleben zu machen ist sehr, sehr, sehr hart ...
    Angriff
    Sterner war wieder ziemlich fit, als wir nach Saignon zurückkehrten. Seine Nase war von der Sonne verbrannt, die Augen noch ein wenig aufgequollen und er roch auch nicht besonders gut.
    »Wir haben das Melonenfeld gefunden«, erzählte ich ihm. »Es sieht noch fast genauso aus wie vor hundert Jahren.«
    Wir saßen zu dritt im Garten, ich hatte Kaffee gekocht und noch irgendwo ein paar Kekse aufgetrieben. Mein Handy war auf Empfang geschaltet – vielleicht meldete sich New York. Insgeheim hoffte ich darauf, dass Cortez anrufen würde. Doch das Mobiltelefon klingelte nicht. Auch gut, dachte ich, ein ruhiger Abend konnte nicht schaden. Doch es sollte mal wieder anders kommen.
    Es dämmerte schon; ich war in der Küche und spülte die Tassen, die beiden Männer trieben sich irgendwo im Garten herum. Thaler telefonierte mobil, von Sterner hörte ich nur ein unterdrücktes Husten. Musik und aufgeregte Stimmen klangen zu mir herüber – in den Nachbarhäusern wurde gefeiert.
    Ich wollte gerade in den Garten gehen, da sah ich ihn. Der große, braune Hund schaute mich an, sein Blick war bettelnd. Ich trat zu ihm hin, stutzte. Da sah ich, dass Mapucho Blut an den Hinterläufen hatte.
    »Q'est-ce qu'il s'est passé?« , fragte ich.
    Mapucho begann zu winseln. Er versuchte sich an meine Beine zu schmiegen, doch er hatte keine Gewalt über seinen Hinterleib.
    »Thaler!«, brüllte ich. »Kommen Sie schnell!«
    Kurze Zeit darauf stand Thaler in der Tür.
    »Der Hund ist verletzt«, sagte ich aufgeregt. »Jemand hat ihm die Hüfte oder die Beine gebrochen. Oh Gott, hoffentlich ist Rosalie nichts passiert ...«
    »Wer ist Rosalie?«
    Mir fiel ein, dass er überhaupt nichts von der alten Frau auf dem Felsen wusste.
    »Was ist passiert?« Sterner war ebenfalls angetrabt.
    »Wir müssen zu Rosalie«, befahl ich. »Also los!«
    »Wer ist Rosalie?«
    Die Frage kannte ich schon. »Das erzähl ich unterwegs!«
    Wir hasteten den Berg hinauf, der verletzte Hund schleppte sich mühsam hinterher. Ich erzählte den beiden, dass Rosalie eine alte Frau war, die einsam mit Hund und Katze in einem Haus am Felsen wohnte. Ich verschwieg, dass sie die Mutter von Cortez war.
    Der Weg war nicht weit, doch heute kam er mir endlos vor. Schwer atmend standen wir schließlich vor der Holztür. Sie ließ sich aufdrücken. Nichts war zu hören, nirgendwo brannte Licht.
    »Rosalie!«, brüllte ich.
    Keine Antwort.
    Es war zum Glück noch nicht ganz dunkel. Ich tastete mich durch den Hof zu der Stelle, wo ich den Eingang zum Wohnraum in Erinnerung hatte. Die Tür war geöffnet.
    »Rosalie! Où êtes-vous? «
    Meine Finger glitten an der Wand neben dem Türrahmen hinab. Das musste der Lichtschalter sein! Tatsächlich.
    Der Raum war gründlich durchwühlt worden, Bücher lagen verstreut, Rosalies Holzskulpturen waren umgestürzt, Schränke standen sperrangelweit auf, das Sofa war mit einem Messer aufgeschlitzt worden.
    »Das sieht ziemlich übel aus«, erkannte Thaler. »Was

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