Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden
raffiniert und lecker.«
»Freut mich«, meinte Aydin. »Dann darf ich zu Tisch bitten?«
»Vielleicht können Sie mir auch einen Rat geben«, sagte ich zögernd, als wir saßen.
»Als Anwalt oder als Mensch?«
»Vielleicht beides.«
»Kein Problem. Aber zuerst gibt es was auf den Teller.«
Er hatte in Windeseile für zwei gedeckt, sogar einige Kerzen angezündet, die in farbigen Gläsern standen.
»Wie im Urlaub«, sagte ich.
»Zuerst gibt es Patlican Ezmesi «, erklärte Aydin. »Das ist kaltes Auberginenpüree. Mögen Sie Knoblauch?«
»Oh, ja.«
Er reichte mir die Schüssel mit der Paste, ich strich sie auf das aufgebackene Fladenbrot und schnüffelte. Geruch von Knoblauch und Zwiebeln stieg in meine Nase.
Ich biss in das Brot. »Wunderbar«, schwärmte ich.
»Das ist nur die eine der Vorspeisen«, erklärte er. »Die Teigblätter mit Spinatfüllung müssten auch gleich fertig sein. Man nennt sie Ispanakli Börek und isst sie mit Jogurtsauce.«
»Ich kann es kaum erwarten«, sagte ich.
»Noch ein Glas Wein?« Selbstverständlich. Er hatte einen französischen Chardonnay besorgt, der gut zu dem knoblauchdominierten Mus passte.
»Also, fangen Sie an!«, forderte er mich auf.
Ich erzählte ihm von dem Besuch bei Pfarrer Großmann im Altenheim, von meiner zufälligen Verstrickung in das Schicksal des Kindes, dass dem Mörder meine Rolle bekannt war, und erwähnte den Besuch in Monika Kellers Wohnung, in der wir das Fotoalbum gefunden hatten. Und ich sagte, dass ich mich im Visier des Mörders befand – und er mir die Sünde CRUDELITAS zugeordnet hatte.
»Haben Sie Angst, auch ermordet zu werden?«, fragte der Anwalt.
»Nein«, entgegnete ich wahrheitsgemäß. »Ich weiß, dass mir nichts geschieht, solange ich den Mörder nicht enttarne.«
»Ich nehme an, dass Sie keine juristische Bewertung von mir wollen«, sagte er.
Ich nickte.
Aydin nahm einen Schluck Wein. »Ich muss mal nach den Teigblättern sehen.«
Ich sah ihm nach. Aydin schien ein normaler, unkomplizierter Mann zu sein. Warum wählte ich mir nicht solche Männer aus?
Genau, das meine ich auch, sagte Eberhard. Ich hatte nicht gemerkt, dass der Kater ins Zimmer gekommen war.
»Jetzt kannst du auch schon Gedanken lesen?«, wunderte ich mich.
Ja, da siehst du mal, wie gut wir uns verstehen!
»So – ich glaube, die Börek sind gut geworden.« Aydin hatte in der einen Hand einen großen Teller mit quadratisch geschnittenen Stücken, in der anderen trug er einen Keramiktopf mit Jogurtsauce. Er legte mir einige Teigplatten auf den Teller. »Erzählen Sie Ihre Geschichte weiter«, schlug der Delphin in der Morgenröte vor.
»Ich habe da eine Kollegin. Sie heißt Nikoll.«
»Und?«
»Sie hat sich heute Abend mit dem Mann getroffen, der die Henkersmahlzeit organisiert hat. Dieser Typ sollte eigentlich tot sein.«
»Merkwürdig«, sagte er. »Schmecken Ihnen die Börek ?«
»Sie sind echt klasse!«
»Nehmen Sie doch noch was von der Sauce«, forderte er mich auf.
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und langte zu. Die türkischen Köstlichkeiten waren ganz nach meinem Geschmack: gut gewürzt, ein wenig scharf und nach frischen Kräutern duftend.
»Glauben Sie, dass diese Nikoll die Mörderin ist?«
»Nein. Aber sie hat etwas damit zu tun – da bin ich mir ganz sicher.«
»Fragen Sie sie doch einfach«, schlug er vor.
»Besser nicht. Ich nehme an, dass ihr Onkel auch in der Sache mit drinhängt. Er ist Theologieprofessor. Er heißt Georg Mahler. Sie wohnt bei ihm.«
»Theologieprofessor? Er kennt sich also in religiösen Dingen aus?«
»Allerdings.«
»Dann halten Sie ihn für den Täter?«
Ich zögerte mit der Antwort.
»Also gut! Nehmen wir an, Mahler ist der Mörder«, sagte Aydin. »Durch den Kontakt zu Ihnen und durch diese junge Frau weiß er immer, was geschieht, ist also immer auf dem Laufenden. Wie alt ist Mahler?«
»Anfang bis Mitte fünfzig – schätze ich.«
»An welcher Uni lehrt er?«
»Düsseldorf.«
»Haben Sie das überprüft?«
»Nein.«
»Haben Sie ihn nicht durchgecheckt?«, fragte der Rechtsanwalt ungläubig.
»Nein, warum? Ich gehe immer erst mal davon aus, dass die Menschen mir die Wahrheit sagen.«
»Das ist ein Fehler«, stellte Aydin fest. »Ich gehe immer davon aus, dass Leute, die mir was erzählen, lügen könnten. Kommen Sie.«
Er stand auf und ging ins Nebenzimmer, setzte sich vor den PC und fuhr ihn hoch.
Einige Minuten später hatte er die Website der Düsseldorfer Uni vor
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