Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden
Kosmo.
»Ja«, nickte ich. »Das ist das Natürlichste. Immerhin bist du mit Nikoll befreundet.«
Er stieg aus und stiefelte zur Eingangstür. Ich beobachtete, wie er den Klingelknopf drückte und wartete. Nichts rührte sich.
Kosmo versuchte, in eins der Fenster im Erdgeschoss zu spähen – doch es war durch eine Gardine uneinsehbar gemacht worden.
Er kehrte zurück. »Was sollen wir jetzt tun?«, fragte er unglücklich. »Sollen wir eine Vermisstenanzeige aufgeben?«
»Die lachen uns aus«, meinte ich. »Nikoll ist erwachsen, sie kann das Haus verlassen haben, um in die Redaktion zu fahren, sie kann die Nacht woanders geschlafen haben ... bei einer Freundin vielleicht.«
»Kann alles sein«, räumte Kosmo ein, »warum glaube ich es aber nicht?«
Unverrichteter Dinge zogen wir wieder ab.
»Vielleicht gibt es für alles eine einfache Erklärung«, versuchte ich mich und Kosmo zu beruhigen. »Ich setze dich jetzt am Verlagshaus ab und du bleibst ruhig, versprochen?«
Notgedrungen stimmte er zu.
Ich ging doch noch mal mit hoch in die Redaktion, um das Fotoalbum zu holen, und fuhr nach Hause.
Der Kater saß nicht – wie gewohnt – direkt hinter der Wohnungstür: Eberhard war bestimmt sauer, weil er wieder so lange allein in der Wohnung eingesperrt war.
Ich fand ihn auf dem Küchentisch liegend, er hob nur leicht den Kopf, als er mich erblickte, und schlummere weiter.
»Ich weiß, dass du wütend bist, weil ich dich immer allein lasse«, sprach ich ihn an. »Aber mit mir meint es das Leben zurzeit auch nicht gut.«
Der Löwe rührte sich nicht.
Ich setzte mich an den Tisch und kraulte ihn. Da konnte er nun doch nicht widerstehen, rollte sich auf den Rücken und ließ sich den Bauch streicheln.
»Redest du noch mit mir?«, fragte ich.
Ignoranz auf ganzer Linie.
»Bitte, Eberhard, sei nicht immer so schnell eingeschnappt«, sagte ich.
Wo hast du dich nur wieder herumgetrieben?, fragte er.
»Du weißt doch, dass ich einen Mörder suche«, antwortete ich.
Dazu brauchst du aber sehr lange, muffelte er.
»Leider!«, seufzte ich. »Aber ich verspreche dir, dass ich, wenn ich ihn habe, etwas kürzer trete.«
Das hältst du sowieso nicht durch, meinte der Kater spöttisch, außerdem klingelt dein Handy.
Tatsächlich, der Kater hatte ein feineres Gehör als ich. Ich kramte das Mobiltelefon aus den unendlichen Tiefen meiner Handtasche.
»Hallo?«
Nichts.
»Hallo? Wer ist da?«
»Ich bin's«, sagte eine Frauenstimme.
»Nikoll!«, rief ich aus. »Was ist mit dir? Wo warst du? Wir haben uns Sorgen gemacht!«
»Ich musste nachdenken«, hörte ich sie mit müder Stimme sagen.
»Wir müssen reden, und zwar bald.«
»Ja, du hast Recht.«
»Wo bist du?«
»Ich sitze in meinem Auto, und das steht vor deinem Haus.«
»Und? Worauf wartest du? Komm rauf!«
Wenige Augenblicke später stand sie in der Tür: blass und abgekämpft, mit strähnigen Haaren und Ringen unter den Augen.
»Komm rein.«
Eberhard hatte die Küche verlassen und blinzelte misstrauisch.
»Kannst du den wegnehmen?«, fragte Nikoll. »Du weißt doch – meine Katzenallergie.«
»Lass uns bitte allein, Eberhard!«, forderte ich den Junglöwen auf.
Er trollte sich zum Glück – diesmal sogar schweigend.
»Dann erzähl mal, was los ist!«, forderte ich Nikoll auf.
Sie druckste rum, sagte endlich: »Ich habe dich und euch alle von Anfang an belogen.«
Ich wartete.
»Mahler ist nicht mein Onkel.«
»Interessant.«
»Nicht, was du denkst, Grappa. Ich bin nicht seine Geliebte oder so. Ich kannte ihn bis vor einem Monat gar nicht.«
»Und warum wohnst du dann bei ihm?«
»Weil er mir Geld dafür gegeben hat.«
Ich atmete tief durch. »Verstehe ich nicht.«
»Er suchte jemanden. Für einen Job. Ich hatte meine Arbeit bei dem Privatsender aufgegeben und hatte nichts Neues. Mein Agent war noch auf der Suche. Dann kam das Angebot.«
»Angebot?«
»Mahler suchte jemanden mit journalistischer Erfahrung und einem gewissen schauspielerischen Talent«, fuhr Nikoll fort. »Da hat Odenski mich an ihn vermittelt.«
»Odenski? Wieso der!«
»Ich war doch bei seiner Agentur unter Vertrag.«
»Was solltest du tun? Mich ausspionieren?«
»Ihm als Insiderin Informationen über die Arbeit beim Tageblatt geben. Um dich ging es damals noch nicht. Er wollte nur wissen, an welchen Storys ihr gerade dran seid.«
»Und wann wurde dir klar, dass es ihm nur um die Todsündenmorde ging?«
»Ziemlich schnell natürlich. Aber – dann machte mir die
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