Grappa 14 - Grappa im Netz
Mitleid. »Mir kannst du so was ja erzählen, aber erzähl es bloß nicht überall rum, ja? Sonst kann ich mich mit dir nirgends mehr sehen lassen! Verrätst du mir, wer der Glückliche ist, der dich heute Abend nudeln darf?«
»Rumi.«
»Ich hab doch gleich gesagt, dass der dich angestarrt hat! So sind sie, diese Araber.«
»Na, und? Du starrst mich auch manchmal an. Und du bist römisch-katholisch.«
Ganz Ohr
Rumi verzichtete darauf, mich anzustarren, denn er versetzte mich ganz einfach. Ich aß also allein im Strawinsky, was nicht wirklich schlimm war und meinen Appetit eher noch beflügelte. Der Vorspeisenteller war etwas orientalisch angehaucht, das Lamm zart und der Espresso pechschwarz. Die Rechnung lag gerade vor mir, als mein Handy klingelte. Die Nummer auf dem Display sagte mir nichts, vielleicht war es ja Rumi, der sich entschuldigen wollte.
»Störe ich, Frau Grappa?«, hörte ich eine tiefe Stimme fragen.
»Herr Brinkhoff!«, rief ich überrascht aus. Mein Lieblingsbulle von der Mordkommission. »Nein, Sie stören überhaupt nicht. Was gibt es denn?«
»Ich hatte einen Anruf von Herrn Piny von der Allgemeinen. Er wollte etwas über die beiden Morde an den Männern in den Hotels wissen und erwähnte in diesem Zusammenhang Ihren Namen.«
»Haben Sie denn was mit den Fällen zu tun?«
»Nein. Aber die Kommissariate tauschen natürlich Informationen aus, wenn sich abzeichnet, dass es sich um eine Mordserie handeln könnte, die weite Kreise zieht. Ich war überrascht, als Ihr Name auftauchte. Haben Sie irgendwelche Informationen über die Fälle?«
»Moment.«
Ich legte ein paar Scheine auf den Teller mit der Rechnung, denn der Kellner wartete.
»Können wir uns vielleicht irgendwo treffen?«, fragte Anton Brinkhoff.
»Jetzt gleich?«
»Ja. Kennen Sie das Lokal am Präsidium?«
»Den Henker? «
»Genau da. Ich würde Sie gern auf ein Bier einladen.«
»Darf's auch Wein sein? In zehn Minuten etwa?«, fragte ich.
»Ja. Bis gleich.«
Auf dem Weg zum Henker klingelte mein Handy erneut. Diesmal war es Rumi.
»Entschuldigen Sie«, sagte er mit hörbarer Zerknirschung in der Stimme. »Ich habe eine Weile gebraucht, um Ihre Handynummer zu ermitteln. Ich konnte nicht kommen.«
»Das habe ich gemerkt«, entgegnete ich.
»Vielleicht können wir das Abendessen nachholen.«
»Vielleicht«, sagte ich lapidar. »Vielleicht aber auch nicht.«
»Jetzt sind Sie böse auf mich!«
»Das Schicksal ist halt gegen uns. Heißt das nicht Kismet in Ihren Kreisen?«
»Nur in Karl-May-Büchern.« Rumi lachte. »Nein, es war kein Kismet, sondern Berlin. Ich muss doch schon heute hin und bin bereits am Flughafen.«
»Gibt es denn was Neues im Fall Nagel? Ist etwas passiert?«, wurde die Journalistin in mir wach.
»Ja.« Rumi zögerte.
»Als Wiedergutmachung für Ihre Abwesenheit sollten Sie mir vielleicht einen kleinen Tipp geben!«, beharrte ich.
»Okay. Aber Sie haben es nicht von mir erfahren.«
Informantenschutz sei immer das erste Gebot für mich, behauptete ich.
»In der deutschen Botschaft in Sanaa ist ein Päckchen eingegangen«, verriet Rumi endlich. »Der Inhalt ist allerdings etwas unerfreulich. Es enthielt nämlich ein abgeschnittenes menschliches Ohr.«
»Igitt!« Mich schauderte.
»Ja. Das Ohr ist im Kühlpaket bereits nach Berlin unterwegs. Wir müssen klären, ob es sich wirklich um das Ohr Ihres Oberbürgermeisters handelt. Die Entführer haben angekündigt, das nächste Mal einen Finger zu schicken, falls wir ihren Forderungen nicht nachkommen.«
»Himmel! Das müssen Sie verhindern!«
»Wir werden unser Bestes tun, Frau Grappa! Und jetzt muss ich los, mein Flug ist bereits aufgerufen worden.«
Wir verabschiedeten uns.
Ich setzte den Blinker und fuhr rechts ran. Das war eine echte Sensation! Zu spät für mich, es noch irgendwo unterzukriegen, aber – ich schaute auf die Uhr – es war noch früh genug, Freund Piny einen Tipp zu geben.
Er war noch im Büro, weil er Spätdienst hatte.
»Ich weiß etwas, was du nicht weißt«, versuchte ich ihn zu foppen.
»Das wäre ja mal was Neues«, meinte TOP. »Wieso rufst du an? Ich dachte, du bist längst dabei, Rumi in deiner Wohnung flachzulegen!«
»Schön wär's. Er hat mich versetzt.«
»Das dir, Grappa? Und? Lebt er noch?«
»Ja, aber nur weil er sich in ein Flugzeug flüchten konnte«, erklärte ich. »Er musste sofort zurück nach Berlin. Denn – die Entführer haben sich wieder gemeldet. Oder besser: Sie haben was an die
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