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Grappa 14 - Grappa im Netz

Grappa 14 - Grappa im Netz

Titel: Grappa 14 - Grappa im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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war.
    »Sie wissen ja sicherlich schon, meine Damen und Herren«, begann Rumi, »dass in der deutschen Botschaft im Jemen ein Bekennerschreiben der Entführer eingegangen ist. Sie haben zugegeben, den Oberbürgermeister dieser Stadt in ihrer Gewalt zu haben. Als Beweis haben sie ein Polaroidfoto beigefügt, das Ihnen gleich in Kopie ausgehändigt wird. Gleichzeitig stellen die Entführer eine Reihe von Forderungen auf.«
    Tom Piny saß neben mir und flüsterte: »Der guckt wieder nur dich an, Grappa!«
    »Spinner!«, zischte ich zurück. »Hör endlich auf mit dem Mist!«
    »Haben Sie eine Frage, Frau Grappa?« Rumi lächelte und guckte tatsächlich auf mein Dekolletee.
    Ich zog den Ausschnitt meines T-Shirts nach oben. Geiler Kerl, dachte ich.
    »Nein, noch nicht«, gab ich öffentlich Entwarnung. »Kommt aber noch!«
    Auch Piny glotzte mir in den Ausschnitt und kicherte. »Noch immer 85 C, Grappa?«
    »Halt die Klappe!« Ich war jetzt echt sauer und rückte ein Stück von ihm ab.
    »Für die Freilassung von Jakob Nagel wird ein Lösegeld von hundert Millionen Euro gefordert.«
    Ein Raunen ging durch die Journalistenschar und manche hüstelten belustigt. Sätze wie: »Die Stadt ist doch eh schon pleite«, und: »Da kann die Partei aber lange sammeln«, schallten durch den Raum.
    »Wie viel wollen die wohl, wenn sie ihn behalten?«, fragte TOP halblaut.
    Einige Kollegen lachten. Ich jedoch blitzte Tom böse an. »Kannst du nicht einmal ernst sein?«
    »Die Entführer haben noch weitere Wünsche«, fuhr Rumi fort.
    Das allgemeine Gebrabbel verstummte, mein Kameramann richtete das Objektiv wieder auf den Mann vom Auswärtigen Amt.
    »Das Bierstädter Rathaus soll ein moslemisches Zentrum werden, alle geschlechtsreifen Bierstädter Frauen sollen künftig einen Schleier tragen und das Ausschenken von Alkohol in der Öffentlichkeit ist künftig verboten. Werden alle diese Forderungen erfüllt, wird der Oberbürgermeister wohlbehalten nach Bierstadt zurückkehren.«
    »Das ist ein Scherz, oder?«, fragte Tom Piny in die Runde. Über sein Gesicht zog sich ein feistes Grinsen. Andere Kollegen machten Witze wie: »Manchen Frauen würden Ganzkörperschleier gut stehen«, und: »Kein Bier mehr in Bierstadt – der neue Slogan für die Stadt«.
    »Ich darf um Ruhe bitten!« Rumi war sichtlich angesäuert. »Es handelt sich um keinen Scherz! Uns bleibt leider nichts anderes übrig, als uns mit den Forderungen auseinander zu setzen. Sie wissen, dass die Bundesregierung im Fall von Entführungen eine eher harte Linie bevorzugt. Hier handelt es sich allerdings um einen besonderen Fall.«
    Rumi machte eine Pause, um sich die Aufmerksamkeit des Plenums zu sichern.
    »Geldforderungen oder die Freipressung politischer Gefangener – das kannten wir bereits. Aber dass Terroristen aus einer unbedeutenden Stadt mitten in Deutschland eine moslemische Enklave machen wollen – das ist neu.«
    »Genau!«, rief ich aus. »Warum gerade Bierstadt? Warum gerade Jakob Nagel? Und unser Rathaus hat die Stadt doch schon an Burger King verkauft und es von denen zurückgemietet! Was soll das Ganze? Und Frauen mit Schleier! So ein Blödsinn. Sind Sie sicher, dass es sich nicht um einen schlechten Gag handelt?«
    »Ja, es wäre in der Tat schade, wenn die Frauen in Bierstadt verschleiert gingen«, stimmte Rumi zu und sah mir diesmal voll in die Augen.
    »Er meint dich, Grappa«, kicherte TOP. »Der Typ baggert dich an!«
    Ich ignorierte ihn und fragte: »Wie lange wollen Sie den Oberbürgermeister in Gefangenschaft lassen? Wer entscheidet, was geschieht? Und wann es passiert?«
    »Ich will Ihnen einmal kurz die Situation im Jemen beschreiben. Eine Gefahr für den Oberbürgermeister geht nicht allein von den Entführern aus, sondern auch von den USA. Ferngesteuerte US-Flugzeuge filzen nämlich regelmäßig das jemenitische Wüstengebiet Rub al-Khali – sie suchen nach Terroristen und feuern auch auf sie.«
    »Und dann schießen sie die Leute einfach von oben ab?«, fragte ein Kollege. »Ein unbemanntes Flugzeug? Ich wusste gar nicht, dass so etwas möglich ist.«
    »Doch ist es. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, das international bekannt wurde.«
    Rumi arbeitete ohne Manuskript, war sehr konzentriert, hatte eine angenehme Stimme und schöne Zähne. Aus welchem Land aus Tausendundeiner Nacht er wohl stammte? Ich konnte ihn mir gut auf einem heißblütigen arabischen Hengst vorstellen, das Krummschwert am Gürtel und über die goldgelben Dünen

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