Grappa 16 - Rote Karte für Grappa
und Dunkles – in der Tüte befand sich ein Fuß!
»Oh, Mann«, stöhnte ich und wandte mich ab.
Jansen sagte nichts, sondern griff zum Telefonhörer und tippte eine Nummer.
Eine halbe Stunde später glich die Redaktion des Bierstädter Tageblattes einer belebten Bahnhofsvorhalle. Die Kriminalpolizei unter Leitung von Anton Brinkhoff war angerückt. Der Hauptkommissar war genervt, denn Stella war schreiend zusammengebrochen und wimmerte nur noch vor sich hin. Susis und Saras Aufmunterungsversuche zeigten wenig Erfolg.
»Kann mal jemand die Frau hier rausbringen?«, fragte der Hauptkommissar in die Runde. »Bei dem Geplärre kann ich keinen klaren Gedanken fassen!«
Susi und Sara führten ihre Kollegin in eine nahe gelegene Einzelzelle.
»Tausende sitzen im Stadion und ich kriege den Ball an den Kopf«, brabbelte Stella – gestützt von ihren Kolleginnen – auf dem Weg hinaus.
Der Geräuschpegel sank. Jansen war bleich, hatte sich in einen Stuhl fallen lassen. Schweiß perlte auf seiner Stirn.
Auch mir ging es nicht besonders gut. Der Blick in den Karton hatte genügt, um festzustellen, dass der abgehackte Fuß sehr groß und sehr schwarz war und in einem roten Lackschuh Größe 46 steckte.
»Denkst du, was ich denke?«, fragte Jansen.
»Toninho«, sagte ich.
»Genau.«
»Wenn der Fuß ihm gehört, ist es mit seiner Karriere vorbei.«
»Du bist ein verdammt schlaues Mädel!«
»Da sagst du mir nichts Neues«, meinte ich. »Bei den Paralympics ginge es eventuell noch.«
»Sehr witzig!«
Brinkhoff steuerte auf uns zu.
»Schön, Sie zu sehen, Frau Grappa«, sagte er freundlich. »Und kaum sind Sie wieder fit, ist hier der Teufel los. Gibt es da eine Verbindung?«
»Für eine gute Story tue ich fast alles«, gab ich zu. »Aber in diesem Fall bin ich unschuldig, ich lehne körperliche Gewalt gegen Männer ab.«
»Grappa setzt mehr auf psychische Blessuren«, ergänzte Jansen.
Brinkhoff lächelte. »Wirklich? Immerhin haben Sie das Paket auf den Schreibtisch gestellt.«
»Ich hab's von unten mit raufgebracht«, erklärte ich. »Wenn das reicht, um den Fall zu lösen, dann nehmen Sie mich fest.«
»Du warst das, Grappa?«, fragte Jansen mit gespieltem Entsetzen.
»Ja. Ein Vergeltungsakt«, gestand ich. »Vor drei Monaten hat sich Stella mal geweigert, für mich Kaffee zu kochen. Ich wollte, dass es sie mal so richtig gruselt.«
»Haben Sie irgendeine Ahnung, warum dieser Fuß an das Tageblatt adressiert war?«, fragte Brinkhoff.
Jansen und ich schüttelten gleichzeitig den Kopf.
»Was passiert jetzt?«, fragte ich.
»Das, was immer passiert. Das Paket wird von den Kriminaltechnikern untersucht und der Fuß kommt in die Gerichtsmedizin.«
»Könnte es Toninhos Fuß sein?«, fragte ich.
»Nur weil er schwarz ist? Sie haben wirklich eine blühende Fantasie! Die Sache kann auch ins Rotlichtmilieu hineinspielen«, meinte der Hauptkommissar.
»Oder alles hat mit der islamischen Weltrevolution zu tun. Oder mit Ufos und Außerirdischen«, überlegte ich. »Aber Sie werden's schon rauskriegen. Und ich helfe Ihnen dabei.«
»Ist das eine Drohung oder ein Versprechen?«, fragte Brinkhoff.
»Ein Entgegenkommen«, antwortete ich. »Bisher hat unsere Zusammenarbeit doch immer super geklappt, oder?«
»Da kann man mal wieder sehen, wie unterschiedlich Sachverhalte wahrgenommen werden.«
Eine halbe Stunde später waren die Polizisten abgezogen und alles war wie immer.
»Ist das jetzt meine Story?«, fragte ich Jansen.
»Fürs Erste ja. Du hast das Paket angeschleppt«, meinte er. »Sechzig Zeilen. Aber halt dich zurück.«
»Du kennst mich doch!«
»Eben.«
Ich grinste schief.
Auf dem Weg in mein Büro lief mir Harras über den Weg.
»Ich hab schon gehört, was passiert ist«, sagte er atemlos. »Ein schwarzer Riesenfuß in einem roten Schuh. Und ich wette mit Ihnen, dass er Toninho gehört.«
»Da brauchen Sie nicht zu wetten«, meinte ich. »Alle Welt ist der Meinung und die Polizei wird es auch sein, wenn sie eine Genanalyse gemacht hat.«
»Ob er noch lebt?«
»Der Fuß? Nein!«
»Der Mann!«
»Keine Ahnung. Aber so was übersteht man nur, wenn man danach fachmännisch versorgt wird. Die Rechtsmediziner kriegen bestimmt raus, ob der Fuß post mortem abgetrennt oder der schwarzen Gazelle bei lebendigem Leibe abgehackt wurde.«
Harras sah mich entsetzt an, stöhnte und legte die Hand auf den Magen.
»Kotzen Sie nicht in den Flur, Harras«, bat ich.
»Toninho wird nie wieder spielen
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