Grappa 16 - Rote Karte für Grappa
können!«, rief er.
»Ja, armer Kerl«, murmelte ich. »›Zuerst hatte er kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu.‹ Wer hat das nochmal gesagt?«
»Jürgen Wegmann.«
»Müsste ich den kennen?«
»Nicht wirklich. Einmal Platz zwei im UEFA-Cup – das war 1993 mit den Schwarz-Gelben.«
Nicht zu viel Ethik
Der Pförtner des Verlagshauses konnte den Überbringer des Paketes, das er mir in die Hand gedrückt hatte, nicht beschreiben.
»Es lag auf der Treppe vor der Tür«, berichtete er.
»Und Sie haben wirklich niemanden gesehen?«, fragte ich. Die Loge war verglast und bot eigentlich einen guten Überblick. Außerdem waren Kameras installiert, die jeden, der sich dem Gebäude näherte, beobachteten.
»Ich musste mal kurz weg, aufs Klo«, erklärte der Mann. »In diesen Minuten muss es passiert sein.«
»Und die Kamera? Werden die Bilder irgendwo aufgezeichnet?«
»Nein. Das wurde zu teuer. Die Geräte sollten abschrecken – mehr nicht.«
»Wann haben Sie das Paket denn entdeckt?«
»So gegen sieben Uhr morgens«, gab er an. »Ich kam vom Klo zurück und da stand es. Ich hab's reingeholt und Ihnen später mitgegeben – aber das wissen Sie ja.«
»Wenn nochmal so ein ähnliches Paket kommt, sehen Sie sich den Überbringer genau an«, bat ich.
»Jedenfalls wird ab heute wieder alles aufgezeichnet«, sagte der Pförtner und deutete auf ein paar Kassetten, die auf dem Tischchen lagen. »Anweisung der Polizei.«
Eine Stunde später kam die Meldung über die Agenturen. Die Polizei hatte den Namen unserer Zeitung nicht bekannt gegeben, doch die Kollegen hatten natürlich ihre Quellen.
Das Handy klingelte.
Ich war überrascht, dass Beate Schlicht, die Leiterin der Ermittlungskommission Messer, in der Leitung war. »Jetzt weiß ich auch, wer im Bett neben Frau Sauerwald lag«, blaffte sie mich an. »Ist das Ihre Auffassung von Journalismus? Ein traumatisiertes Opfer für eine Geschichte auszubeuten?«
»Sie hat mir alles freiwillig erzählt«, verteidigte ich mich. »Ich muss mich vor Ihnen für nichts rechtfertigen.«
»Haben Sie ihr denn gesagt, dass Sie Journalistin sind?«
Ich überhörte die Frage. »Sie sollten endlich mal anfangen zu arbeiten«, ging ich ebenfalls in die Offensive. »Zehn Jahre suchen Sie den Kerl schon – mit null Erfolg.«
»Legen Sie sich nicht mit mir an!«
»Soll das eine Drohung sein?«
»Nur ein gut gemeinter Rat«, sagte Beate Schlicht. »Ich habe der Familie Sauerwald übrigens geraten, Sie und Ihre Zeitung zu verklagen.«
»Und wie heißt das Delikt?«
»Das wird Dr. Sauerwald schon wissen, er ist ja schließlich Jurist.« Sie wartete meine Reaktion nicht ab und beendete das Telefonat.
Die wird nicht deine beste Freundin werden, dachte ich. Leider musste ich mir eingestehen, dass Beate Schlicht ein bisschen Recht hatte. An das Interview mit Margit Sauerwald war ich nicht sauber herangekommen.
Jansen unterbrach meine Selbstzweifel und kam ins Zimmer. »Hier ist die Pressemitteilung der Polizei«, sagte er und reichte mit ein paar Seiten Papier. »Steht aber nicht viel drin. Wie immer. Noch nicht mal, dass der Fuß schwarz und der Schuh rot ist.«
»Da sind ja sogar die Agenturmeldungen ausführlicher«, stellte ich fest. »Warum landet das Paket ausgerechnet bei uns?«
»Der Täter hat eben gewartet, bis du wieder fit bist«, unkte Jansen. »Er weiß, dass seine Probleme bei dir in den besten Händen sind.«
»Nein, es muss einen anderen Grund geben«, meinte ich. »Merkwürdig auch, dass keine Forderungen gestellt wurden. Entführer wollen Geld.«
»Hier liegt der Fall eben anders«, sagte Jansen. »Wenn Toninho den Islam beleidigt hätte, würde ich an Vergeltung glauben. Aber so? Das Einzige, was Toninho kann, ist Fußballspielen. Und auch das nur, wenn er will.«
»Er ist ein Frauenheld«, wandte ich ein. »Vielleicht hat er eine Frau zu viel flachgelegt und ist dem falschen Mann ins Gehege gekommen. Und jetzt schreibe ich meinen Artikel.«
Wenn der Postmann kein Mal klingelt: Wem gehört der schwarze Fuß im roten Schuh?
Wahrscheinlich würde wieder keiner das Spiel mit Zitaten aus dem Filmreich begreifen. Ich überlegte kurz, ob nicht ein gedämpfterer Ton angebracht sei, entschied mich aber dagegen. Jansen würde schon meckern, wenn ich übertreiben sollte.
Das Paket wurde im Morgengrauen von einem Unbekannten vor dem Verlagshaus abgestellt. Ein unauffälliger, quadratischer Pappkasten, adressiert an die Redaktion. Doch als die
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