Grappa dreht durch
verstand nicht. »Wenn du selbst sagst, daß es nicht um diesen Film geht, warum erzählst du mir davon?« Sie stocherte unschlüssig in dem Rührei herum.
»Wenn du den Teller leer ißt, erzähle ich dir meinen Plan.«
Gehorsam spießte sie die Eierteile auf und ließ sie in ihrem Mund verschwinden. Der Widerwille stand ihr ins Gesicht geschrieben.
»Wenn die Entführer sich melden, dann sagst du, daß wir den Film haben. Oder - noch besser! Du läßt mich mit den Burschen verhandeln. Wenn heute abend noch das Telefon klingelt, gehe ich dran und rede mit den Kidnappern. Du bist krank.«
Rita nickte. Heute abend hätte sie wohl zu allem ja gesagt.
Ich räumte die Teller ab und ließ Spülwasser einlaufen. Fast hätte ich dabei das Klingeln des Telefons überhört.
Rita folgte mir ins Wohnzimmer. Schwer atmend versank sie im Sofa. Ich griff zum Hörer und meldete mich mit »Hallo?«
Es war Carola. »Bist du es, Mama?« fragte sie zaghaft.
»Hier ist Maria Grappa. Deine Mutter ist krank und kann nicht mit dir sprechen. Wie geht es dir? Behandelt man dich gut?«
»Ja. Habt ihr den Film?«
»Natürlich. Kann ich mit Alfons Brokkoli sprechen?« Kurzes Schweigen am anderen Ende der Leitung. »Nein, das geht nicht. Ihr sollt den Film beim Portier im City-Center hinterlegen. Eingepackt in eine blaue Plastiktüte.« »Gut. Und wann und wie lassen sie dich frei?« »Wenn sie den Film haben.«
»Nein, so kann das nicht laufen. Zug um Zug - so wird der Deal laufen. Ich habe mir den Film genau angesehen. Er ist eine Bombe. Den gebe ich erst aus der Hand, wenn ich sicher bin, daß man dich laufen läßt. Das kannst du Brokkoli bestellen.«
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Keine Antwort.
»Carola? Bist du noch dran?«
Jemand legte den Hörer auf die Gabel.
»Die melden sich wieder«, sagte ich.
Mit Brokkoli gegen Krebs und Migräne
Eine US-Studie hat festgestellt, daß Brokkoli die Bildung von Krebszellen verhindern kann. Diese Meldung kam aus Boston, und ich las sie auf dem Bildschirm des Nachrichtenverteilsystems in der Redaktion.
Nicht nur deshalb war ich eigentlich eine Freundin des grünen Gemüses. Es stank beim Kochen nicht so wie Blumenkohl, hatte eine schöne Farbe und wenig Kalorien. Genau das Richtige für eine gesundheitsbewußte Ernährung.
Ich träumte gerade am Personalcomputer vor mich hin, als Rudi Mühlen durch die geöffnete Tür meines Zimmers traf. Er hatte - wie immer, wenn keine Kamera in der Nähe war - eine Leidensmiene aufgesetzt. Es konnte sich nur um eine neue Krankheit handeln.
»Hallo, Herr Kollege«, provozierte ich ihn, »geht es Ihnen auch so, daß Sie bei diesem schönen Wetter am liebsten unter freiem Himmel arbeiten würden?«
Die Sonne schien trotz Mühlens Miene unverdrossen und tauchte die Dächer der Stadt in ein Licht, das nur ein früher Sommer zaubern kann.
Rudi Mühlen antwortete nicht sogleich. Meine lebensfrohe Ansprache forderte ihn heraus. Seine Züge verfinsterten sich, schwer atmend ließ er sich in den Freischwinger fallen, der sich mit einem Ächzen revanchierte. Dann ging Mühlens Atem nur noch stoßweise.
»Meine Migräne!« meinte er matt.
»Sie Armer! Kann ich etwas für Sie tun?«
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»Der Wetterumschwung. Immer, wenn sich der Luftdruck verändert. Mein Kopf zerplatzt.«
»Soll ich einen Arzt rufen?« Es schien ihm wirklich schlecht zu gehen.
Er schloß die Augen. Ich sah Schweißperlen auf seiner Stirn. Das sonst so steife Haar wurde feucht und fiel in sich zusammen.
»Vielleicht könnten Sie mir ein Glas Wasser holen?«
Ich rannte zur Küche. Wenige Sekunden später stand ich mit einem Becher in der Hand im Türrahmen meines Zimmers. Rudi Mühlen hatte den Hörer meines Telefons in der Hand. Er saß mit dem Rücken zu mir. Als ich mich räusperte, ließ er das Telefon in Ruhe.
»Ich habe versucht, meine Frau zu erreichen!« erklärte er. »Sie soll mir meine Migräne-Tabletten bringen. Aber es ist leider besetzt. Ich werde es gleich noch einmal versuchen.«
Ich reichte ihm den Becher. Dankbar griff er danach und trank gierig.
»Danke.« Mühlen erhob sich schwerfällig. Langsam wankte er zur Tür. Er war wirklich angeschlagen.
Er war fast an der Tür, als er plötzlich verharrte. Sein Kopf drehte sich in die Richtung eines leise summenden Geräusches. »Eine Fliege! Sie haben eine Fliege in Ihrem Zimmer!«
Der Vorwurf in seiner Stimme war nicht zu überhören.
»Die stört mich nicht«, beruhigte ich ihn, »im Sommer gibt es immer Fliegen.«
»Haben Sie
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