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Grappa dreht durch

Grappa dreht durch

Titel: Grappa dreht durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Wollenhaupt
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geholfen?«
    »Nein. In diesem Sender ist jeder mit sich selbst beschäftigt.« »Und BIG Boss? Als Chef müßte er so etwas doch bemerken!«
    Betty schaute mich an, als wäre ich eine Erscheinung aus einer anderen Welt. »Der doch nicht. Er hat insgeheim Spaß, wenn sich seine Leute fetzen!«
    »Divide et impera! Und du? Hast du ihm wenigstens geholfen?«
    Betty wurde rot. Sie senkte den Blick zu Boden, als sie sagte: »Nicht so, wie es nötig gewesen wäre. Ich mache mir deshalb manchmal Vorwürfe.«
    »Und die Ritzenbaum? Hat sie ebenfalls Gewissensbisse oder betrachtet sie Masuls Tod als gerechte Strafe?«
    »Sie ist zusammengebrochen, als sie von seinem Selbstmord erfahren hat.«
    »War es wirklich Selbstmord?«
    Betty fixierte mich. Ich ließ sie nicht aus den Augen. Instinktiv spürte ich, daß sie mir gern etwas gesagt hätte. Dann war die Sekunde des Zögerns vorbei.
    112
     

»Die Polizei spricht von Selbstmord«, meinte sie lahm. »Die Ermittlungen sind eingestellt worden.«
    »Das weiß ich. Aber es wäre nicht das erste Mal, daß sich die Polizei irrt.«
    »Wer sollte einen Grund gehabt haben?«
    »Keine Ahnung. Denk doch mal nach! Der Mann weiß, daß seine Familie keinen Pfennig Geld erhält, wenn er Selbstmord begeht. Er hinterläßt keinen Abschiedsbrief. Wie ist er in den Besitz des Schlüssels gekommen? All diese Fragen sind noch ungeklärt.«
    »Woher weißt du denn, daß John eine Lebensversicherung abgeschlossen hatte? Du bist ja gut informiert!« Sie schwankte zwischen Neugier, Verblüffung und Mißtrauen.
    »Das hat mir seine Frau erzählt, als sie neulich die Kiste mit seinen Sachen abgeholt hat. Wir kamen kurz ins Gespräch. Kennst du die Familie?«
    Betty schüttelte den Kopf. Mit ihrer Redseligkeit war es zunächst vorbei. Ich schaute auf die Uhr. Zeit für die Mischung.
    Auf dem Weg ins Studio übte ich meinen Text:
    Kurz nach 21 Uhr im Bierstädter Naherholungsgebiet. Blätter knistern und Zweige knacken, eine Gestalt bewegt sich. Sie steuert auf die Straße zu, um sie zu überqueren. Die Gefahr wird mißachtet, der Tod in Kauf genommen, für das Weibchen zählt nur eins: Wie komme ich in das Gewässer, das mir und meiner Art das Überleben garantiert? Es ist Bufo bufo, die Erdkröte, die sich dem unwiderstehlichen Ruf der Natur nicht verweigern darf, auch wenn es sie das Leben kosten kann. Auf ihrem Rücken klammern sich mehrere Männchen fest, jeder von ihnen hofft, daß das Weibchen nur ihn erwählt, damit er allein seine Erbanlagen weitergeben kann ...
    113
     

Die Verhandlungen laufen an
    Rita welkte vor sich hin. Sie hatte den gesamten Tag vor dem Telefon verbracht, es nicht aus den Augen gelassen. Ihr blondes Haar war strähnig, das T-Shirt durchgeschwitzt, die Haut grau.
    Meine Schulkameradin bot ein Bild des Jammers. Ich ging in die Küche und inspizierte den Kühlschrank. Außer ein paar Eiern und etwas durchwachsenem Speck gab es nichts zu entdecken. Doch für ein paar Rühreier reichten die Accessoires dicke aus.
    Während ich brutzelte, kam Rita in die Küche. Sie setzte sich auf die Eckbank, zog die Knie hinauf zum Kinn und umfaßte ihre Beine. Der Blick suchte einen nicht vorhandenen Fixpunkt auf der Küchentapete.
    Ich verteilte das Gelbe auf die bereits angebratenen Speckstückchen. Es zischte und roch gut.
    »Wo sind die Teller?« fragte ich. Rita rührte sich nicht. Ich versuchte es in dem Hängeschrank über mir und gewann;
    »Bitte iß etwas«, ermahnte ich sie, »du brauchst deine restlichen Kräfte. Ich kann und werde nicht mit ansehen, wie du vor die Hunde gehst.«
    »Als ob dir das nicht egal ist!« flüsterte sie.
    »Nun ist aber Schluß! Ich lasse meinen Zeitungsjob sausen und schleiche mich in diese Firma ein, nur um ein paar Anhaltspunkte für deine Mordthese zu kriegen. Bertha und ich schlagen uns die Nacht um die Ohren und gucken in die Glotze, bis wir wunde Augen haben. Daß du uns egal bist, kannst du nun wirklich nicht behaupten.«
    »Entschuldige!« Ihre Stimme war gebrochen. »Ich bin völlig fertig. Diese Warterei macht mich noch wahnsinnig!«
    Das Rührei lag duftend auf den Tellern.
    »Bertha und ich haben einen interessanten Film in Johns Nachlaß gefunden.«
    Sie erwachte aus ihrer Erstarrung. »Ist es der Film, um den es geht?«
    114
     

»Nein. John hat Alfons Brokkoli abgelichtet, als er vor Gericht stand. Wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Allerdings endete das Verfahren mit einem Freispruch mangels Beweisen.«
    Rita

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