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Grappa dreht durch

Grappa dreht durch

Titel: Grappa dreht durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Wollenhaupt
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schmiedeeiserne Gartentor. Mit wehenden Trenchcoats, die Hüte tief ins Gesicht gezogen, betraten die Männer den Kiesweg.
    »Das ist Hausfriedensbruch!« stellte ich fest, als ich hinter den sechs Männern herlief.
    »Dann kann er ja die Polizei rufen!« sagte Luigi ruhig. Der Weg zum Haus kam mir sehr weit vor. Man hätte uns vom Haus aus ohne besonderes Können umnieten können. Doch nichts geschah. Der gepflegte Garten lag in paradiesischer Ruhe. Ich konstatierte englischen Rasen, auf dem toskanische Tontöpfe und einige Marmorfiguren standen. Sie sahen aus wie Nachbildungen aus antiken Museen.
    Dann standen wir vor der Haustür. Sie sah nicht besonders gesichert aus.
    »Du bleibst draußen!« sagte Luigi zu Bertha.
    »Warum bin ich dann mitgekommen?« maulte sie.
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»Falls die Sache schief geht mußt du die Polizei holen. Claro?«
    Sie nickte eingeschüchtert.
    »Ich bin aber dabei!« beugte ich vor.
    »Du kommst mit. Du kennst das Mädchen. Bleib aber in meiner Nähe.«
    Mit Entsetzen sah ich, daß Luigi eine Handgranate aus der Tasche zog.
    »Ist es das, wofür ich es halte?« flüsterte ich in Panik.
    »Nein. Kein Sprengstoff, nur Tränengas. Hier, nimm.«
    Er drückte mir eine Gasmaske in die Hand. »Weißt du, wie du sie benutzen mußt?«
    »Klar. Hab ich im Ersten Weltkrieg gelernt.«
    Wenigstens ich konnte über meinen Witz lachen. Ein Lachen der Verzweiflung.
    Dann hob einer der Männer das Maschinengewehr, ballerte auf das Schloß, die Tür sprang auf.
    Ein Mann sicherte den Hauseingang, drei stürzten die Treppe hinauf. Einer von ihnen öffnete mit dem Gewehr im Anschlag jede Tür und guckte hinein. Die ersten vier Zimmer waren leer. Im fünften saß ein verschlafener Leibwächter kerzengerade im Bett. Bevor er zu irgendeiner Verteidigung fähig war, wurde er mit Handschellen an den Bettpfosten geklemmt.
    Das letzte Zimmer hatte eine zweiflügelige Tür. Luigi trat sie ein. Im Schein der ersten Morgensonne saß Alfons Brokkoli auf einem goldfarbenen Bett, über dem ein Baldachin schwebte. Die Daunendecke mit dem seidenen Bettbezug hatte er bis unters Kinn gezogen. Die schwarzgefärbten Haare und der dicke Schnäuzer harmonierten mit seiner kalkweißen Gesichtsfarbe.
    »Decke runter!« befahl Luigi.
    Langsam schob Brokkoli das Teil nach unten, jede Sekunde darauf bedacht, keine hastige Bewegung zu machen. Sein untersetzter Körper steckte in einem gestreiften Flanellschlafanzug, von dem er allerdings nur die Jacke trug.
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Neben ihm kauerte eine Frau, die die dazu passende Hose angelegt hatte. Sie hatte sich ängstlich in die Kissen gedrückt.
    Brokkoli verdeckte seine Blöße mit der Hand. Sie reichte dicke aus. Dann fiel sein Blick auf mich. Er war unsicher, wo er mich einordnen sollte. Irgendwann würde es ihm wieder einfallen. Ein ungutes Gefühl stieg in mir hoch.
    »Was wollt ihr?« krächzte er ängstlich.
    »Das Mädchen! Und zwar pronto!«
    Luigis Stimme barst vor Entschlossenheit. Um keine Unklarheiten aufkommen zu lassen, zog er die Granate aus der Manteltasche.
    »Also! Wo ist sie?«
    »Im Keller!«
    Luigi ging auf Brokkoli zu, entfernte die Sicherung der Handgranate und drückte dem Mann das Ding in die Hand. »Schön festhalten!« riet er ihm.
    Brokkoli starrte wie vom Donner gerührt auf das eierförmi-ge Ding und wurde ganz still.
    »Wenn du brav bist, Lallensick, dann nehm ich dir das Ding wieder ab, wenn wir verschwinden. Capito?«
    Brokkoli traute sich kaum zu atmen. Schweiß stand auf seiner Stirn, bewegte sich nach unten, lief in Augen und Kragen.
    Luigi drehte sich um, kniff mir ein Auge zu und sagte: »Komm!«
    Ein Mann blieb vor der Tür zurück.
    Der Weg nach links führte zur Haustür, also mußte der Keller rechts liegen.
    Hinter einem schweren roten Samtvorhang führte eine Treppe nach unten. Wir stiegen hinab. Es war ziemlich dunkel. Luigi knipste eine Taschenlampe an. Dann entsicherte er seine Schußwaffe.
    Rechts und links türmten sich Weinregale voller Flaschen bis unter die Decke. Ich hätte gern die Etiketten studiert, denn die Tropfen sahen edel aus. Am Kopfende des langen schmalen Raums sahen wir eine Tür. Luigi drückte vergebens die Klinke herunter.
    137»Carola!« schrie ich los. »Hier ist Maria Grappa. Bist du da drin?«
    Eine Weile hörten wir nichts. Dann sagte eine müde Stimme leise: »Holt mich hier raus, bitte! Geht nicht weg! Holt mich hier raus!«
    »Ist ja gut, Kleines! Deshalb sind wir ja gekommen. Gleich bist du draußen!«
    Luigi hob

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