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Grappa dreht durch

Grappa dreht durch

Titel: Grappa dreht durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Wollenhaupt
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bin‘s nur. Wie geht es dir?«
    »Nicht gut«, flüsterte sie, »hast du eine Nachricht?«
    »Morgen mittag wird Carola wieder bei dir sein«, versprach ich. »Ich kann dir jetzt nicht mehr sagen. Du mußt Vertrauen zu mir haben. Ist Bertha bei dir?«
    Der Hörer wurde weitergereicht.
    »Morgen früh startet die Aktion. Sei bitte um vier Uhr morgens bei mir. Sag Rita nichts davon. Und - noch eine Bitte. Ich muß gleich in die Redaktion. Ruft mich bitte auf keinen Fall dort an! Ich bin sicher, daß mein Telefon abgehört wird.«
    »Mein lieber Schwan«, murmelte Bertha, »dann muß dieser Brokkoli Freunde bei >Teleboss< haben, oder?«
    »Es scheint so. Also - keinen weiteren Kontakt zu mir, solange ich im Sender bin. Bis morgen. Geh früh ins Bett, damit du frisch bist. Und träume was ganz besonders Schönes.«
    »Hast du einen Vorschlag?«
    »Vielleicht was Unanständiges?«
    »Ich werde mein Bestes tun!«
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Rosi Ritzenbaum und das Delegationsprinzip
    Der erste, der mir bei »Teleboss« an diesem Morgen über den Weg lief, war Mike Zech.
    »Hallo! Wann holen wir unser Abendessen nach?« fragte er.
    »Gar nicht!« antwortete ich so freundlich wie ein Kühlschrank. »Ich bin gerade auf Diät!«
    »Und die halten Sie immer durch?« Er lächelte. Irgendwie spöttisch.
    »Nicht immer. Aber es kommt auf den Grund an. Und Sie sind keiner!«
    Der Mann war nicht zu erschüttern. »Das gilt es auszuprobieren. Wie wäre es mit morgen abend?«
    Ich hatte keinen Nerv auf neckische Spiele. »Bei mir werfen Sie mit Ihrem Hinterhof-Charme keine Tore! Außerdem habe ich zur Zeit andere Sorgen«, giftete ich.
    »Schade! Ich hätte Ihnen gern meine starke Schulter zum Anlehnen angeboten!« rief er mir nach.
    In meinem Zimmer schraubte ich die Sprechmuschel ab und fand die Wanze. Ich ließ sie drin und malte mir besondere Foltermethoden für Rudi Mühlen aus. Eine Chemotherapie wäre nett, damit ihm die Haare ausfallen. Oder drei Stunden festgeschnallt auf der Sonnenbank, oder einen Liter Rizinus pur auf ex.
    Als Mühlen wenige Minuten nach meinen Racheträumen leibhaftig in der Tür stand, mußte ich mich beherrschen, um ihn nicht mit der Schreibmaschine zu bewerfen.
    Er bat mich, den fünfminütigen Nachrichtenblock für das Regionalmagazin am Abend zusammenzustellen.
    »Elvis Wüsten dreht gerade die Bilanzpressekonferenz des Stahlkonzerns und fährt danach mit Betty Blasius in den Bierstädter Norden. Da ist gestern nacht ein Haus abgebrannt, 30 Leute mußten evakuiert werden. Sie können auch noch den neuesten Waldschadensbericht einarbeiten. Etwa 30 Sekunden Fakten, die Bilder dazu gibt es im Archiv. Dann noch ein paar kleine Sachen vom Tage, die Sie selbst zusammenstellen. Bei
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Frau Ritzenbaum bekommen Sie die notwendigen Unterlagen für die Termine.«
    Ich zwang mich zu einem Lächeln. Rudi Mühlen verschwand. Ich hatte eigentlich noch mit einer weiteren Folge seiner Krankheitsgeschichten gerechnet, doch sie blieb mir erspart.
    Rosi Ritzenbaum saß hinter dem Tresen und plauderte mit Mike Zech. Die gute Seele der Redaktion hatte frischen Kaffee gekocht und einen Berg Kuchen besorgt. Für alle Fälle lag noch ein frisch verpacktes Pfund Erdnußkekse daneben.
    Ihr Lachen war lauter als sonst und vibrierte. Es hörte sich nach einem Rudel von Silberglöckchen an. Sie hatte sich ganz auf ihn konzentriert, denn sie sah mich überhaupt nicht. Ein hübsches Sittengemälde!
    Mike Zech ließ sich sichtlich gern verwöhnen. Als er mich sah, wie ich ziemlich genervt in der Tür stand, legte er seine gebräunte Hand mit den schmalen Fingern auf die rotlackierte Kralle der Ritzenbaum. Seine lila Augen versenkten sich in meine, die Funken sprühten. Na warte, dachte ich, verdammter Casanova!
    Ritzenbaums Hand streichelte inzwischen hingebungsvoll den Unterarm des dubiosen Schönlings. Sie hatte mich noch immer nicht bemerkt.
    »Ich störe ungern den Beginn oder die Fortsetzung einer wunderbaren Freundschaft«, sagte ich ironisch, »aber ich bin hier, um zu arbeiten. Frau Ritzenbaum, geben Sie mir die Unterlagen von den heutigen Terminen! Dann bin ich schon wieder verschwunden und überlasse Sie Ihren sozialhygienischen Übungen!«
    Ritzenbaum wurde rot. Zech grinste frech. Dann nestelte sie hektisch in irgendwelchen Papieren.
    »Hier haben Sie die Sachen!« sagte sie.
    Ich griff danach. »Noch eine Bitte, Frau Ritzenbaum! Rufen Sie bitte im Bildarchiv an und lassen Sie sich die Kassetten zum Thema >Wald< herauslegen. Ich

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