Grappa dreht durch
Handelskammer. Dann kam die Unterbrecherwerbung.
Eine gut aussehende Frau pries die Eigenschaften einer neuen Monatsbinde: »Nur mit ihr fühle ich mich völlig sicher!« Ein anderes Hygienewunder nannte sich »Weißer Riese« und bot sich als Glücksbringer für gestreßte Sauberfrauen an.
Ich drückte auf »Off« und schaute auf die Uhr. Es war gleich halb zwei. Ich öffnete die Fenster. Zwei Betrunkene torkelten über die Straße und intonierten ein deutsches Volkslied. Es
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hörte sich an wie »Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord«.
Eiche brutal und der Büroklassiker
Mike Zech, der dubiose Schöne, hatte mich doch noch rumgekriegt, mit ihm Essen zu gehen. Es sei alles rein dienstlich, hatte er behauptet.
Nun wartete ich bereits seit zehn Minuten in einem Bierstädter Speiserestaurant. Die Einrichtung war Eiche in ihrer brutalsten Form, aus der Speisekarte tropften Schmalz und Bier in jeder nur denkbaren Variante. Da saß ich nun mit meinen frisch gewaschenen Haaren, dem schlankmachenden Kleid und dem Wunsch, wenigstens heute abend die Illusion eines Privatlebens zu haben.
Ich hatte schon einige Mineralwasser mit Zitrone intus, als mich ein Kellner, angetan mit einer speckigen Lederschürze, zum Telefon rief. Es war schon 20 Uhr.
»Ja, bitte?« murrte ich in den Hörer.
»Hier ist Mike«, sagte er leise, fast flüsternd, »Sie müssen mir helfen. Ich bin in meinem Büro eingeschlossen!«
»Originelle Ausrede fürs Zuspätkommen!« fauchte ich.
»Hören Sie! Jemand hat mich eingeschlossen. Irgend etwas geht hier vor. Kommen Sie bitte sofort hierher, und versuchen Sie ...«
Das Gespräch brach ab. Verwirrt legte ich den Hörer auf. Langsam ging ich zu meinem Tisch zurück. Der Kellner lächelte säuerlich, als ich das Geld für drei Mineralwasser hinlegte.
Zechs Anruf hatte etwas Beunruhigendes. Hatte ich Angst in seiner Stimme gehört?
Ich brauchte eine Weile, um meinen Japaner in dem riesigen Parkhaus wiederzufinden. Jede Etage sah hier gleich aus, und mein Orientierungssinn war nicht der beste.
Mit quietschenden Reifen erreichte ich das City-Center. Der
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Pförtner sah nur kurz auf und ließ mich dann passieren, der gläserne Fahrstuhl hob mich nach oben. ,
Auf dem Flur der Firma »Teleboss« war alles ruhig. Ich kramte in meiner Handtasche nach dem Schlüssel. Jetzt zahlte es sich aus, daß ich mir ein Duplikat besorgt hatte. Leise steckte ich es ins Schloß, die Tür schnappte auf.
Der Vorraum, in dem gewöhnlich Frau Ritzenbaum thronte, war leer und aufgeräumt. Ich wollte Mike Zechs Namen rufen, doch irgend etwas hielt mich zurück.
Unter der Tür des Büros von BIG Boss sah ich nämlich einen flauen Lichtschein. Leise schlich ich mich zur Tür, griff die Klinke und drückte sie sachte hinunter. Dann öffnete ich die Tür einen Spalt.
Im Raum brannte nur eine Schreibtischlampe, die jemand mit einem Tuch abgedeckt hatte. Auf dem Tisch lag Rosemarie Ritzenbaum mit weit geöffneten Schenkeln. Ich konnte ihr Blondhaar im Lichtschein erkennen. Sie hatte den Kopf nach hinten gebogen, die Augen geschlossen und stöhnte zu den Stößen, die der Mann zwischen ihren Schenkeln vollführte.
Ich hatte mit allem gerechnet, doch nicht mit einer Schreibtischnummer. Der Büroklassiker, dachte ich, vögeln, abschlenkern, eine Rauchen und Tschüs.
Aber warum hatte Zech gewollt, daß ich seine Nummer mit der geilen Rosi zu Gesicht bekam? Es ergab keinen Sinn. Ich kam mir vernatzt vor und wollte möglichst schnell verschwinden. Die Zimmertür lehnte ich nur an, um das Paar nicht zu stören.
Schon gar nicht auf den letzten Metern, die die beiden gerade angepeilt hatten. Auf dem Flur hörte ich sie laut röcheln und ihn tief stöhnen. Der Schreibtisch ächzte rhythmisch dazu.
Die Zustände in dieser Firma sind wirklich unmöglich, dachte ich, Zech hat schon eine merkwürdige Einstellung zu seiner Arbeit!
Im Erdgeschoß verwickelte ich den Pförtner in ein Ge-
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spräch. Er hatte seinen Dienst vor zwei Stunden angetreten und bereits die erste Runde hinter sich.
»Und? Gab es heute etwas Ungewöhnliches?«
Der Mann war froh, daß sich jemand für seinen Job interessierte. Langatmig schilderte er seine verschiedenen Aufgaben.
»Dann wissen Sie also immer ganz genau, wer sich in welchen Büros zu welcher Zeit aufhält?« fragte ich. »Wer befindet sich zum Beispiel zurzeit im >Teleboss<-Büro?«
Er schaute in sein Buch. »Niemand«, sagte er stolz. »Schauen Sie
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