Grappa dreht durch
ermordet. Er schloß sich in sein Zimmer ein, weil er wußte, daß Sie die Wahrheit sagen würden.«
»Und der Schlüssel?«
»Kein Problem«, strahlte Brinkhoff, »den Schlüssel haben wir. Er lag unten in den Blumenbeeten. Genau unter dem Fenster seines Büros. Er hat sich also eingeschlossen und den Schlüssel durch das Oberlicht hinuntergeworfen, um uns zu täuschen. Schließlich hatte er Ihnen die Geschichte mit seiner unfreiwilligen Gefangenschaft erzählt. Dann wartet er, bis jemand das Opfer entdeckt, läßt sich befreien und spielt den Unschuldigen. Ganz schön ausgeklügelt, oder?«
»Aber eine ziemlich dumme Art, sich reinzuwaschen, finden Sie nicht? Warum ist er nicht einfach gegangen? Sie hätten ihm schließlich beweisen müssen, daß er die Frau nicht nur gebumst, sondern auch umgebracht hat. Wenn er mich nicht in dem Restaurant angerufen hätte, hätte er es noch einfacher gehabt, seine Spuren zu verwischen.«
Die Story war zu skurril, um nicht zu stimmen. Schade, dachte ich, daß ich vergangene Nacht einfach weggegangen bin. Wenn ich das Pärchen gestört hätte, wäre die Ritzenbaum vielleicht noch am Leben.
Brinkhoff widersprach nicht. So ganz sicher schien er auch
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nicht zu sein, den richtigen Mörder eingebuchtet zu haben. »Welchen Job hatte Zech eigentlich in dem Sender?«
»Er war erst seit ein paar Wochen bei uns. Er sollte die Organisationsstruktur und die Arbeitsabläufe überprüfen. Wie ernst er seine Aufgabe genommen hat, weiß ich allerdings nicht.«
»Offenbar sehr ernst, wenn man an den ungewöhnlichen persönlichen Einsatz denkt!« grinste Brinkhoff.
Ich wußte, an was er dachte. Kolleginnen zwischen Diktat und Kaffeepause auf dem Schreibtisch zu vernaschen, davon träumt fast jeder Beamtenfuzzi.
»Wo ist Zech jetzt?«
»Er sitzt in U-Haft. Heute nachmittag wird er dem Haftrichter vorgeführt.«
»Wie lautet der Haftbefehl?«
»Die Staatsanwaltschaft geht von Mord aus. Hilfsweise Totschlag. Vielleicht hatte sie ja Spaß daran, wenn der GV etwas brutaler gestaltet wurde. Ein Unfall in der Hitze des Gefechtes sozusagen!«
»Ihre Phantasie geht mit Ihnen durch, Herr Brinkhoff. Brauchen Sie mich noch?«
»Sie können gehen. Das Protokoll Ihrer Aussage machen wir später.«
Ich ging zur Tür.
»Ich habe doch noch eine Frage!« rief Brinkhoff mir nach. »Wir fanden überall Spuren dieses merkwürdigen Gebäcks. Der Täter hat die Kekse zerbröselt und über der Leiche der Frau verteilt. Überall lagen Erdnüsse herum. Wissen Sie, was das bedeuten könnte?«
»Vermutlich ein Ritualmord des kolumbianischen Erdnußkartells«, witzelte ich.
»Die Tote war wohl nicht zufällig Ihre Freundin?« grinste er.
»Nicht direkt«, entgegnete ich. »Aber was heißt schon >Freundschaft< in einer Welt, in der jeder nur an sich selbst denkt?«
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Gegen Mittag sahen die Firmenräume fast wieder so aus wie immer. Nur die albanische Putzfrau fluchte. Sie mußte die zertretenen Erdnußkekse aus dem Teppichboden saugen, und das war Schwerstarbeit.
Ein Mörderhintern und bewegte Bilder
»Merkwürdiger Laden, in dem du arbeitest!« meinte Peter Jansen vom »Bierstädter Tageblatt«. Meine ehemalige Zeitung hatte den Sexualmord bei der Fernsehproduktionsfirma »Teleboss« in schillernden Farben geschildert - so wie ich es auch getan hätte. Früher, als ich noch glücklich und unbeschwert meinem Job nachgegangen war.
Wir hatten uns in einem Café verabredet, das in der Nähe der Redaktion des »Bierstädter Tageblattes« lag. Genüßlich machte ich mich über einen Eisbecher her, der eigentlich viel zu groß war.
»Ich habe den Mörder gesehen«, teilte ich Jansen mit. »Ehrlich? War es dieser Zech?«
»Ich kann es nicht sagen. Ich sah nur den Hintern des Mörders.«
»Ich lach mich weg! Und wie sah er aus?« »Wer?«
»Na, der Hintern!« »Nicht übel!«
»Vielleicht gibt‘s eine Gegenüberstellung!«
Er wollte sich ausschütten vor Lachen. Die Vorstellung, daß alle »Teleboss«-Angestellten die Hosen auf Anweisung der Kripo fallen lassen müßten, versetzte auch mich in Heiterkeit.
Wir lachten gemeinsam. Erinnerungen an meine Zeitungszeit überkamen mich. Damals hatte ich noch Zeit gehabt, mich ein paar Wochen lang mit nur einer Story zu befassen. Im aktuellen Fernsehgeschäft war das ganz anders. Die Storys waren verderbliche Ware, die mit sich bewegenden Bildern garniert
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wurde. Wenn das Glück auf der Seite des Fernsehreporters war, paßten die Bilder
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