Grappa Und Die Seelenfaenger
jedenfalls schreibt sie das. Ob es diesen Garten wirklich gibt, steht nicht fest. Vielleicht ist es eine Metapher für einen Wohlfühlraum. Aber in einem hast du recht, Maria. Sie war bis zuletzt dort. Wir werden alle Personen, die mit Frau Weber zu tun hatten, ausführlich befragen. Danke, dass Sie beide sofort vorbeigekommen sind.«
Er wollte uns loswerden. Das Telefon klingelte. Ich spitzte die Ohren.
»Ist das wahr?«, sagte Kleist. »Kein Irrtum möglich? Ja, danke. Ich warte dann auf das amtliche Ergebnis.«
Er legte auf, atmete tief durch. »Herr Weber, ich habe noch eine Frage. Hatte Monika einen Freund oder Lebensgefährten? Einen Liebhaber?«
Weber verneinte.
»Sie war im vierten Monat schwanger«, verkündete Kleist. »Jetzt müssen wir unsere Ermittlungen sehr viel weiter ausdehnen. Und Sie haben keinerlei Verdacht? Gab es Telefonanrufe? Blumengeschenke? Irgendetwas, was auf einen Mann hindeuten könnte?«
»Ich hab nie etwas bemerkt.« Über Webers Gesicht liefen Tränen. »Bettina muss es wissen. Schwestern erzählen sich doch so etwas. Haben Sie Bettina schon vernommen?«
»Nein. Wir stehen noch ganz am Anfang. Gedulden Sie sich bitte.«
Damit komplimentierte er uns aus seinem Büro. Im Vorraum duftete es nach Kaffee. Kleists Sekretärin stand angeregt schwatzend neben der Kaffeemaschine.
»Dr. Kleist ist jetzt frei«, sagte sie mit einem Blick auf mich. »Bitte schön, Frau Billerbeck. Und auf Wiedersehen, Frau Grappa.«
Die Frau war klein und drahtig, hatte kurzes blondes Haar und eine rosige Gesichtsfarbe. Mindestens fünfzehn Jahre jünger als ich.
»Clara, schön, dass du da bist«, hörte ich Kleist in meinem Rücken. »Hattest du eine gute Fahrt?« Seine Stimme klang sehr erfreut.
Ich drehte mich noch einmal kurz um. Doch Kleist schenkte seine ganze Aufmerksamkeit der ehemaligen Kollegin. Fast wäre ich über einen großen Koffer gestolpert. Clara Billerbeck hatte sich nicht nur auf einen Kurztrip eingestellt.
Wie reinigt man eine Seele?
Die Pressemitteilung war wenig gehaltvoll. Der Tod einer Frau wurde gemeldet, die durch Gewalteinwirkung gegen den Hals zu Tode gekommen sei. Aber ich wusste ja schon mehr.
Das Foto, das ich von dem Brief gemacht hatte, war brauchbar.
Der Garten ist der Ort, in dem andere frühere Zweifler und ich eine Weile verbringen werden, um rein und offen zu werden … Nein, das war keine Metapher. Das klang eher nach einem Umerziehungslager für Sektenkritiker.
Ich rief Schnack an und gab ihm einen Kurzbericht der Ereignisse und wies auf Monikas Brief hin. Er zickte nicht, sondern gab mir sechzig Zeilen.
»Aber geben Sie bitte acht bei der Wortwahl, Grappa«, ermahnte er mich. »Diese Leute haben eine exzellente Rechtsabteilung.«
»Dezenz ist mein zweiter Vorname, Herr Schnack.«
WER ERWÜRGTE MONIKA W.? – GIBT ES EINE VERBINDUNG ZU DER KIRCHE DER ERLEUCHTETEN?
Monika W. ist tot. Ihre Leiche wurde in einem Wald bei Bierstadt gefunden. Ersten Ermittlungen zufolge wurde die 32-Jährige erwürgt. Der endgültige Obduktionsbericht ist noch nicht da, doch steht schon fest, dass die junge Frau schwanger war.
Es gibt einen Anlass zu der Frage, ob die Kirche der Erleuchteten mit diesem Todesfall in Zusammenhang steht. Das letzte Lebenszeichen von Monika W. ist ein Brief an den Vater, den dieser erst nach ihrem Tod erhielt. Dieses Schreiben liegt unserer Zeitung vor. Darin heißt es unter anderem: ›Lieber Vater! Mach dir keine Sorgen. Es geht mir gut. Ich habe meinen Garten gefunden und er ist hier, in der Kirche. Ich bin angekommen im Paradies und werde den Weg weitergehen, bis zur völligen Befreiung meiner unsterblichen Seele.‹
Jetzt ist Monika tot und ihr Vater Arnold W. verzweifelt. Seine Tochter ist eine ganz normale junge Frau gewesen, lebenslustig und voller Pläne, so schildert er sie. Das änderte sich, als sie vor drei Jahren in Kontakt mit der Kirche der Erleuchteten kam – hineingezogen von der eigenen Schwester. Danach war nichts mehr wie früher.
Ich machte eine Pause und suchte die Visitenkarte von Robert Fuchs, dem Operierenden Thetan. Da er meinen Anruf sowieso erwartete, gab es keinen Grund, es nicht jetzt zu tun.
Ich drückte die Tasten und es meldete sich jemand.
»Hallo?«
»Spreche ich mit Herrn Fuchs?«
»So ist es.« Er hatte eine angenehm sonore Stimme.
»Grappa vom Tageblatt. Ihr Herr Hold gab mir Ihre Visitenkarte und richtete aus, Sie wollten sich entschuldigen. Wofür eigentlich?«
»Das ist jetzt
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