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Grappa und die Toten vom See

Grappa und die Toten vom See

Titel: Grappa und die Toten vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Wollenhaupt
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schwatzte weiter, um Condi von meiner Harmlosigkeit zu überzeugen. Doch das war nicht nötig. Sie hatte sowieso nur Augen für meinen Hauptkommissar. Auch Waynes Dackelblick schien sie nicht zu bemerken.
    Ach was, dachte ich, du bist zu alt, um eifersüchtig zu sein. Kümmere dich um deine Arbeit, kläre den Fall und fahr wieder nach Hause.
    Condi hielt die Tasse mit abgewinkeltem kleinem Finger. Ihre Nägel hatten betonte weiße Schaufelspitzen. French Manicure hieß diese Art des Nageldesigns. Tussenlook.
    »Wir müssen dann los.« Kleist rückte seinen Stuhl zurecht und stand auf. »Termin in der Kriminaltechnik. Die Untersuchung des Wagens, in dem die Familie gefunden wurde, dürfte abgeschlossen sein.«
    Die Tusse nickte bestätigend.
    Sekunden später marschierten die beiden aus dem Frühstücksraum.
    Wayne schaute ihnen nach. »Guck mal, Grappa, sie trägt einen Stringtanga! Mag dein Freund so was?«
    Tatsächlich zeichnete sich unter dem engen Rock alles ab.
    »Meine Unterbekleidung war noch nicht Thema in unseren Gesprächen«, antwortete ich. »Solche Hosen sind übrigens absolut unbequem.«
    Wandern im Wald und weinen bei Walen
    In der nächsten halben Stunde sichteten wir in meinem Zimmer Waynes Fotos.
    »Hier ist noch ein nettes Bild von deinem Kleist mit dieser Condi. Unterzeile: Der Leitende Hauptkommissar der Kripo mit seiner ständigen Begleitung Condi Sarotti.«
    »Maronetti. Und dieses Foto schickst du nicht an die Redaktion.«
    Er prustete los und ich warf ihm einen warnenden Blick zu. »Übertreib’s nicht mit der Häme, mein Freund!«
    »Aye, aye, Madam. Und nun ab in den Wald.«
    Wer hat dich, du schöner Wald, aufgebaut so hoch da droben – hatte Joseph von Eichendorff gedichtet. Nicht, dass ich angesichts tiefer Wälder romantisch werde, doch dieser hier hatte einen besonderen Charme. Eichen, Buchen, Fichten und andere Laubbäume, Farne, Moose und Ilex. Sie hatten sich im Laufe der Jahrzehnte miteinander arrangiert und ausreichend Lücken gelassen, sodass auch die Nachwuchslaubbäume Licht bekamen. Die Straße war neu geteert und wir kamen gut voran.
    Wayne hielt die Straßenkarte, aber er war hoffnungslos überfordert.
    »Wayne – du warst wohl nie ein Pfadfinder.«
    »Gib doch einfach den Begriff Tatort ins Navi ein«, scherzte Wayne.
    »Du bist mal wieder ungeheuer witzig. Schau lieber nach Reifenspuren. Die Bullen waren sicher nicht nur mit einem Fahrzeug hier. Ich muss mich auf die Straße konzentrieren.«
    Im Rückspiegel erschien ein großer weißer Transporter, auf dem eine große Sonnenblume prangte. Er fuhr dicht auf und ließ das Fernlicht aufblitzen.
    »Verdammter Rüpel«, schimpfte ich. »Mich scheuchst du nicht!«
    Wayne hielt den Arm aus dem Cabrio und zeigte seinen Stinkefinger. Wütendes Hupen war die Quittung.
    Um des lieben Friedens willen stoppte ich dann doch in einer Bucht und der Transporter zog an uns vorbei. Auf der Seite sah man noch mehr bunte Blümchen, und auf der Rückseite groß den Schriftzug Vivaio.
    »Das ist bestimmt ein Ü-Wagen«, meinte Wayne. » Vivaio klingt wie Liveübertragung.«
    »Gib mal die Karte«, verlangte ich.
    Wayne war in seinem Männerstolz verletzt, rückte sie trotzdem heraus. Ich grübelte über dem Straßenverlauf, konnte jedoch nicht rekonstruieren, wo wir waren.
    »Du hättest den Verlauf der Straße mit den Kurven auf der Karte vergleichen können, dann wüsstest du, wo wir sind. Jetzt müssen wir zurück runter an den See und das noch mal richtig machen.«
    Wayne lenkte ab: »Warum ist es so ruhig hier? Und so schön?« Er atmete tief und betrachtete verzückt die Baumkronen.
    »Weil wir im Wald sind. Und der hat die Menschen schon immer fasziniert. Diese Faszination findet übrigens in Geschichten und Gedichten ihren Niederschlag.«
    »Das erklärt aber nicht, warum der Wald uns Menschen so fasziniert.«
    »Weil der Mensch trotz der Zivilisation ein Naturwesen ist. Ich mag Wälder auch, aber in Tränen ausbrechen muss ich bei etwas anderem.«
    »Du?«
    »Ja, ich.«
    »Erzähl!«
    Sollte ich mich so entblößen? Ja. Und der Tatort würde nicht weglaufen.
    »Ich hab mal Urlaub in Madagaskar gemacht. Und plötzlich tauchte im Meer ein Rudel Wale auf. Ich war wie vom Donner gerührt. Sie spielten miteinander, umkreisten sich, tauchten auf und ab – ein unglaubliches Schauspiel. Und das war kein Fernsehen, sondern echtes Leben. Dann kam der Augenblick, als die Schwanzflosse sich aus dem Wasser erhob und wieder im Meer verschwand

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