Grappas Gespuer Fuer Schnee
Film den genauen Standort des Schützen verraten.«
»Warum legt jemand so was in meine Tasche?«, grübelte ich.
»Vielleicht aus Geltungssucht«, antwortete Kleist. »Der Täter will, dass du ihn und seine gelungene Tat in der Zeitung würdigst.«
»Ich hab genug mit der toten Kokain-Frau zu tun«, maulte ich. »Und jetzt noch das!«
»Dann haben wir ja beide zwei ungelöste Fälle im Gepäck«, sagte er. »Hattest du eigentlich vor, die Nettigkeiten in deinem Korb allein zu essen?«
»Eigentlich schon.«
»Wirklich?«
»Na ja, es würde auch für zwei reichen.«
»Ich muss noch ein bisschen arbeiten.« Er lächelte. »Aber heute Abend könnte ich dir beim Vertilgen der Inhalte deines Korbes helfen. Soll ich?«
Ich erinnerte mich an meinen kürzlich gefassten, unumstößlichen Vorsatz, Privates und Persönliches zu trennen – und sagte zu.
Auf dem Weg nach Hause stoppte ich am Rathausplatz. Nichts wies mehr auf den Mord an den Brautleuten hin. Ich stellte mich genau auf die Stelle, an der Sandra Becker erschossen worden war, und beobachtete die Häuser gegenüber. Viele Fenster, doch nur wenige Einblicke. Gardinen oder Jalousien verhüllten die Scheiben.
Irgendwo da oben muss der Mörder gewartet haben, dachte ich. Privatwohnungen gab es dort kaum, sondern hauptsächlich Geschäfte und Büros, deren Betreiber von der Nähe zum Rathaus profitieren wollten. Mehrere Autoschilder-Firmen, Rechtsanwälte, Versicherungen, Banken und Copyshops – alles Betriebe mit Publikumsverkehr. Keine einfache Aufgabe, alle Leute ausfindig zu machen, die sich zur Tatzeit dort aufgehalten hatten.
Das Schönste am Kochen war das Glas Wein während der Zubereitung des Essens. Ich hatte eine Flasche Chianti geöffnet. Der Rotwein wärmte mich innerlich und ich freute mich auf den Abend.
Ich schnippelte die Tomaten in würfelgroße Stücke, würzte sie kräftig mit Meersalz und Kräutern, die ich mittags auf dem Markt erstanden hatte, und gab ordentlich Knoblauch dazu. Auf frischem Brot angerichtet war das eine unübertroffene Vorspeise.
Danach sollte es Pasta mit Salbei und frischem Parmesan geben. Das war einfach und gut. Dazu Salat und die Leckereien vom Perser. Zum Nachtisch die Aprikosen.
Sollte ich Kleist von Lady Cora erzählen? Das wollte ich später spontan entscheiden. Wie ausgeprägt würde mein Mitteilungsbedürfnis wohl sein?
Noch eine Stunde bis zur verabredeten Zeit. Ich trank ein zweites Glas Chianti und überprüfte mein Aussehen. Für einen Mann, der mich nicht mehr interessierte, war es gut genug.
Mein Handy klingelte. Die Nummer des Anrufers war unterdrückt. Hoffentlich niemand, der mir den Abend mit Kleist vermieste. Zögernd ging ich dran.
»Wie hat Ihnen mein kleiner Film gefallen, Frau Grappa?«, fragte eine Männerstimme.
»Bitte? Wer sind Sie?«
»Schauen Sie nach Ihren E-Mails. Mein Name ist weddingplanner. «
Ende des Gesprächs. Ich atmete tief durch. Das ist ja wie in einem schlechten Film, schoss es mir durch den Kopf. Ein Telefongespräch mit dem Doppelmörder!
Oder war das nur ein Witzbold gewesen? Aber außer Jansen, Kleist und mir wusste niemand von der DVD. Das
Handy meldete sich erneut. Wieder keine Nummer auf dem Display. »Ja?«, fragte ich.
»Hier Kleist. Ich muss das Essen leider absagen, Maria. Wir haben den Dealer von Jessica Brühl verhaftet. Er könnte der Täter sein.«
»Das ist aber schade«, entgegnete ich.
»Wir holen das Treffen so bald wie möglich nach.«
Ich schluckte und bemühte mich, meine Enttäuschung nicht hörbar zu machen.
»Arbeit geht vor«, sagte ich. »Ich hab auch eine Neuigkeit für dich. Der Brautpaarmörder hat mich eben angerufen und sich erkundigt, wie ich seinen Film finde.«
»Hat er auf dem Handy angerufen?«
»Ja. Aber es war keine Nummer zu erkennen.«
»Ich finde sie heraus. Wir haben da Möglichkeiten.«
In meiner E-Mail-Box war tatsächlich Post von weddingplanner eingegangen.
Die Nachricht bestand aus einem einzigen Satz: Alle Wege führen nach Rom.
Ich starrte die Zeile an, aber ich konnte mir keinen Reim darauf machen. Was für ein seltsamer Mörder.
BILD am Sonntag: Dealer gefunden
Eine telemannsche Tafelmusik, die Leckereien vom Markt und der Chianti beflügelten meine Gedanken. Der Brautpaarmörder hatte mich im Visier. Musste ich deshalb Angst haben? Nein. Kleist hatte ihm Geltungssucht attestiert. Und ich konnte dem Mann behilflich sein, sie auszuleben.
Doch wie lange würde das gut gehen? Was würde geschehen,
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