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Grappas Gespuer Fuer Schnee

Titel: Grappas Gespuer Fuer Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Amokschütze? In Bierstadt?
    Leider kam ich nicht weit. Etwa dreihundert Meter vor dem Rathaus flatterte Absperrband. Die Bullen waren schnell gewesen. Ich ließ den Golf stehen und machte mich zu Fuß auf den Weg.
    Pöppelbaum meldete sich erneut. Er hatte das Rathaus von der anderen Seite angefahren und war schon auf dem Friedensplatz.
    »Es sind Schüsse gefallen«, berichtete er atemlos. »Auf wen, weiß ich nicht. Sie haben eine Sichtwand aufgestellt und lassen niemanden zum Tatort. Moment, der Notarztwagen fährt gerade vom Platz.«
    Er drückte mich weg. Ich hörte das Martinshorn des Krankenwagens. Dann fuhr er schon an mir vorbei.
    Vor dem Rathaus agierte die Mordkommission in Bestbesetzung. Ich erkannte Friedemann Kleist. Er sprach mit einer Gruppe von Menschen, die alle festlich gekleidet waren. In den Fenstern der Häuser, die sich rund ums Rathaus erhoben, hingen Neugierige.
    Aus der Ferne bemerkte ich Pöppelbaum. Er war in voller Aktion. Mit Fotoapparat und Digitalkamera bewaffnet tänzelte er wie ein Rennpferd vor der Rathaustreppe. Um die Fotos zu meinem Artikel musste ich mir also keine Sorgen machen.
    Ich pirschte mich näher heran. Die Spurensicherer suchten die Gegend ab, klaubten ab und zu etwas vom Boden auf und verstauten es in Plastikbeuteln. Einer der Männer hielt einen Strauß in den Händen, der zu groß war für die kleinen Plastikbehälter. Weiße Rosen, mit goldenen Bändern geschmückt und zu einem runden, festen Gebilde gesteckt. Ein Brautstrauß.
    »Zwei Tote«, berichtete Pöppelbaum, als wir uns gefunden hatten. »Die kamen gerade aus dem Standesamt. Und puff. Zwei Mal.«
    »O nein! Ein Brautpaar?«
    »Jep. Irgendeiner hat zwei Schüsse abgegeben. Ziemlich gekonnt. Sieht ganz nach Zielfernrohr aus.«
    Kamerateams drängten auf den Platz. Die Beamten wollten sie nicht an den Tatort heranlassen. Böse Worte wurden gewechselt.
    Zu gern hätte ich Kleist ausgefragt. Aber der war sehr beschäftigt. Es war mir noch nicht einmal gelungen, Blickkontakt zu ihm aufzubauen.
    »Ich kann hier nichts mehr erfahren«, meinte ich. »Ich arbeite den Rest telefonisch nach. Aber du kannst noch versuchen, aus den Fenstern da oben Bilder zu machen. Überblicke.«
    Eine Stunde später hatte ich den Artikel fertig. Die Pressestelle der Polizei und die Staatsanwaltschaft hatten eine knappe Verlautbarung verschickt. Die beiden Toten hießen Sandra Becker und Thomas Schulz, 28 und 32 Jahre alt. Sie hatten sich im Standesamt das Jawort gegeben und waren anschließend auf der Treppe des Rathauses vor den Augen der Hochzeitsgäste erschossen worden.
    Vergebens versuchte ich, mehr über die beiden zu erfahren. Doch die Namen Becker und Schulz waren zu geläufig, um schnell einen Treffer landen zu können.
    Ich betrachtete Pöppelbaums Fotoausbeute. Die besten Fotos waren die von oben – sie zeigten den Rathausplatz, die Absperrungen und die Stelle, an der das junge Paar getötet worden war. Man konnte sogar die Blutlache ahnen – das reichte für unsere Abonnenten am morgendlichen Frühstückstisch.

    Ein wenig schockiert von der Tat fuhr ich nach Hause. Wie muss ein Mensch beschaffen sein, der seelenruhig auf zwei Menschen zielt, die sich auf ein gemeinsames Leben freuten? Das Motiv konnte eigentlich nur Eifersucht sein.
    Ich hatte eine solche Szene schon mal in einem Film gesehen: Die Braut trug schwarz von François Truffaut. Eine geniale Rachegeschichte mit einer göttlichen Jeanne Moreau, die die junge Julie spielte. An ihrem Hochzeitstag verlässt sie mit ihrem Mann die Kirche. Gegenüber eine Saufrunde, die in der Gegend herumballert. Tödlich getroffen bricht der Bräutigam zusammen. Jahre später hat die Braut die fünf Männer aufgestöbert und tötet einen nach dem anderen auf raffinierte Weise.
    Konnte es bei dem Brautpaar auf der Rathaustreppe ähnlich liegen? Nein. Ausgeschlossen. Pöppelbaum hatte von zwei Schüssen gesprochen. Beide hatten getroffen. Das Motiv musste Eifersucht sein.
    Was man auf dem Markt bekommt
    Ich schlief unruhig und vertrödelte den Morgen. Gegen Mittag beschloss ich, in die Stadt zu fahren. Der Wochenmarkt am Samstag bot frische Ware zu leicht überhöhten Preisen. An der Kaffeebude genehmigte ich mir einen Milchkaffee und eine heiße Waffel mit Puderzucker. Ich befand mich etwa hundert Meter vom Rathaus entfernt und spielte mit dem Gedanken, mich auf die Suche nach möglichen Zeugen zu machen. Aber ich entschied mich dagegen. Der heutige Tag sollte mord- und

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