Grappas Gespuer Fuer Schnee
wenn ich ihm wirklich auf die Spur kommen würde?
Weinselig und satt fiel ich ins Bett. Morgen Abend würde ich Lady Cora treffen. Doch das war ja die andere Geschichte.
Am Morgen setzte ich mich ins Auto und fuhr zu einer Bäckerei in der Nähe, die auch sonntags geöffnet hatte. Doch mir ging es nicht nur um frische Brötchen, sondern um die BILD am Sonntag.
Ich kaufte zwei Mohnbrötchen und das Blatt. Im Auto sitzend, blätterte ich es schnell durch. Ja, Milva Grandi hatte einen Artikel platziert. Sie wusste, dass die Polizei den Kokaindealer von Jessica Brühl verhaftet hatte.
»ICH VERSORGTE JESSICA B. MIT SCHNEE« – so die Überschrift.
Jetzt packt der Dealer aus: Jens B. (42) hat gestanden, die 48-jährige Jessica B. seit sieben Jahren mit Kokain versorgt zu haben. Der einschlägig vorbestrafte Mann bestreitet jedoch, etwas mit dem Tod der früheren Mitarbeiterin im Oberbürgermeisterbüro zu tun zu haben. »Ich wusste, dass sie das Geld aus der Stadtkasse stahl. Sie hat sich sehr sicher gefühlt und nie Angst gehabt, dass man ihr auf die Schliche kommen könnte.«
BILD fragte dazu den Leiter der Bierstädter Mordkommission, Dr. Friedemann Kleist: »Wurde Jessica B. von ihren Vorgesetzten gedeckt, weil sie den Stoff für die Drogenpartys im Rathaus besorgte?«
Der Hauptkommissar bestätigt immerhin, dass die Ermittlungen auf andere Personen im Umfeld des Oberbürgermeisters ausgedehnt wurden.
Nach Exklusivinformationen von BILD soll die ermordete Frau für ihre Kokainsucht im Monat fünf- bis zehntausend Euro ausgegeben haben – Geld aus der Stadtkasse.
Jessica B. wurde es bei ihren Beutezügen sehr leicht gemacht. Niemand kontrollierte die Frau, ihre Unterschrift genügte und die Mitarbeiter der Stadtkasse legten die Scheine auf den Tisch.
Sogar in der SPD mehren sich die Stimmen, dass Nagel in Amt und Partei nicht mehr tragbar ist. Der Oberbürgermeister schweigt sich aus. BILD fordert: Packen Sie aus, Herr Nagel! Oder treten Sie zurück!
Ich grinste. Grandi hatte sich Nagel als Opfer ausgeguckt, doch sie würde bei ihm auf Granit beißen.
Gegen Mittag meldete sich Kleist. Er wollte Näheres überden abendlichen Anrufer wissen.
»Kanntest du seine Stimme?«
»Nee. Eine Stimme, wie es sie zu Tausenden gibt. Hast du die Nummer herausbekommen?«
»Ja. Aber die gehört zu einer öffentlichen Telefonzelle mit Rufnummernunterdrückung. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn der Typ so einen Fehler gemacht hätte«, bedauerte Kleist.
Das verwirrte mich. »Bitte? Eine Telefonzelle mit Rufnummernunterdrückung?«
»Das ist mal so und mal anders geschaltet. Als Anrufer hat man keinen Einfluss darauf.«
»Und wie finde ich dann heraus, ob eine Zelle unterdrückt oder nicht?«
Er lachte. »Du rufst dein eigenes Handy an und schaust nach.«
»Das ist aber umständlich.«
»Vielleicht war es ihm auch egal. Schließlich war es eine Telefonzelle.«
»Und wo steht die?«
»Leider ganz im Norden. Fast ländlich ist es da schon. Weit und breit keine Überwachungskamera.«
»Du denkst ja wirklich an alles.«
Der Anruf war also ein totes Gleis.
»Sag mal«, wechselte ich das Thema. »Hat der Dealer nicht noch mehr erzählt, als in der BILD am Sonntag steht? Kann er Jessica Brühl nicht doch getötet haben?«
»Die Frau war eine sichere Geldquelle für ihn«, antwortete Kleist.
»Aber der Deal war doch aufgeflogen und die Brühl beurlaubt. Ihre Geldquelle war versiegt. Vielleicht hat sie ihn erpresst. Immerhin war sie kokainabhängig.«
»Natürlich ermitteln wir auch in diese Richtung. Aber ich verspreche mir mehr davon, bei den Teilnehmern der Drogenpartys nachzubohren.«
»Ich würde gern wissen, wer mir die Fotos zugeschickt hat«, murmelte ich.
»Sag bloß, du kannst dir das nicht denken?«
Überrascht horchte ich auf. Dann schwante es mir. »Der Absender saß im Polizeipräsidium. Also, du willst mir jetzt aber nicht sagen, dass du …?« Ich stockte.
»Besprechen wir das Thema nicht weiter.«
Erneut war ich versucht, ihm von meinem Treffen mit Lady Cora an diesem Abend zu erzählen. Nein, ich würde mir die Dame allein vorknöpfen.
Eine hinreißende Lady und ein schmuddeliger Kollege
Das Millefiori war ein neuer, überkandidelter Schuppen, der sich wohl nicht lange halten würde. Die Bierstädter Gourmets hatten zwar nichts gegen italienisches Essen, aber so übersichtlich und überteuert wie hier sollten die Portionen nun doch nicht sein.
Ich hatte mich ein bisschen aufgerüscht,
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