Grappas Gespuer Fuer Schnee
kann auch richtig gemütlich sein
Einschlafen neben einem Mann. Die Decke teilen. Nur die halbe Fläche der Matratze nutzen können. Und aufwachen neben ihm. Eine merkwürdige Sache, die ich schon lange nicht mehr erlebt hatte.
Kleist hatte sich noch einmal umgedreht und die Decke über den Kopf gezogen. Leises Schnarchen. Mit gemischten Gefühlen stieg ich in die Wanne. Wollte ich diese Situation jeden Tag haben? Ob er sich solche Fragen auch stellte, wenn er mit einer Frau zusammen war?
Nicht dran rühren, supercool bleiben, Grappa.
Eine Etage höher hörte ich die Dusche. Auch Kleist hatte den Weg aus dem Bett gefunden. Ich trocknete mich ab und rieb mich mit einer Körpermilch ein. Sie duftete leicht nach Vanille. Mit Schlabberhose und T-Shirt bekleidet, ging ich in die Küche. Er saß schon dort und hatte den Tisch gedeckt. Der Kaffee duftete.
»Hast du gut geschlafen?«, fragte er.
»Ich hatte wirre Träume«, gestand ich. »Irgendein großes Tier lag neben mir und verhinderte meine Entfaltung.«
»Was du nicht sagst«, amüsierte er sich. »Lass uns noch schnell eine Tasse zusammen trinken. Ich muss gleich los.«
»Am Sonntag?«, wunderte ich mich. »Ist etwas geschehen?«
»Vielleicht. Bist du auf Recherche oder hast du heute frei?«, fragte er.
»Ich bin immer im Dienst, wenn es nötig ist. Genau wie du.«
»Es wird Zeit für mich.« Kleist erhob sich. »Vielen Dank für die schönen Stunden, Maria. Sie haben mir gezeigt, dass es noch anderes gibt, als Straftaten aufzuklären.«
»Nämlich?«
»Einer Frau die Bettdecke wegzuziehen.«
Zehn Minuten später war ich allein und stürzte mich in die Hausarbeit. Sie lenkte mich vom Nachdenken über mein Singledasein ab. Zwischen Waschmaschineeinfüllen und Trocknerausräumen klingelte das Telefon.
Es war mein Chef. »Hast du die BILD am Sonntag gelesen?«, fragte er.
Hatte ich nicht.
»Erzähl schon!«, forderte ich.
»Milva Grandi. Sie ist voll auf der Seite von Madig«, berichtete er. »Behauptet, dass Nagel hinter allem steckt.«
»Das sind doch die Schutzbehauptungen von Madig. Ich frage mich nur, woher sie davon weiß.«
In meinem Hirn blitzte es kurz auf und in dem Licht sah ich die Szene nach dem Beisammensein in der Stechuhr. Milva Grandi war in Kleists Dienstwagen eingestiegen und davongefahren. Und wenn nicht Kleist selbst am Steuer gesessen hatte, dann gab es eine andere undichte Stelle im Polizeipräsidium.
Ein Quentchen Misstrauen blieb. Ich verfrachtete es in eine meiner hintersten Gehirnwindungen.
»Der Artikel steht online«, sagte Jansen. »Könnte irgendwas dran sein?«
»Die Polizei glaubt nicht daran, dass Nagel irgendwie verwickelt ist in die Dinge«, antwortete ich. »Das weiß ich aus sicherer Quelle.«
»Ach, diese Quelle meinst du!«
Ich überhörte die Anspielung. »Hat die Grandi Nagel mit den Vorwürfen konfrontiert?«
»Nein. Es gibt keine Stellungnahme von ihm in dem Artikel.«
Ich überlegte. »Wir haben noch immer nicht über unsere These mit dem Mord ohne Motiv berichtet. Und den Hinweis auf den Fall Marta Russo haben wir auch noch nicht verbraten. Brinkhoff beobachtet diesen Studenten, der im Parteibüro jobbt. Vielleicht kommt dabei etwas raus.«
»Wir reden morgen drüber«, kündigte Jansen an. »Ich bin froh, dass in unserer Montagsausgabe kein Wort über Mord und Totschlag zu lesen sein wird. Nur von Schimmel im Museum, Giftmüll im künftigen Phönix-See und Kurzarbeit bei Opel. Du siehst, Grappa-Baby, das Leben kann auch richtig gemütlich sein.«
Auch schwierig kann schön sein
Privatermittler Brinkhoff hatte mir noch am Sonntagabend eine SMS auf mein Handy geschickt. Er wollte sich mit mir gegen zehn Uhr im Bistro der Bäckerei Schmitz treffen. Folglich verzichtete ich aufs Frühstück und begab mich dorthin.
»Tach auch, Frau Schmitz«, leitete ich das Ritual ein. »Wie isses?«
»Die Frau Grappa«, freute sich die Bäckerin. »Muss ja. Und selbst?«
»Viel zu tun«, entgegnete ich.
»Ja, die Morde. Jetzt soll es ja der Nagel gewesen sein, der alles eingestielt hat.«
»Sie lesen die falsche Zeitung, Frau Schmitz«, griente ich.
»In Ihrer steht ja heute nix drinne. Frühstück mit alles?«
»Ja, mit allem. Aber erst mal nur einen Kaffee. Herr Brinkhoff kommt gleich auch.«
»Der?« Ihr Blick sagte: Das ist doch der Falsche. Sie konnte es nicht lassen. »Dann setzen Se sich ma rein.«
Ich verzog mich ins Bistro. Die BILD am Sonntag lag zerfleddert auf einem Tisch. Ich griff danach.
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