Grappas Gespuer Fuer Schnee
»Kurz dachte ich, dass du schlappmachst, Grappa.«
»Ich doch nicht!«, log ich.
»Bist ja doch ein alter Haudegen«, lachte er. »Milva, du warst auch Klasse. Das eben war ganz großes Tennis!«
»Danke, Wayne«, sagte ich. »Gehst du schon mal vor? Ich muss mit Milva noch was besprechen.«
»Sicher. Aber haut euch nicht wegen dem Kleist!« Er trollte sich – verschmitzt lächelnd.
Auch Milva und ich verließen den Saal. Auf dem Weg nach draußen begegnete uns Aldwin von Elberberg. Er grüßte artig. Mit dir bin ich auch noch nicht fertig, dachte ich.
»Waren wir gut?«, fragte Milva draußen.
»Das waren wir!«, bestätigte ich. »Ich hab da aber noch eine Frage an dich.«
»Und die wäre?« Ihre Augen blitzten.
»Wie gut kennst du Kleist?«
»Ich kenne ihn schon einige Jahre.«
»Also ist das Foto nicht gefälscht?«, fragte ich.
»Nein. Die Fotos, die euch beide zeigen, ja auch nicht.«
Wir grinsten uns an.
»Ich sag dir, was du eigentlich wissen willst. Ich kenne Kleist aus der Therapie. Alkoholentzug. Ist schon einige Jahre her. Wir waren in derselben Gruppe. Und haben es beide geschafft. Das ist alles. Wir haben und hatten keinerlei Affäre.«
»Aber ich habe dich schon Bier trinken sehen«, entgegnete ich erstaunt.
»Ja, in der Stechuhr. Alkoholfreies. Der Wirt weiß Bescheid und schenkt für mich immer Entkerntes aus, egal, wer was für mich bestellt. Saufen ist in unserem Job doch fast schon Pflicht. Also spiele ich mit, so gut ich kann.«
»Und du und Kleist – ihr habt euch hier zufällig wiedergetroffen?«, wollte ich noch wissen.
»Ja. Rein zufällig. Und jetzt frage ich mal was: Seid ihr zwei ein Paar?«
Ich schüttelte den Kopf. »Dazu ist es zu früh, aber vielleicht auch zu spät. Jedenfalls ist es schwierig.«
»Aber schwierig kann ja auch schön sein, oder?«
SPD-JAMMERLAPPEN: MOBBY MADIG DREHT DURCH
titelte ich.
Die Pressekonferenz der SPD zur Entlassung ihres Vorsitzenden aus der U-Haft war ein Stück aus dem Tollhaus. Madig beschuldigte den ehemaligen Oberbürgermeister der Intrige und die Bierstädter Polizei ungesetzlicher Verhörmethoden. Er selbst gab sich unschuldig. Warum er den Mord an Jessica B. gestanden hat, weiß er nicht mehr so genau. Jetzt soll plötzlich der Drogendealer von Jessica B. der Täter sein.
An den Partys im Rathaus habe Mobby Madig nur teilgenommen, weil Ex-OB Nagel gewisse Damen auf ihn angesetzt habe, denen der 56-jährige SPD-Politiker nicht habe widerstehen können. Doch er behauptet, niemals Drogen genommen zu haben – eine Haaranalyse beweist allerdings das Gegenteil.
Mobby Madig als Opfer? Diese Rolle glaubt ihm niemand. Jahrelang bestimmte Madig darüber, wer in Bierstadt einen lukrativen Job in einem städtischen Betrieb oder einem der vielen Tochterunternehmen bekam. Er hielt den Daumen nach oben oder nach unten, wenn es um Karrieren in der Wirtschaft ging. Er schanzte Unternehmen Aufträge zu, die sie ohne seine Protektion nicht bekommen hätten.
Die SPD wäre gut beraten, sich von ihrem Vorsitzenden zu trennen. Mobby Madig ist ein verwirrtes Auslaufmodell. Und Auslaufmodelle gehören auf den Müll – vielleicht sogar auf den Sondermüll.
»So habe ich mir Journalismus immer vorgestellt«, meinte Jansen, nachdem er den Artikel gelesen hatte. »Unabhängig, souverän und ohne Wertung.«
Die Ironie war nicht zu überhören.
»Diese Pressekonferenz war die totale Lachnummer«, entgegnete ich. »Ich kann nicht sachlich darüber schreiben.«
»Dann ändern wir deine Autorenzeile in: Ein Kommentar von Maria Grappa. Und den Sondermüll lassen wir weg, okay?«
»Wenn es sein muss«, lenkte ich ein. »Obwohl solche Giftspritzen nun wirklich nicht in die graue Tonne gehören.«
Die Pizza hatte einen dünnen Teig und war mit Ananas und Schafskäse belegt. Ich zerteilte sie in gleichschenklige Dreiecke und drapierte sie auf einem Teller.
»Hat dich wieder jemand fotografiert, als du an meiner Tür geklingelt hast?«, fragte ich und schenkte mir ein Glas Chianti ein.
Kleist schmunzelte. »Und wenn schon. Madig wird mit seinen Anschuldigungen nicht weit kommen. Alle meine Vernehmungen sind auf Band festgehalten. Und was die schlimme Folter Nikotinentzug betrifft: Im gesamten Polizeipräsidium herrscht absolutes Rauchverbot. Gebrüll eines Papiertigers.«
»Und die unerlaubten Kontakte zur Presse?«
»Es gibt so ein Gesetz für Beamte nicht. Nur die Absprache, alle Informationen über die Pressestelle laufen zu lassen«, meinte
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