Grappas Gespuer Fuer Schnee
grinsend.
»Mich bestimmt nicht«, flüsterte ich. »Mein Herz ist rein.«
»Halten wir uns an die Fakten«, machte Madig weiter. »Ich übergebe das Wort an meinen Anwalt Dr. Rüttelstein-Siegert.«
Der Angesprochene hielt ein Schreiben hoch. »In meiner Hand halte ich eine eidesstattliche Versicherung. Sie enthält ein Geständnis. Und sie wurde von dem Mann unterschrieben, der Jessica Brühl getötet hat.«
Stille im Saal.
»Und wer soll das sein?«, fragte Milva Grandi laut.
»Es ist der Mann, der schon einmal im Fokus der Ermittlungsbehörden war. Doch man ließ ihn unbehelligt.«
»Wer ist es denn nun?«, legte ich nach.
»Der Dealer von Jessica Brühl. Er hat sie im Streit um Geld erwürgt. Punkt.«
»Weiß die Polizei, dass Sie den Fall gelöst haben, Herr Anwalt?«, wollte ich wissen.
»Wir haben einen Kurier ins Polizeipräsidium geschickt. Er dürfte die eidesstattliche Versicherung in dieser Minute überreichen.«
»Und warum haben Sie die Tat zunächst gestanden, Herr Madig?«, rief ich. »Das passt doch alles nicht zusammen, was Sie hier zum Besten geben!«
Madig wollte etwas sagen, doch sein Rechtsverdreher hielt ihn zurück.
»Kommen wir also zum nächsten Thema dieser Pressekonferenz. Im Bierstädter Polizeipräsidium hat es kürzlich einen Personalwechsel gegeben. Dr. Friedemann Kleist ist nun Leitender Hauptkommissar der Mordkommission. Mein Mandant ist mehrfach von diesem Herrn vernommen worden. Herr Kleist ist dabei nicht fachgerecht vorgegangen – um es einmal freundlich auszudrücken. Mein Mandant ist durch stundenlange Vernehmungen, Nikotinentzug, Drohungen, Schlafentzug und die widerwärtigsten Unterstellungen psychisch schwer unter Druck gesetzt worden. Dr. Kleist kannte kein Erbarmen. Mein Mandant hat schließlich eine Tat gestanden, die er nicht begangen hat – nur um endlich Ruhe vor Herrn Kleist zu haben.«
»Das ist ja zum Quieken«, flüsterte ich Wayne zu. Auch einige andere Kollegen machten amüsierte bis erstaunte Gesichter.
»Und ich fand den Madig mal ganz okay«, seufzte Milva Grandi vor sich hin.
»Wir machen alle mal Fehler«, tröstete ich sie. »Jetzt bekommst du die Chance, in deinem Blatt alles wieder geradezubiegen.«
»Darauf kannst du wetten.« Ihr Lachen kratzte.
»Kommen wir also zu einer interessanten Frage«, erhob Rüttelstein-Siegert erneut die Stimme. »Oder – zu zwei interessanten Fragen. Die erste: Wer steckt hinter dieser Intrige gegen meinen Mandanten? Wer hat ihn in diese Situation gebracht? Wem kam es gelegen, dass der ehrenwerte Herr Madig an freizügigen Feierlichkeiten im Büro des Oberbürgermeisters teilnahm?«
»Feierlichkeiten?« Milva Grandi lief sich warm. »Was wurde denn da gefeiert?«
»Fünfzig Jahre Godesberger Programm?«, setzte ich nach.
Allgemeines Amüsement.
»Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn ich meine Ausführungen fortsetzen könnte.« Rüttelstein-Siegert warf Grandi und mir einen eiskalten Blick zu.
»Natürlich hat Herr Madig niemals Drogen genommen. Er hat allerdings den eindeutigen Angeboten einiger Teilnehmerinnen der Feierlichkeiten nicht widerstanden. Aber dies ist reine Privatsache und nicht justiziabel.«
»Warum lehnt Herr Madig eine Haaranalyse ab, wenn er drogenfrei ist?«, fragte ein Kollege.
»Vielleicht werden wir unsere Meinung zu diesem Sachverhalt noch ändern«, sagte der Anwalt.
»Wer steckt denn nun hinter all dem?«, wollte der Reporter des Lokalradios wissen. »Oder war’s mal wieder der große Unbekannte?«
»Jakob Nagel. Der ehemalige Oberbürgermeister von Bierstadt. Er hat diese Intrige gegen meinen Mandanten langfristig geplant.«
Jetzt hagelte es Zwischenrufe: »Schnee von gestern!«, »Schutzbehauptung!«, »Dümmer geht es kaum!« …
»Ich bitte um Ruhe!« Rüttelstein-Siegert verlor ein wenig die Contenance.
»Der Fotofälscher sitzt doch bei Ihnen am Tisch!« Milva Grandi war aufgesprungen und zeigte mit dem Finger auf Rudi Gies. »Dieser Gauner da hat mir ein gefälschtes Foto verkauft. Und deshalb ist Nagel zurückgetreten. Wer ist denn da der König im Intrigantenstadl?«
Rudi Gies krallte sich an der Tischkante fest. Seine Säufernase leuchtete. Gleich dreht er durch, dachte ich, aber wenn, dann bitte das volle Programm!
Tatsächlich öffnete Gies den Mund. Madig schaut ihn einmal kurz an und prompt schlossen sich die Lippen wieder.
Madigs Anwalt hatte sich inzwischen gefangen. »Und jetzt kommen wir zu einer sehr spannenden Frage«, lächelte er. »Und zu
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