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Graue Schatten

Graue Schatten

Titel: Graue Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Nimtsch
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so.“
    Larissa zögerte einen Moment. „Meinst du sexuelle Belästigung? Hat er dich betatscht?“
    Anna fing wieder zu heulen an.
    „Du musst ihn anzeigen“, sagte Larissa. „Erzähl mir alles. Wann ist das passiert?“
    Stockend kam es nach und nach aus Anna heraus: „Am Anfang fand ich ihn ja nett und so. Er hat halt immer getätschelt ... Aber dann ist er immer aufdringlicher geworden ... Es fing schon auf der anderen Station an, dass er mich betatscht hat ... Und am Freitag als ich mit Frau Müller in der Nasszelle war, hat sie aus Versehen Alarm ausgelöst, weil sie an der Schnur gezogen hat. Und da ist gleich der Arsch gekommen, ... sonst kommt ja niemand, wenn man Alarm klingelt.
    ... Dann habe ich zu ihm gesagt, dass Frau Müller aus Versehen an der Schnur gezogen hat. Er ist kurz raus, den anderen sagen, dass sich's erledigt hat oder so. Dann ist er wieder reingekommen und hat sich so blöd ran geschmiegt und hat gelallt, ob ich klar komme, so mit dem Arm um mich rum. Da hat es mir gereicht und ich wollte ihn wegstoßen. Der Affe hat sich aber in dem engen Raum nicht von der Stelle gerührt. Ich bin nach hinten getaumelt, dabei habe ich irgendwie Frau Müller angerempelt. Sie hat das Gleichgewicht verloren, hat mit den Armen gerudert und ist mit einer Hand an den Spiegelschrank geknallt. Der Affe ist einfach gegangen, hat noch irgendwas gelallt wie, ‚ist ja schon gut, Madam‘. Ich habe dann nachgeguckt, da war aber nichts weiter zu sehen, an der Hand bei Frau Müller. War nur’n kleines bisschen rot. Und sie hatte auch nichts gesagt, dass es weh tut oder so, ich habe sie extra gefragt. Ich hab die Hand noch mit Salbe eingerieben.“
    Larissa hatte ruhig zugehört und sagte jetzt: „Genau das musst du der Polizei erzählen, du kannst überhaupt nichts dafür ...“
    „Es ist aber noch was passiert“, unterbrach sie Anna. „Das war der schlimmste Tag in meinem Leben.“
    „Erzähl's mir.“
    Der Pfropfen hatte sich bei Anna gelöst. Sie erzählte nun flüssig den Rest der Geschichte: „Ich hatte nur Pech an dem Tag. Dann ist mir auch noch Frau Müller weggelaufen, das wissen ja jetzt alle. Ich hatte sie nur eine Minute allein gelassen, und sie ist vorher nur so getippelt, hat fünf Minuten von der Tür bis zum Klo gebraucht ...“
    Anna holte schwer Luft und sagte: „Und dann hab ich sie gefunden.“
    „Du hast sie gefunden?“
    „Ja, da hatte sie aber noch gelebt. Ich habe sie von Weitem stehen gesehen. Da im Wald an dem Felsen. Ich hab sie gerufen. Sie ist weitergelaufen, da bin ich hinterhergelaufen, hab sie noch mal gerufen. Sie hat sich nach mir umgedreht, wollte aber dabei weiterlaufen, ist gestolpert oder ausgerutscht, direkt vor dem Felsen. Und weg war sie. Ich bin hingerannt und hab runter geguckt, habe sie aber nicht gesehen. Sie ist irgendwie durch die Sträucher gerutscht oder so. Und dann drehe ich mich um, und wer kommt angelatscht? Der Arsch! Und der hatte alles mitbekommen.
    Der glotzt auch so runter und fragt noch so blöd, wo sie hin ist, und dann sagt er so: Ich habe nichts gesehen. Darauf ich, dass mir das egal ist, was er gesehen hat. Ich wollte den anderen gleich alles erzählen, so wie es gewesen ist. Dann hat der Idiot voll den Scheiß erzählt, von fahrlässiger Tötung, und hat mich blöd vollgelabert, dass ich lieber nichts sagen soll. Er würde auch nichts verraten. Dann sind wir zurückgelaufen und der hat mich ständig zugedröhnt. Und dann waren die Bullen schon da. Locke, der Arsch, hat mich so durcheinandergebracht. Ich dachte, ich bin ja sowieso schon der Depp, weil ich sie habe weglaufen lassen. Und dann habe ich halt nichts gesagt.“
    „Fahrlässige Tötung, so ein Quatsch. Wenn überhaupt, dann hätten sie dir angelastet, dass du nicht gleich Hilfe geholt hast. Aber sie haben ja festgestellt, dass sie sofort tot war.“
    „Echt?“
    „Ja. Hast du das noch nicht gewusst? Anna, am besten du erzählst alles, so wie es gewesen ist. Ärger bekommt jemand anders, weil er dich mit Frau Müller runtergeschickt hat. Und der bekloppte Rasta sowieso. Du hast ja unter Druck gestanden, von dem Typen. Das werden sie auch berücksichtigen.“
    Sie schwiegen.
    „Und was war am Samstag im Supermarkt? Was wollte Locke da von dir?“
    „Der Penner hat mich verfolgt. Der dachte, dass er mich erpressen kann, hat mich blöd angebaggert, wann wir mal einen Kaffee zusammen trinken, und er hätte was gut bei mir und so’n Scheiß.“
    „Du musst unbedingt der Polizei

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