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Graue Schatten

Graue Schatten

Titel: Graue Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Nimtsch
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überrascht war der Hauptkommissar durchaus. Er hatte dem jungen Pfleger, der jetzt unterwegs in eine Zelle der Polizeidirektion Heilbronn war, etwas Derartiges nicht zugetraut. Sein Bauch hatte ihm von Anfang an gesagt: Der Junge ist sauber. Es war ja auch noch nicht bewiesen, dass es Linde gewesen war. Aber leider sprachen eine Reihe von Indizien dafür: Inzwischen vier Todesfälle mit nichtnatürlicher Todesursache innerhalb von zehn Tagen, einer davon höchstwahrscheinlich ein Gewaltverbrechen. Linde war immer zur Todeszeit präsent gewesen und hatte mit den Verstorbenen zu tun gehabt. Und schließlich: Ein Medikament, das wahrscheinlich bei einer der Verstorbenen mit zum Tod geführt hatte, fehlte.
    „War Schmidtke selber dran vorhin, oder der Chef?“, riss Schell den Hauptkommissar aus seinen Gedanken.
    „Schmidtke. Wir gehen zuerst noch mal zu dem Pflegedienstleiter“, sprang Strobe vom Vergangenen in die Gegenwart und hielt Schell die Tür zum Treppenhaus auf.
    „Und Schmidtke ist sich sicher, dass diese Frau Sausele an einer Überdosis der beiden Medikamente Diazepam und Morphium gestorben ist?“, fragte Schell und machte keine Anstalten, durch die Tür zu gehen. Strobe ließ sie los und ging einfach weiter.
    „Warte doch mal!“
    Der Bub nervte gewaltig, deshalb blieb Strobe stehen und klärte ihn nun auf. „Schmidtke ist sich nicht sicher. Er ist sich lediglich sicher, dass die Frau an Sauerstoffmangel gestorben ist. Er meint, dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Die erste wäre ein Cocktail aus den beiden Medikamenten, die er im Blut der Toten nachgewiesen hat. Ich habe das Ganze vereinfacht und mich bei Lindes Befragung auf diese Möglichkeit beschränkt, weil mir die am wahrscheinlichsten erscheint und vor allem, weil wir Linde damit festnageln konnten.“
    „Die zweite Einstichstelle im Arm der Toten und nun auch noch das fehlende Diazepam“, schlussfolgerte Schell und rekapitulierte weiter: „Der zweite Schichtleiter und die Chefin haben es nicht rausgenommen, warum sollten sie auch? Also kann es nur Linde gewesen sein. Bei ihm macht es auch Sinn. Was ist die andere mögliche Todesursache?“
    „Wenn die sich bestätigen würde, das wäre wirklich starker Tobak. Die genaue Menge der beiden Drogen hatte Schmidtke noch nicht festgestellt, aber was anderes: In Mund und Rachen der Toten hat er Faserspuren gefunden, die wahrscheinlich von einem Kopfkissen stammen!“
    „Das heißt, die Frau wurde erstickt!“
    „Das konnte Schmidtke noch nicht sicher sagen. Es gäbe auch noch andere Möglichkeiten, wie die Fasern da rein kommen konnten. Wir nehmen jedenfalls einen Kopfkissenbezug zum Vergleich mit.“
    Strobe lief nun weiter die Treppe nach oben. Schell folgte ihm, eifrig schlussfolgernd. „Es könnte ja auch sein, er hat sie mit dem Drogenmix eingeschläfert, um sie wehrlos zu machen.“
    „Sicher“, murmelte Strobe halb abwesend. Er grübelte darüber, ob es wirklich nötig gewesen war, Linde vorläufig festzunehmen. Aber auf Grund der Tatsachen war ihm einfach nichts anderes übrig geblieben.
    Stur saß mit kummervoller Miene an seinem Schreibtisch. Dabei wusste er noch nicht einmal, dass ein Mord passiert und Kevin Linde gerade als Hauptverdächtiger festgenommen worden war. Strobe hatte dem Pflegedienstleiter vorhin nur mitgeteilt, dass sie noch einmal alle, die an der gestrigen Suchaktion beteiligt gewesen waren, vernehmen und ihre Arbeitsschuhe mitnehmen mussten. Und er hatte ihn darüber informiert, dass der Staatsanwalt gestern Abend die Obduktion von Marta Sausele angeordnet hatte.
    „Es sieht nicht gut aus für ihren Musterpfleger, Herrn Linde“, begann Strobe jetzt.
    „War er am Unglücksort?“, fragte Stur.
    „Das wissen wir noch nicht. Es geht inzwischen nicht nur um Frau Müller.“
    Stur wurde blass.
    „Ich habe vorhin telefonisch die ersten Obduktionsergebnisse Marta Sausele betreffend erhalten“, klärte ihn Strobe weiter auf. Er wollte den zunehmend geknickten Pflegedienstleiter behutsam über den Stand der Erkenntnisse informieren, ihm die geballte Ladung an Hiobsbotschaften in kleinen Happen übermitteln. Als er ihm dann am Schluss seiner Ausführungen verkündete, dass sie Kevin Linde vorläufig festnehmen mussten, war Stur offensichtlich nervlich am Ende.
    Strobe beteuerte, dass es ihm persönlich nicht leicht gefallen sei, so wie er Herrn Linde kennengelernt hätte. Er fände ihn sehr sympathisch, aber die Indizien seien erdrückend. Die Frau hatte offenbar

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