Graue Schatten
widersprechen.
„Deshalb wäre es wichtig, seine Exfreundin zu vernehmen“, fügte Bachmüller hinzu. „Das haben Sie noch nicht getan, oder?“
„Wir waren gestern bis neunzehn Uhr unterwegs“, protestierte Schell. „Wir haben die Mitarbeiter vernommen und den halben Ort noch dazu. Wir waren auf der Arbeitsstelle von Lindes Ex, in Dr. Hansens Praxis. Frau Richter war schon weg. Die hatten da noch nicht mal ihre neue Adresse, nur ihre Handynummer.“
„Schon gut“, beschwichtigte Bachmüller. „Sie holen das so schnell wie möglich nach.“ Dabei schaute er Strobe an.
Der schlürfte, statt darauf einzugehen, genüsslich die schaumige Creme von seinem Kaffee ab.
Das oder Strobes Ruhe schienen aber nun wiederum den Chef aufzuregen. „Diese Exfreundin könnte wirklich eine Schlüsselfigur darstellen.“ Er hob eindringlich den Stift. „Sie könnte sicher über Herrn Linde und seine Probleme einiges erzählen. Und sie könnte die Anruferin vom Mittwoch sein.“
„Ich versuche sie gleich zu erreichen, noch bevor wir Linde verhören“, sagte Strobe gelassen und behielt seine Kaffeetasse in der Hand. „Ich werde sie dann beim Revier in Lauffen anrufen lassen, damit der Polizeiobermeister die Stimmen vergleichen kann.“
„Was halten Sie von Linde, Herr Strobe?“, fragte der Chef jetzt direkt.
„Sie kennen mich, ich ermittle gründlich, bevor ich ein Urteil fälle“, wand er sich heraus.
„Das Urteil wird dann das Gericht schon fällen, Herr Strobe.“ Bachmüller wartete kurz auf eine Reaktion des Hauptkommissars und redete dann weiter: „Für den Haftrichter werden die Indizien auf alle Fälle reichen. Wenn Herr Linde nicht bis dahin schon gestanden hat.“
Es klopfte. Kriminalhauptkommissarin Uschi Eckert und Dr. Schmidtke traten ein, beide mit je einem Pappbecher Kaffee aus dem Automaten in der Hand und einer Mappe unterm Arm. Sie stellten ihre Becher auf Bachmüllers Schreibtisch, zogen sich jeder einen Stuhl von der Wand heran und setzten sich.
Der Chef runzelte die Stirn, holte zwei Bierdeckel aus der Schublade, gab sie den zwei Neuankömmlingen, die sie gehorsam unter ihre Pappbecher legten, und fragte: „Frau Eckert, wie ist Ihr Erkenntnisstand im Fall Frieda Müller?“
Uschi schaute kurz zu Strobe. „Ich habe heute Morgen gleich als Erstes die Erdreste der Arbeitsschuhe gesichert, die mir Herr Strobe gestern Abend auf den Tisch gelegt hat. Die werde ich heute analysieren und mit den Erdproben von der Absturzstelle vergleichen. Und die Abdrücke natürlich auch. Auf den ersten Blick betrachtet, könnten die Spuren an der Unglücksstelle von einem der Schuhpaare stammen. Aber definitiv kann ich das erst heute im Laufe des Tages sagen.“
„Das heißt, die Erdreste an den Schuhen reichen für einen aussagekräftigen Vergleich? Sie wurden nicht gereinigt?“, fragte der Chef Uschi. Strobe verstand den kleinen Seitenhieb auf ihn, beschäftigte sich aber, so als ob es ihn nichts anginge, mit seinem Kaffee. Er hatte gestern schon sein Fett abbekommen, weil er nicht gleich am Donnerstag sämtliche Arbeitsschuhe mitgenommen hatte.
„Sie sind zumindest nicht abgewaschen worden“, beschwichtigte Uschi. „Entscheidend werden sowieso eher die Schuhabdrücke sein. Alle Schuhe haben unterschiedliche Profile.“
„Das ist ja immerhin schon ein Lichtblick.“, sagte Bachmüller. „Sonst gibt es von Ihrer Seite nichts Neues? Sie sagten, ein Kampf habe nicht stattgefunden, die Anordnung der Schuhspuren könnte aber auf Fremdeinwirkung hinweisen.“
„Ja“, bestätigte Uschi lakonisch.
„Herr Dr. Schmidtke, die Obduktion von Frieda Müller ist inzwischen abgeschlossen? Die Todesursache hat sich bestätigt?“, wandte sich Bachmüller an den Rechtsmediziner.
„Definitiv Genickbruch. Zweiter Halswirbel. Durch den Sturz vom Felsen verursacht.“
„Weitere Verletzungen?“
„Mehrere Trümmerfrakturen, Schulterblatt, Oberarm. Kein Schenkelhalsbruch, wie vom Hausarzt vermutet. Aber Hämatome. Zwei sind vor dem Sturz vom Felsen entstanden. Das bereits erwähnte am rechten Handrücken, wie gesagt etwa vier Stunden vor ihrem Tod. Ein weiteres an der rechten Hüfte war am Donnerstag, also zum Todeszeitpunkt, etwa zwei Tage alt.“
„Sie ist Dienstagnacht aus dem Bett gefallen. Steht in ihrer Akte“, warf Strobe ein.
„Wie war das noch mal mit dem Hämatom an der Hand der Frau? Was können Sie dazu sagen?“, wollte der Chef wissen.
„Das Hämatom ist ein gerader scharfkantiger
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