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Graue Schatten

Graue Schatten

Titel: Graue Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Nimtsch
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stellen würde, wie diese andere Person an den Giftschrank gekommen ist? Und hat der- oder diejenige sich nachts ins Heim geschlichen? Wenn ja, warum dieses Wagnis? Klingt alles sehr unwahrscheinlich.“
    „Sie haben ja recht. Er muss es gewesen sein. Alles andere ergibt keinen Sinn“, gab Strobe klein bei. „Momentan“, murmelte er noch hinterher.
    „Also gut, Sie wissen, was Sie zu tun haben. Sie nehmen sich Linde vor. Wenn er nachher gesteht, hätten wir das halbe Wochenende gerettet. Der Besuch bei dieser hysterischen Tochter der Verunglückten hätte dann auch noch bis Montag Zeit. Der Termin beim Haftrichter ist übrigens heute elf Uhr.“
    „Wenn es nichts mehr gibt ...“ Uschi erhob sich. „Die Schuhe rufen.“
    Auch Bachmüller stand auf. „Ich danke Ihnen. Informieren Sie mich bitte gleich, wenn Sie die Ergebnisse haben?“
    „Wird gemacht.“
    Sie verabschiedeten sich. Die Kriminaltechnikerin ging.
    „Herr Dr. Schmidtke, Sie bekommen möglicherweise Anfang nächster Woche zwei Neuzugänge. Je nachdem, wie sich die Dinge entwickeln, könnte Staatsanwalt Jung die Exhumierung von zwei weiteren Verstorbenen des Sonnenweiß-Stifts anordnen.“
    „Na ja, gönnen wir den Toten wenigstens noch ein ruhiges Wochenende“, grinste Dr. Schmidtke und verabschiedete sich ebenfalls.
    Der Chef gönnte und wünschte ihm das Gleiche, und der Rechtsmediziner verließ zusammen mit den beiden Kommissaren Bachmüllers Büro. Auf dem Flur trennten sich ihre Wege: Dr. Schmidtke ging in sein Wochenende, Strobe und Schell gingen in ihr Dienstzimmer.
    „Zuerst Bettina Richter anrufen“, erinnerte Strobe sich laut selbst daran, was als Nächstes anstand. Während Schell es sich gleich wieder hinter seinem PC gemütlich machte, wählte Strobe ihre Handynummer. Die Mailbox schaltete sich ein. Er nannte seinen Namen und sprach ihr seine eigene Handynummer sowie die Nachricht auf, dass sie sich so schnell wie möglich bei der Kripo Heilbronn melden sollte.
    „Zu dumm, dass gerade Wochenende ist und wir nicht mal wissen, wo die Dame jetzt wohnt“, sagte er zu Schell, nachdem er aufgelegt hatte.
    „Und dass nicht mal ihre Kollegen ihre neue Adresse haben ...“, fügte der hinzu.
    „Na ja, arbeiten und nicht verzweifeln. Auf geht's Bub, schalt deine Flimmerkiste aus. Nehmen wir uns noch mal den Linde vor.“

    Kevin hatte das Gefühl, in der vergangenen Nacht nicht eine Minute geschlafen zu haben. Doch er musste geschlafen haben, denn er hatte ja wieder geträumt. Wieder war es ein Albtraum gewesen, der sich auch dieses Mal im nächtlichen Sonnenweiß-Stift abgespielt hatte, völlig wirr, aber diesmal ohne die Sausele.
    Er hatte daraufhin wieder angestrengt nachgedacht. Natürlich nicht, weil ihn die Bullen dazu aufgefordert hatten. Nein, er hatte einen Fehler gemacht, und der wollte verarbeitet werden. Vor allem fragte Kevin sich, wie es dazu kommen konnte. Aber das war nicht alles. Ihm war bewusst geworden, dass er in jener verhängnisvollen Nacht, eben in dem Zeitraum, in dem die Sausele starb, irgendwas übersehen hatte.
    Das wollten ihm sicher auch diese Albträume sagen. Die mussten ja irgendeinen Hintergrund haben. Er hatte vorher nie Albträume gehabt! Immer wieder führten sie ihn auf den düsteren nächtlichen Gang des ersten Stocks im Schattengrau .
    Kevin ging nun noch einmal in Gedanken vom Ruheraum in das Zimmer der Schmidt und den Weg zurück. Dabei versuchte er sich jedes Detail jener fünf Minuten ins Gedächtnis zurückzurufen. Sogar die Geräusche, die er möglicherweise gehört hatte. Aber außer seinen eigenen Schritten, die in der Stille der Nacht doppelt so laut auf dem Kunststoffboden quietschten, hatte er absolut nichts wahrgenommen. Im Gegenteil. In jener Nacht hatte um diese Zeit eine außerordentliche Ruhe geherrscht. Kein Laut, nicht einmal ein Wimmern aus einem Zimmer. Er konnte sich einfach nicht erinnern, was da gewesen war. Sein Unterbewusstsein wollte es nicht hergeben.
    Er marterte sich mit Fragen: Hatte das, was er übersehen hatte, etwas mit dem Tod der Sausele zu tun? Hatte es etwas mit der Diazepamampulle zu tun? Damit, dass er sich diesmal verschätzt hatte? Damit, dass die Frau wegen einer Atemdepression, hervorgerufen durch die Kombination des Beruhigungsmittels mit dem Opiat, quasi erstickt war?
    Kevin betete, dass es ihm einfiel. Einerseits fühlte er sich schuldig, andererseits hilflos und ungerecht behandelt. Denn in jener Nacht war etwas passiert, das so schlimm sein musste,

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