Grauen im Grand Hotel
Boden gerammt wurden, um die Schnüre zu halten, die mit den Zelten verbunden waren.
»Fangan!«
Argus nahm seine Kettensäge zu Hilfe. Mit dem Griff klopfte er die Heringe tief in den Boden. Sie standen sich gegenüber. Die Distanz betrug mehr als zwei Yard.
Über Golenkows Rücken rieselte es kalt. Er ahnte schon etwas und wußte dann Bescheid, als Argus die Handschellen aufklinkte und die Ringe durch die Ösen der Stangen schob.
»Leg dich hin!« befahl Rocco. Er unterstrich seinen Befehl mit einer Bewegung seiner Waffe.
»Und dann?«
»Runter mit dir!«
Dem Russen blieb nichts anderes übrig, aber er war zu langsam, und Rocco trat ihm hart gegen die Schultern. Golenkow fiel auf den Rücken. Er fluchte, die anderen lachten, dann war Argus da, umklammerte sein rechtes Handgelenk und riß ihm den Arm so heftig zur Seite, daß er in der Schulter schmerzte.
Wenig später schloß sich der zweite Kreis um Golenkows Handgelenk. Es dauerte nur Sekunden, bis auch der linke Arm an den Pflock und die Schelle gefesselt war. »Na — ist das was?«
Dr. Satorius war vorgetreten und schaute auf den Russen nieder. »Habe ich dir zuviel versprochen?«
»Was denn?«
»Das wirst du sehen, Russe. Du hättest mir nicht mehr vor die Augen kommen dürfen. Es ist gut für mich und für Farrax, so wird er sich dir offenbaren.« Satorius bückte sich. »Ja, du bist der erste, der alles mitbekommt. Eigentlich könntest du stolz darauf sein, denn das wird nicht jedem zuteil.«
Wladimir ließ ihn reden. Er schaute zu, wie der Psychologe den Schädel behutsam absetzte, sich dann räusperte und wieder hochdrückte. Er hatte den Kopf vor die Beine des Mannes gestellt, aber so weit davon entfernt, daß ihn Wladimir mit Tritten nicht erreichen konnte.
»Das ist ideal«, flüsterte er.
Auch die beiden Helfer schauten. Sie rahmten ihren Chef ein, sie blickten einmal auf den Schädel und in dessen Augen, dann auch auf den liegenden KGB-Mann.
»So ist es korrekt!« flüsterte Satorius. »Wir werden uns zurückziehen und dich mit Farrax allein lassen. Als erster Fremder wirst du seine Macht erleben. Das ist es dann wohl gewesen.« Er lächelte noch einmal spöttisch, drehte sich um und ging.
Seine beiden Helfer folgten ihm. Wie Schatten blieben sie dicht an seiner Seite. Wladimir Golenkow schaute ihnen nach. Die drei Männer sahen aus, als würden sie über den Rasen hinweghuschen. Ihre Füße verschwanden im dünnen Dunst.
Dann schluckte sie der dichte Wald.
Golenkow blieb allein zurück.
Und erfragte sich, wann der Tod ihm auf die Schulter klopfen würde…
***
Waren Minuten vergangen oder erst Sekunden?
Wladimir wußte es nicht. Er hatte seinen Blick nach vorn gerichtet, die glühenden Augen erschienen ihm wie gefährliche, rote Sonnen. Ihr Blick war feurig, aber dennoch eiskalt und tödlich. Er drang tief hinein in seine Seele, als wollte er sie spalten.
Und über den Rasen waberte der Nebel.
Er hatte für eine unwirkliche Stimmung gesorgt. Stieg auch nicht höher, sondern blieb in einer gewissen Distanz. Er bewegte sich, er wallte, er bildete ein welliges, schweigendes Meer, und er schien sich an den Rändern des Waldes wie ein Spinnennetz auszubreiten. In der Stille hörte Wladimir nur seinen eigenen Atem. Natürlich hatte er versucht, sich zu befreien, das war ihm nicht gelungen. Die Stäbe steckten schräg und zu tief in der Erde. Er konnte es nicht mehr schaffen, sie aus der Tiefe zu zerren. Zudem schnitten dann die Ringe der Handschellen tief und schmerzhaft in seine Haut.
Es war vorbei.
Der verfluchte Satorius hatte gewonnen. Ein Mann, den viele unterschätzt hatten, der im Verborgenen hatte blühen können und dem es gelungen war, die Kräfte zu erwecken, die dem KGB-Offizier den Tod bringen sollten. Noch geschah nichts, es blieb alles so verdächtig still. Der Nebel gab keinen Laut ab, er würde auch Geräusche schlucken, und es waren eigentlich nur die beiden Augen, deren rote Blicke direkt auf die liegende Gestalt gerichet waren.
Die bewegte sich plötzlich!
Zuerst glaubte Wladimir an eine Täuschung. In seinem Zustand konnte man sich schon irren. Diesmal nicht.
Sie zuckten, sie kreisten, sie schienen von innen her noch stärker zu strahlen, und er wurde den Eindruck nicht los, daß nun sein langsames Sterben begann.
Vor ihm nahm der Nebel eine rote Farbe an. Er sah aus, als hätte jemand aus einer Gießkanne Blut in ihn hineingeschüttet. Die Strahlung spürte er.
Sie war anders, sie war so bestimmend.
Weitere Kostenlose Bücher